Na, erwische ich Sie womöglich gerade dabei, wie Sie sich mit einer der existenziellen Fragen – Waffel oder Becher – beschäftigen, während der Verzehr von Speiseeis allein schon eine geradezu unglaubliche Ignoranz gegenüber der Weltlage darstellt?
Wann kommt endlich die Eisdielenscham? Ist es noch schicklich, die besorgniserregenden Temperaturen in diesem Sommer mit einem ungerührten Lecken an einer Kugel Schlumpfeis zu quittieren?
In Sizilien brennen die Wälder, aber Doreen Schneckenschiss stolziert mit ihrem Hörnchen durch die Herner Fußgängerzone wie die Lady Liberty der Klimaignoranz!
Eigentlich nur noch eine Frage der Zeit, bis einem die teure Speise direkt aus der Waffel geschlagen wird.
Vermutlich war dies der letzte Sommer, in dem wir die "Rekordhitze" in den Medien mit Bildern von picknickenden Menschen im Park und Arschbomben in Badeseen illustriert sehen. Was auch damit zu tun haben dürfte, dass der Sprung in den See zuletzt häufig mit einer harten Landung auf staubigem Boden endete. Die heimischen Gewässer schafften etwas, was Münsteraner Kegelbrüdern auf Mallorca sehr geholfen hätte: Sie blieben erstaunlich lange trocken.
Plötzlich sind Pegelstände so negativ wie sonst nur die Zinsen, und wenn man erst einmal aufgehört hat, ob Schlagzeilen wie "Trockenheit im Po" pubertär zu giggeln, wird einem schnell bewusst: So langsam wird es ernst.
Selfies vom Beach Body inmitten toter Fische – das traut sich keiner
Auch wenn einige Jugendliche nicht ohne Stolz von der Rheinbrücke runter auf Hunderte von E-Scootern blicken, die sie im Laufe der Jahre hier reingeschmissen haben – das alles ist nicht gut.
Doch sehen wir es positiv: Da, wo kein Wasser fließt, werden wir auch nicht belästigt von Tausenden von Fotos in sozialen Netzwerken, die nackte Füße am Ufer mit einer Pulle Beck's zwischen den Quanten dokumentieren. Und Selfies vom Beach Body inmitten Zehntausender toter Fische in der Oder, das traut sich auch keiner.
Und wir, die wir die sommerliche Hitze offensiv genießen: Rösten wir da gerade lachend Marshmallows über dem Lager-, das in Wirklichkeit bereits das Höllenfeuer ist? Andererseits: Was würde es helfen, den aktuellen Zustand nicht zu genießen, wo es ab hier erwiesenermaßen langfristig unerträglich heiß und kurzfristig sehr bald schon wieder fies kalt werden wird?
Was denken Sie? Wird dies der letzte Sommer gewesen sein, in dem wir noch einigermaßen frei von Schuldgefühlen unseren Mykonos-Flug gebucht haben? Oh, ja, Sie hatten schon nicht mehr diese ungetrübte Vorfreude wie früher, weil, na ja, wegen Klimawandel und so – und doch setzte sich am Ende nicht das Über-Ich durch, weil: "Sicher, Mutter Erde geht es nicht gut. Aber jetzt muss ich auch mal was für mich tun!" Außerdem baut der Chinese 30 neue Kohlekraftwerke, soll der doch erst mal anfangen.
Duisburg als Saint-Tropez des Nordens
Wann werden wir den Sommerurlaub im Ausland streichen? Wenn in der Toskana eh nur noch Löschflugzeuge landen dürfen? Oder weil es in Travemünde zwischen Mai und September einfach gar nicht mehr regnet? Warum dann noch wegfliegen!
Spätestens 2035 hat es in Oberhausen beständig 45 Grad im Schatten. Mit der Riesenmall und der Skihalle gleich um die Ecke wird es wie Dubai sein. Wenn die Geissens dann ihre Sommerresidenz dorthin verlegen, wird NRW der neue Tourismus-Hotspot. Mit Duisburg als Saint-Tropez des Nordens!
Machen wir das Beste draus.