Die besten Alben Guns N' Roses: "Appetite for Destruction"

1987 veröffentliche eine Hardrock-Band aus L.A. ihr Debüt-Album. Guns N' Roses wurden damit über Nacht zu Superstars und die Rockgeschichte um einen Meilenstein reicher.

Mitte der 80er beherrschten die Kinder des 70er Glamrock die Rockszene in Los Angeles. Bands wie Poison oder Mötley Crüe traten Haarspray-verklebt und in knallengen, pinkfarbenen Steghosen auf. Die Haare waren blond toupiert oder nur toupiert. Sie sahen aus wie Drag Queens, die es versäumt hatten, sich die Brusthaare zu zupfen. Ihre Musik war ein überaus simpler und bluesig gespielter Hardrock, der dreckig klingen sollte, aber dann doch so harmlos daher kam, dass das Wort Rock-Schlager vielleicht besser passt.

In dieser Zeit begegneten sich zwei alte Schulfreunde in der Stadt der Engel wieder, die aus der Provinz im mittleren Westen der USA nach Kalifornien gekommen waren, um Musik zu machen. William Bruce Rose und Jeff Isbell alias Axl Rose und Izzy Stradlin aus Lafayette in Indiana. Die beiden gründeten zunächst eine Band mit dem Namen Rose. Später stießen dann noch Slash, Duff McKagan und Steven Adler hinzu. 1985 waren Guns N' Roses geboren. Das neugeborene Rock-Baby war ein strammer, energetischer Kerl, der sich sofort die Seele aus dem Leib brüllte.

Sie eroberten die Clubs in der Rock-Welthauptstadt

Schnell eroberte die Band um den rotblonden, charismatischen Sänger Axl Rose die Clubs in der Rock-Welthauptstadt. Sie waren die angesagteste Band und wurden sehr bald von Geffen Records, die das große Talent von Guns N' Roses erkannten, im Jahr 1986 unter Vertrag genommen.

Noch vor dem geplanten Debüt von "Appetite for Destruction" machte die Plattenfirma Druck. Es hatte sich bereits herumgesprochen, dass da "the next big thing" aus den schmierigen Rockschuppen am Sunset Boulevard hervorgekrochen kam. Die Fans sollten ihr Futter bekommen. Also brachten Guns N' Roses als Aperitif im Dezember die EP "Live?!*@ Like a Suicide" mit vier Songs heraus. Die Platte deutete bereits an, dass sich ein neuer Sound seinen Weg durch das verklebte Glam-Rock-Gestrüpp bahnte, das damals die Szenerie und die Kinderzimmer der weißen Vorstadtjugend beherrschte. Was aber mit "Appetite for Destruction" kommen sollte, ließ sich nicht erahnen.

Ein weiterer großer Rock-Mythos war geboren

Und dann das: Im Juli 1987 kam das Debüt von Guns N' Roses heraus und ein weiterer großer Rock-Mythos war geboren. Die zwölf Songs von "Appetite for Destruction" katapultierten die Band in den Rock-Olymp. Das Album wurde weltweit millionenfach verkauft, das neue Schlagwort vom Sleeze-Rock machte die Runde. Noch heute sollen täglich 9000 Exemplare über den Ladentisch gehen.

Dabei ist das Album ein Spätzünder. Erst als MTV das Video von der Up-Tempo-Ballade "Sweet Child O' Mine" mit ihrem einmaligen, sehnsuchtsvollen und melodischen Gitarrensolo zeigte, ging der Stern von Guns N' Roses auf. Mit den Singles "Welcome to the Jungle" und "Paradise City" war der Superstarstatus zementiert. Der Hype überrollte die Welt.

Alles, was das Rockerherz begehrt

Guns N' Roses lieferten den Fans alles, was das Rockerherz begehrt, das sich nach wilden Geschichten sehnt. Der Sound von "Appetite" war rauer und rotziger als bei den glattgebügelten Glam-Rock-Epigonen. Die Referenzen gingen eher in Richtung Rolling Stones und nicht zu Sweet oder Slade. Ebenso sah die Band ihre musikalischen Wurzeln im Punkrock. Ihren musikalischen Vorbildern zollten sie Tribut, als sie 1993 das Cover-Album "Spaghetti-Incident" mit Punkrock-Klassikern herausbrachten.

Von Anfang an waren sie skandalumwittert. Das urspüngliche Cover von "Appetite" zeigte ein Bild des Künstlers Robert Williams, auf dem eine Vergewaltigung dargestellt wird. Das Album wurde deshalb von den großen Handelsketten aus den Regalen genommmen. Erst als ein anderes Cover das Album zierte, kehrte es in die Läden zurück. Aber das Wichtigste für eine anständige Rock 'n' Roll Band: sie gaben sich das Image von saufenden und Drogen schluckenden Höllenhunden. Kein Foto aus dieser Zeit, auf dem Slash, der großartige Leadgitarrist mit dem ausufernden Lockenkopf, nicht mit einer halbleeren Jack-Daniels-Whiskey-Flasche und Zigarette im Mundwinkel zu sehen ist.

Das divenhafte Verhalten von Frontmann Axl Rose

Lebe wild und gefährlich: Die Band nahm sich dieses Motto zu Herzen. Hinzu kam das exaltierte und divenhafte Verhalten von Frontmann Axl Rose, der immer mal wieder randalierte, sich drei Monate depressiv in seine Wohnung einschloss oder Konzerte absagte, weil sich die Band vorher geprügelt hatte. Das ist der Stoff, aus dem große Rocker-Legenden gestrickt werden. Wenn die Musik dazu einfach nur großer Rock ist, ist das auch gut so.

Tim Schulze

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