Krieg in der Heimat "Jetzt ist nicht die Zeit, Gitarre zu spielen": Ukrainische Musiker werden zu Kriegsreportern

Okean Elzy, Band aus der Ukraine
Swjatoslaw Wakartschuk (M.), Sänger der bekannten Band Okean Elzy, berichtet aus dem Krieg in der Ukraine
© Picture Alliance
Im Ukraine-Krieg nutzen bekannte ukrainische Musiker ihre Reichweite und werden zu Kriegsreportern. Sie berichten über das Grauen in den Städten, wenden sich an Russen – oder wollen selbst kämpfen.

Swjatoslaw Wakartschuk ist Sänger der bekannten ukrainischen Rockband Okean Elsy, doch der 46-Jährige war schon immer mehr als nur ein Musiker. Wakartschuk ist Doktor der Physik, hat eine Partei gegründet und ist Abgeordneter im ukrainischen Parlament. Seine Texte bestehen oft aus politischen und sozialkritischen Inhalten. 2005 gewann Wakartschuk bei der ukrainischen Version von "Wer wird Millionär?" als erster Teilnehmer überhaupt die Million und spendete den Betrag.

Seit einigen Tagen ist eine weitere Rolle in der abwechslungsreichen Vita von Swjatoslaw Wakartschuk hinzugekommen: Der Rocksänger ist nun auch noch Kriegsreporter. Seit Russland die Ukraine angegriffen hat, postet Wakartschuk auf der Facebook-Seite seiner Band Videos, in denen er das Grauen zeigt. Er besucht Krankenhäuser, berichtet vom Geschehen aus seiner Heimatstadt Kharkiv, zeigt sich in kugelsicherer Weste und richtet Appelle an Russland und die westliche Welt. Wie andere ukrainische Musiker auch nutzt er seine Reichweite, um über den Krieg zu informieren.

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Ukraine-Krieg: Bekannte Musiker wenden sich an Fans in Russland

"Ich bin eine bekannte Person in diesem Teil der Welt und versuche, diese Stellung zu nutzen", erklärte Wakartschuk der BBC. Der Sänger ist ein Superstar in der Ukraine, schon länger handeln ihn manche als nächsten Präsidentschaftskandidaten – auch der aktuelle Präsident Selenskyj schaffte den Sprung vom Komiker zum Staatsoberhaupt. Doch nicht nur Musiker, die sich schon länger politisch und sozial engagieren, treten nun als Kriegsberichterstatter in Erscheinung.

Die Menschen in den von Krieg und Gewalt betroffenen Gebieten in der Ukraine brauchen unsere Hilfe. Die Stiftung stern arbeitet mit Partnerorganisationen vor Ort zusammen, die von uns geprüft wurden. Wir leiten Ihre Spende ohne Abzug weiter. Über diesen Link kommen Sie direkt zu unserem Spendenformular.
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Viele Interpreten, DJs oder Bands verbreiten über ihre Accounts auf Instagram, Facebook oder Youtube nun keine Musik oder Promo mehr, sondern aktuelle Informationen aus dem Kriegsgebiet. Ihre Bekanntheit kommt ihnen nun zugute, um nicht nur Updates aus der Region zu senden, sondern sich auch direkt an bestimmte Gruppen zu wenden – ihre Landsleute, Politiker aus dem Westen, Russen. "Ich spreche vor allem zu den Müttern der russischen Soldaten", sagt Wakartschuk, der auch in Russland eine große Fanbasis hat. "Ich erkläre ihnen, dass sie ihre Kinder in Leichensäcken zurückbekommen, wenn sie sie nicht davon abhalten, in diesen Krieg zu ziehen. Wir müssen an ihre Instinkte appellieren."

Manche greifen auch selbst zu den Waffen

Auch sah der Instagram-Account von Olga Korolova sah jahrelang so aus, wie man sich den Social-Media-Auftritt von DJs vorstellt: Die Ukrainerin postete überwiegend Fotos von Gigs, ihren Reisen und vom Strand. Damit ist es vorbei. Seit Russland die Ukraine angegriffen hat, ist nichts mehr wie vorher – auch nicht für Olga Korolova. Die junge Musikerin aus Kiew hat es geschafft, mit ihrer kleinen Tochter aus dem Land zu flüchten. Am Abend ihrer Flucht spielte sie in Polen einen Gig, den schwierigsten ihres Lebens, wie sie später auf Instagram schrieb. Korolova nutzt ihre Präsenz auf Youtube und Facebook in diesen Tagen, um Spenden zu sammeln und Bilder zu posten, die sie aus den Kriegsgebieten zugeschickt bekommt. Ihr Ehemann befindet sich immer noch in der Ukraine.

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Anderen reicht diese Rolle nicht. Sie wollen der Aufforderung des ukrainischen Präsidenten folgen, selbst zu den Waffen greifen und ihr Heimatland verteidigen. So wie Andriy Khlyvnyuk, Sänger der Rock-Pop-Band Boombox. Jetzt sei "nicht die Zeit, Gitarre zu spielen", meint der 42-Jährige. "Ich bringe meine Kinder an einen sicheren Ort, zu ihrer Oma. Und dann folge ich den Anweisungen der Regierungen. Wenn es notwendig ist, nehme ich auch meine Waffe und kämpfe für mein Land", kündigte er im Gespräch mit "Euronews" an.

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