Boykottaufrufe im Internet. Die Mutmaßung, Madame Sarkozy habe den Nationalfeiertag am 14. Juli im Blick gehabt, als sie den Termin wählte, an dem ihr Album herauskommen sollte. Der Verdacht, sie nutze ihren Status für die PR für ihr Album – oder sollte es doch ihr Mann, der Präsident sein, der von der Popularität der Sängerin profitiert? Die Versuche, Carla Bruni was anzuhängen, wirken verkrampft. Die Vorwürfe prallen ab an ihr. Sie zeigt sich als souveräne Künstlerin.
Jetzt, wo jeder ihr neuestes Werk im Internet downloaden und zwei Stunden lang hören kann, haben alle ihre Kommentare abgegeben, und weit und breit ist kein Verriss von "comme si de rien etait" (als wäre nichts gewesen) zu finden. Musik in der besten Tradition des französischen Chansons, besser noch als die erste CD, ist der Grundtenor der Kritiken. Vor allem bei den linken Zeitschriften wurde viel debattiert, ob man die Präsidentengattin und ihre Musik nicht ignorieren müsse. Aber jede hat sie besprochen.
"Man wirft mir vor, meinen Mann zu lieben"
Die linke Kulturzeitschrift "Les Inrockuptibles", früher voll des Lobes für die Sängerin, widmet ihr zwar zum ersten Mal kein Cover fürs neue Album. Leider, leider ist sie jetzt mit einem rechten Präsidenten verheiratet. Aber die Besprechung ist kurz und fast bewundernd. Dass der Staatssender "France Inter" sie interviewt hat, wollten böse Zungen gleich als Amtsmissbrauch deuten, aber Pech: Das hat der Sender schon bei den letzten beiden Alben getan.
"Man wirft mir vor, meinen Mann zu lieben", seufzt denn Carla Bruni in einem Gespräch mit der französischen Zeitschrift "L'Express". Schande dem, der Böses denkt. Heute Abend ist sie in den Hauptnachrichten des Fernsehsenders TF1, um über ihr Opus zu sprechen. Höchste Einschaltquoten garantiert. Für diesen Auftritt brauchte es sicher keine Hilfe vom Elysée. Allenthalben rufen im Internet wütende Leser dazu auf, diese Musik "einer aufgeblasenen Egomanin" zu boykottieren - aber nun ja, sie hat schon zwei Millionen Exemplare verkauft und Preise eingeheimst, als sie noch nicht Präsidentengattin war.
Zwischen allen Stühlen
Mit diesem Background sitzt sie fröhlich zwischen allen Stühlen - der Linken, die ihr böse ist und der Konservativen, denen sie zu wild ist - und wird hofiert. Nie hat Carla Bruni-Sarkozy so die Covers und Titelseiten von Zeitschriften und Zeitungen beherrscht wie in den vergangenen Wochen. Die Nation macht sich sogar Gedanken über ein irgendwie erahntes Bäuchlein - die die Sängerin mit der ihr eigenen Nonchalance wegwischt: "Ich trinke bloß zuviel Bier", sagt sie mit entwaffnender Offenheit. Und dass sie gerne schwanger würde, das aber in ihrem Alter nicht so einfach sei.
Es ist wieder einmal schwierig zu erkennen, ob Kalkül in Brunis Auftreten ist oder nicht. Sie gibt sich wie immer natürlich und ein wenig naiv. 55 Prozent der Franzosen denken aber, dass Sarkozy seine Ehefrau für sein eigenes Image benutzt. Sie hat in der Tat ihren Platz in der Arbeit ihres Mannes: Jede Woche setzt sie sich mit Beratern zusammen und es wird entschieden, wo sie an der Seite ihres Mannes auftaucht, und welche Garderobe dabei zum Einsatz kommt.
Ob das gleich ein "System Carla" ergibt, wie die Zeitschrift "l'Express" mutmaßt, ist die andere Frage. Die Dame hält durchaus Abstand zur Politik und will nicht wirklich mitmischen: "Die Herren in Grau", nennt sie die Minister und Mitarbeiter ihres Mannes, die für ihren Geschmack zu wenig eigenen Kopf und Kreativität haben. Die Meisten, wie sie findet. Andererseits schläft sie in Nächten, bevor Interviews mit ihr erscheinen, schlecht.
"Überall hinter meinen Äußerungen meinen Mann zu sehen, ist Macho-Denken", wehrt sich die First Lady gegen die Unterstellung, sie lasse sich instrumentalisieren. Andererseits hat sie alle Welt wissen lassen, dass das Lied, das als Single herauskommen wird, gerade im Entstehen war, als sie ihr erstes Date mit Nicolas Sarkozy hatte. Und dass er den Text gelesen und ein bisschen mitgemischt hat. Der Titel des Songs: "L'Amoureuse" - die Verliebte. Ja, sie gönnt ihm den Glanz ihrer Liebe.