Nein, es war kein guter Dezember für den internationalen Adel. Für den deutschen Adel war es sogar ein ausgesprochen mieser.
In der Adventszeit soll man zwar die Kerzen anzünden, doch irgendwo zwischen von und zu schienen einige mächtig die Lampen anzuhaben. Möglicherweise sind sogar die Sicherungen durchgeschmort.
Da ist zum einen Gloria von Thurn und Taxis, die ihr Aufmerksamkeitsdefizit kurzzeitig dadurch stillte, zu Gast zu sein im Internetkanal der Populismus-Posaune Julian Reichelt. Eines Mannes, der nicht nur Kurt Krömer in die Frührente getrieben hat, sondern es sich als Lebensleistung anheften darf, dass neue "Bild"-Chefredakteure zunächst einmal zum Drogentest müssen.
Ebendort ließ die Fürstin der Finsternis erneut ein Weltbild erkennen, das selbst katarischen Energieministern etwas zu rückwärtsgewandt wäre. Gerade eingedenk der aktuellen Entwicklungen muss man es als besondere Ungerechtigkeit werten, dass für diese Premiumadlige kein Platz vorgesehen war im Schattenkabinett der jüngst einkassierten Reichsbürger.
Das war ein schwerer Schlag für den Cordhosenstandort Deutschland, was da Mitte letzter Woche geschehen ist. Unser verhinderter Regierungschef namens Heinrich XIII. Prinz Reuß wurde als Filetstück der Großrazzia abgeführt. "De Prinz kütt!", riefen die Polizisten und begleiteten einen alten, vergrämten Mann, gekleidet wie so ziemlich jeder Zweite in hanseatischen Golfklubs. Das Ungeheuer von Loch Neun. Manch eine Regentschaft endet im Bunker, diese wurde dort ersonnen.
Ich mein, so gruselig diese faschistoide Parallelgesellschaft auch ist – dass in ihrer Unterweltordnung so etwas wie eine konstitutionelle Monarchie vorgesehen war, hat doch auch was Rührendes, oder nicht? Eigenes Justizministerium, Gesundheitsministerium, dazu ein militärischer Arm.
Harry und Meghan, die Crowndashians von Netflix
Dass beim Reichsbürgerkassieren auch Schwerter oder Armbrüste sichergestellt wurden, lässt auf eine verpasste Chance schließen: So eine schöne Kabinettsumbildung mittels Degenfechten, na, das hätte doch was! "Es tut uns leid, aber der beliebte Gesundheitsminister ist uns heute im Morgengrauen leider beim Duell verlustig gegangen."
Bei der teutonischen Verehrung für Blaublüter muss man zwangsläufig auf den Gedanken kommen, dass die ampelmüde Bevölkerung den Bundestag lieber durch ein Königshaus ersetzen würde. Zuletzt zu beobachten, als eine ganze Nation sich zum Rudelkondolieren vor dem Fernseher versammelt hatte, um zwischen Diana-Tassen und Kate-und-William-Tellern der Queen Lebewohl zu sagen. Wären Fanmeilen nicht ein wenig pietätlos, es hätte sie wohl gegeben.
Man muss allerdings nicht Königshausierer sein, um Interesse an der jüngst erschienenen Harry-&-Meghan-Doku zu entwickeln. Da reicht eine Begeisterung für Prominente, die das Privatleben als unerschöpflichen Steinbruch begreifen. Hätte Omma vermutlich nicht gefallen, ihren Enkel als zentralen Bestandteil der Edel-Geissen von Windsor zu sehen. Oder: der Crowndashians.
Bevor Sie jetzt vorschnell das vergleichsweise diskrete Treiben von Prinz Heinrich XIII. und Co. loben – zu gegebener Zeit wären die auch noch an die Öffentlichkeit getreten. Da ist mir eine peinliche Netflix-Doku doch lieber als eine beängstigende Regierungserklärung.
So bleibt festzuhalten: wenn schon vertrauenswürdiger Adel in Deutschland, dann doch bitte Dschungelkönig. Der wird sogar demokratisch gewählt. Hach, das ist meine BRD.