"Oh, wir können einen Film machen!" sagt Brian May in der Journalistenrunde spontan auf die Frage, was die verbliebenen Queen-Mitglieder nach dem erfolgreichen Musical "We Will Rock You" denn noch machen könnten. Deswegen habe sich doch Hollywoodstar Robert De Niro so für das Musical engagiert. Man könnte eine Film über Queen drehen, man könnte das Musical verfilmen. Und dann fügt der Queen-Gitarrist in Köln, wo "We Will Rock You" am 12. Dezember Premiere hat, hinzu: "Oder wir können einfach spielen."
"Wir finden Neues in uns"
Was das bedeutet, ließ sich der 57-Jährige scheibchenweise entlocken. Nach den Musical-Premieren in London, Australien, Spanien, Las Vegas und Moskau habe es bei den After-Show-Parties Jam-Sessions gegeben, die Roger Taylor und er einfach genossen hätten. "Das Lustige ist, dass wir Neues in uns finden, weil wir jetzt dazu in der Lage sind, von außen auf uns zu schauen. Wir haben die Gelegenheit, jeden Abend im Theater einer Band zuzusehen, die Queen-Songs spielt - das ist eine sehr interessante Lernerfahrung. Ich sage also: Es könnte sein, dass wir in der näheren Zukunft wieder live spielen."
Queen, das ist seit dem Tod von Frontmann Freddie Mercury 1991 und der "Pensionierung" von Bassist John Deacon ein Quartett ohne zwei. "John ist in Rente", erklärt der 55-jährige Taylor. "Er hat ein paar Musical-Vorstellungen besucht, er stimmt allem zu. Für ihn ist es eigentlich Geld für Nichts. Er will nichts mehr machen." Deacon ist 53 Jahre alt.
Die Erwägung, mit Robbie Williams als Queen eine US-Tournee zu machen, ist laut Taylor aber vom Tisch. Für Williams, der in den USA nicht sehr bekannt sei, wäre das eine gute Sache gewesen, sagt Taylor. "Ich bin aber nicht sicher, ob das eine wirklich gute Idee ist. Brian und ich möchten wieder touren, wir denken, wir werden wieder einige Live-Shows unter dem Namen Queen machen. Wir werden einige Freunde dabei haben."
Ein neues Queen-Album steht zur Debatte
Ein paar Queen-Konzerte scheinen also mehr als wahrscheinlich; ein Queen-Album schließt May nicht kategorisch aus. Das "46664"-Konzert für Nelson Mandelas Aids-Hilfe habe die Band wieder aktiviert; sie spielte da einige bisher unveröffentlichte Songs. "Wir haben ein paar Tracks gemacht, andere sind noch fertigzustellen. Vielleicht bringen wir das also zu Ende." Das Jahr sei ziemlich verrückt gewesen, Köln sei die sechste Station des Musicals und im nächsten Jahr sollen noch zwei weitere hinzukommen - und werden viel Zeit von den "global Supervisors" May und Taylor beanspruchen, die sich bei der Auswahl der Künstler und Ausbildung der Band persönlich stark einbringen. "Hoffentlich können wir etwas Zeit für das Studio reservieren." Denn: "Roger und ich - es juckt uns wieder."
Das Musical mit der von Ben Elton geschriebenen fantastisch-ironischen, in der Zukunft spielenden Geschichte hat beiden wieder Lust auf Queen gemacht. Es spielt offenbar eine wichtige Rolle, über den nie verwundenen Verlust von Mercury hinwegzukommen. "Es gibt offenkundig ein paar Probleme in unseren Leben, mit denen wir all die Jahre gerungen haben", sagt May. "Wir haben sie nie gelöst, wir wollen Freddie nicht ersetzen."
"Wir wissen nicht, was passieren wird"
Es sei ein langer, schmerzhafter Prozess seit Mercurys Tod gewesen. "Vielleicht sind wir da immer noch drin, in gewisser Weise. Mein erster Impuls war, wegzurennen und ein Solokünstler zu sein. Ich wollte nicht über Queen reden, ich wollte nicht in Queen sein, es war vorbei. Und dann ging diese Phase vorüber und ich dachte: 'Okay, alle wollen von uns, das wir Queen sind. Wir können dem nicht entgehen. Vielleicht sollten wir also den Queen-Hut wieder aufsetzen.' Das ist mit dem Musical passiert. Der erste Schritt war das Album 'Made in Heaven'. Ich weiß nicht, was als nächstes kommt und ich denke, das ist das Großartige: Wir wissen nicht, was passieren wird."
Die Chancen auf ein neues Queen-Album stehen offenbar besser als je zuvor seit Freddies Tod. Man sei sich der Erwartungen und Wünsche der Fans bewusst, sagt May. "Und wir sind glücklich, dass es da draußen eine Erwartung an uns gibt. Aber wir sind auch menschliche Wesen und unsere Leben sind endlich. Wir denken also darüber nach, was wir wirklich machen wollen, bevor wir sterben. Das ist keine einfache Frage und da spielt auch eine Rolle, wie viel Zeit man mit der Familie verbringen will, wie viel ich vom Frühling oder Herbst in England sehen möchte. Diese Dinge sind mir jetzt wichtig. Und ich weiß nicht, wie viel Zeit uns noch bleibt."