Die feministische Polit-Punkband Pussy Riot will mit einem neuen Lied über häusliche Gewalt auf eines der gesellschaftlich heikelsten Themen in Russland aufmerksam machen. In dem Lied "Nosch" (zu Deutsch: Messer) beschreibt die Band den Leidensweg einer Frau, die sich gegen ihren Peiniger wehren will. Darin spiegelten sich eigene Erfahrungen mit einer "toxischen Beziehung" wider, sagte die bekannte Sängerin Nadeschda Tolokonnikowa der Zeitung "Kommersant". Nach dem am Mittwoch veröffentlichten Lied soll auch ein Album erscheinen.
In Russland wird nur selten über häusliche Gewalt in der Öffentlichkeit gesprochen. International für Entsetzen sorgte 2017 ein neues russisches Gesetz, das Schläge in der Partnerschaft entkriminalisierte. Die ersten Prügelattacken, die schon tödlich enden können, werden demnach nur als Ordnungswidrigkeit behandelt und lediglich mit Geldstrafen geahndet. Erst Wiederholungstäter müssen sich strafrechtlich verantworten.
Pussy-Riot-Frontfrau war Opfer von häuslicher Gewalt
Pro Jahr sterben in Russland nach offiziellen Statistiken etwa 12.000 Menschen an den Folgen häuslicher Gewalt. In der Corona-Krise ist es dabei zu einem deutlichen Anstieg gekommen. "Ich habe selbst im vergangenen Jahr eine missbräuchliche Beziehung durchgemacht", sagte die 30 Jahre alte Tolokonnikowa, die Mutter einer Tochter ist. "Wenn so etwas passiert, möchte ich einfach Alarm schlagen und laut schreien: Wiederholt nicht meine Fehler!"
Nadeschda Tolokonnikowa gilt als Frontfrau der Punkband. 2012 wurden sie und zwei Mitstreiterinnen nach einer Protestaktion in der Moskauer Erlöser-Kathedrale, die weltweit große mediale Aufmerksamkeit erregte, zu einer Haftstrafe verurteilt.