Wer den Namen Martha Cooper schon einmal gehört hat, der weiß, diese Frau ist eine Legende. Nicht nur in New York, ihrer Wahlheimat, sondern in der gesamten Street-Art-Welt. Das Urban Nation Museum in Berlin hat eine Retrospektive der Fotografin zusammengestellt, die Arbeiten der 76-jährigen Ethnologin aus sechs Jahrzehnten zeigt. Ursprünglich hätte die Ausstellungseröffnung im Juni 2020 stattfinden sollen, in Anwesenheit der Künstlerin. Doch aufgrund der Corona-Pandemie und weil Cooper durch ihre Asthma-Erkrankung zur Risikogruppe gehört, kam alles anders. Nun ist "Martha Cooper: Taking Pictures" seit dem 2. Oktober 2020 in der Bülowstraße 7 zu sehen.

Als Graffiti noch Verschandelungen waren
Die Strafen für Sprayer waren immens, als die Graffiti-Kunst ihren Anfang nahm – das illegale "Verschandeln" von Zügen und Hauswänden war schwer geächtet und ist es zum Teil bis heute. Dass Martha Cooper Street-Art-Künstler unverhüllt bei der Arbeit ablichten darf, ist eine große Ausnahme. Sie hat das Vertrauen der Sprayer und begleitet ihre Arbeiten bereits in der Entstehung. Zahlreiche ihrer Aufnahmen sind als Bücher veröffentlicht worden.
Die Reihe "Street Play" etwa zeigt Schwarzweißfotografien von Kindern, die in den 1970er Jahren auf den Bürgersteigen spielten. 1977 hat Cooper begonnen, als Fotografin für die "New York Post" zu arbeiten und auf ihrem Weg in die oder von der Redaktion festgehalten, was sich am Straßenrand abspielte. Cooper hat ebenso das Entstehen von Subkulturen aufgespürt, als Breakdance, HipHop und die sogenannte Subway-Art ihren Anfang nahmen – "Modeerscheinungen", die damals noch nicht der Gattung Kunst zugeordnet wurden.
Von der Hauswand ins Museum
Steven P. Harrington, Autor und Experte für Street Art, und Jaime Rojo, vielfach ausgezeichneter Fotograf und Kurator diverser Ausstellungen, haben dem Berliner Urban Nation Museum ihre Expertise für diese Retrospektive zur Verfügung gestellt. "Martha Cooper: Taking Pictures" zeigt die Arbeiten der Fotografin fast ein Jahr lang, die Ausstellung in der Bülowstraße 7 kann bis zum 1. August 2021 besichtigt werden.
Eine Tür weiter entsteht unter der Obhut von Museumsdirektor Jan Sauerwald derzeit die Martha Cooper Library, eine Präsenzbibliothek für Forschungsarbeiten zu Graffiti und Street Art. Im fünften Stockwerk wächst auf der Basis von großzügigen Schenkungen und Dauerleihgaben aus der riesigen Sammlung von Martha Cooper ein Arbeitsplatz, der die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesem Segment der Popkultur ermöglicht. Martha Cooper ist eine der ersten Dokumentar*innen von Graffiti und Street Art.
2021 kommt "Martha: A Picture Story", ein Kinofilm über die Arbeiten von Martha Cooper, ins Kino.