Eurovision Song Contest 2010 in Oslo Lena hätte auch ohne Jury gewonnen

Vier Wochen nach dem Eurovision Song Contest in Oslo sind die Abstimmungsergebnisse von Publikum und Experten bekannt gegeben worden. Und siehe da: Lena war nicht nur der Liebling der Jurys.

Sie galt als Liebling der Jurys: Nach dem Sieg von Lena Meyer-Landrut beim Eurovision Song Contest in Oslo wurde viel darüber geunkt, wo der beachtliche Vorsprung von 76 Punkten zum Zweitplatzierten Türkei herkam. Viele hatten gemutmaßt, dass der moderne Popsong wahrscheinlich mehr Punkte bei den Jurys als beim Televoting-Publikum eingeheimst habe. Vier Wochen nach dem Wettbewerb hat die European Broadcasting Union (EBU) jetzt die Ergebnisse von Jury und Publikum bekannt gegeben. Und siehe da: Beide waren sich im Ergebnis zwar einig, doch Lena hat hauptsächlich wegen des Publikums triumphiert.

Wäre es nur nach dem Willen der Jurys gegangen, hätte Lena zwar auch gewonnen, aber nur hauchdünn. In der Gunst der Experten lag sie mit 187 Punkten lediglich zwei Zähler vor Tom Dice aus Belgien. Der scheint einen echten Schlag bei den Jurys gehabt zu haben, denn das Publikum wählte seine Ballade "Me And My Guitar" nur auf Rang 14. Das gute Jury-Ergebnis sicherte ihm in der Gesamtwertung den sechsten Platz. Ganz anders bei Lena: Ihr großer Vorsprung erklärt sich allein durch das hervorragende Abschneiden beim Publikum. Das wählte sie mit 66 Punkten Vorsprung vor der Türkei auf Platz eins. Da aber die Türkei wiederum bei den Jurys nur auf Rang acht landete, konnte sie ihren Vorsprung auf insgesamt 76 Punkte ausbauen.

Einigkeit auch beim letzten Platz

Die größten Differenzen zwischen Publikum und Jury gab es beim israelischen Teilnehmer Harel Skaat. Dessen getragene Ballade "Milim" sahen die Experten auf Rang fünf, das Publikum lediglich auf dem 19. Platz. Wenig Gefallen bei den Jurys fand hingegen der französische Fußballsong "Allez, Ola, Olé" (Rang 22), der wiederum beim Publikum gut ankam (Platz 8). Einig war man sich dann wieder beim Letztplatzierten: Josh Dubovie aus Großbritannien wurde sowohl von den Televotern als auch von den Experten auf den letzten Platz gewählt.

Jurys und Publikum aus 39 Ländern wählten den Gesamtsieger des Eurovision Song Contest. Beide Ergebnisse bildeten gleichberechtigt mit einer Gewichtung von je 50 Prozent das Gesamtergebnis. Das komplizierte Verfahren kam in Oslo nach 2009 in Moskau bereits zum zweiten Mal zum Einsatz und war vor allem deshalb eingeführt worden, weil somit Sympathiewertungen für benachbarte Länder verhindert werden sollten. Vor allem ehemalige Ostblockstaaten und der Balkan standen im Verdacht, sich gegenseitig Punkte zuzuschustern. Kritiker sprachen von der sogenannten "Ostblock-" oder "Balkanmafia".

Fans streiten über Sinn der Jury-Wertungen

Da die Ergebnisse aus den einzelnen Ländern noch nicht veröffentlicht wurden ist bislang unklar, ob es bei der Entscheidung des Publikums auch in diesem Jahr viele Sympathiewertungen gab. Trotzdem wird in vielen Fanforen bereits über Sinn und Unsinn der Splittung der Ergebnisse diskutiert. "Wenn sich Jury und Publikum im Endergebnis einig sind, wozu braucht man dann dieses komplizierte Verfahren, bei dem der Zuschauer ein Stück entmündigt wird?", kritisiert ein User auf "www.eurovision.tv". Ein anderer wiederum hält die 50-50-Regelung für den richtigen Weg: "Es geht nicht um einen Krieg der Nationen, sondern um die Musik. Die Jurys haben die Qualität des Ergebnisses deutlich verbessert", behauptet er.

In Deutschland jedenfalls dürfte der Ruf nach mehr Jury-Gewichtung nach diesem Ergebnis deutlich leiser werden. "Für uns ruft ja eh keiner an, weil Deutschland niemand leiden mag", war in den vergangenen Jahren die Ausrede nach den verheerenden Platzierungen der Gracias und No Angels. Jetzt weiß auch Deutschland: Die Songs und Interpreten waren einfach schlecht und hatten kein besseres Ergebnis verdient.

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