"Es ist 6.30 Uhr Beatles-Time", meldete der New Yorker Radiosender MCA. "Die Temperatur messen wir an diesem denkwürdigen 7. Februar in Beatles-Graden. Vor 30 Minuten sind die Pilzköpfe in London gestartet." Da standen schon hunderte Fans am Kennedy-Airport und sangen "I Want To Hold Your Hand". Stunden später sollten es rund zehntausend sein. Junge Mädchen kreischten sich die Kehlen heiser, manche vielen in Ohnmacht, als John, Paul, George und Ringo endlich zu sehen waren. 40 Jahre nach der ersten Beatles- Landung in den USA erlebt Amerika eine neue, wenn auch ruhigere Beatlemania-Welle.
Die Bedeutendste Landung der 60er Jahre
Rings um das Jubiläum gibt es Beatles-Partys, Rundfunk und Fernsehen bringen Beatles-Sondersendungen. Das American Film Institute zeigt eine Woche lang den Film "A Hard Days Night", und das Lincoln Center in New York führt alles vor, was an Dokumentarstreifen über die Auftritte der "Fab Four", der "Fantastischen Vier", in den USA aufzutreiben war. "Die Landung der Beatles", schrieb das Magazin "Entertainment Weekly", "war die bedeutendste der 60er Jahre, wenn man die Mondlandung mal ausnimmt."
Das Verpsrechen eines neuen Morgens
"Elvis ist tot. Lang leben die Beatles", war auf einem Plakat zu lesen, das Irene Feldman vor 40 Jahren in klirrender Kälte vor dem Plaza Hotel, der New Yorker Beatles-Herberge, hochhielt. Heute gehört die Mittfünfzigerin zum Komitee "Fab 40", das zahlreiche der Jubiläumsveranstaltungen organisiert. "Die Ausstrahlung, die Macht und der Charme der Beatles-Musik werden niemals verblassen", sagt der Historiker Martin Lewis, Gründungsmitglied von "Fab 40" und Produzent einer DVD-Neuauflage von "A Hard Days Night". "Die Beatles waren der Sonnenstrahl, der nach dem Kennedy-Mord einen neuen Morgen ankündigte."
Der Wunsch nach Aufbruch
Lewis ist längst nicht der einzige, der die seinerzeit an Hysterie grenzende Begeisterung für die Liverpooler Band in den USA mit der gedrückten Stimmung in Verbindung bringt, die noch viele Wochen nach dem Mord an John F. Kennedy am 22. November 1963 in den USA spürbar war. "Doch im Januar 1964 war schließlich in Amerika der Wunsch nach einem neuen Aufbruch, nach Fröhlichem, nach etwas, das die Nation vom Trübsinn befreien konnte, riesengroß geworden", schrieb der Soziologe Ian Inglis.
Diese Sehnsucht konnten amerikanische Stars seinerzeit offenbar nicht richtig erfüllen. Elvis Presley, der "King of Rock'n'Roll", war zwar immer noch populär, aber er klang wie schon seit Jahren. Neue Sounds waren dagegen in der Alten Welt zu hören, wo auf der Briteninsel frische Bands amerikanische Einflüsse wie Blues, Soul und Rock and Roll mit eigenen Songideen kreuzten.
Platz 1-5 in den US-Charts
Bis in die US-Charts waren sie damit jedoch nur vereinzelt vorgedrungen. Das änderte sich, als immer mehr US-Radiostationen Songs der Beatles auflegten. "I Want To Hold Your Hand" erreichte Mitte Januar 1964 als erster Hit der "Fab Four" die Spitze der amerikanischen Single-Charts. "Wir waren bereit für eine (musikalische) Rebellion der Teenager", sagt "Fab 40"-Mitglied Joyce Brothers. Ende März standen Beatles-Titel auf Platz 1 bis 5 der US- Charts.
Rekordquote in der Ed Sullivan Show
Als die Pilzköpfe 48 Stunden nach ihrer Landung in der Ed Sullivan Show auftraten, sahen 73 Millionen Amerikaner zu, 60 Prozent aller potenziellen Fernsehzuschauer, ein einsamer Rekord. "Das war wie ein Adrenalinstoß, der durch das ganze Land ging", sagt Beatles-Biograf Hunter Davies. "In der Nacht des Auftritts bei Ed Sullivan hat in den USA kein Teenager ein nennenswertes Verbrechen begangen."
Die Beatles hatten die Vormachtstellung amerikanischer Stars auf den internationalen Musikmärkten gebrochen, und nun stießen sie mit Leichtigkeit und Frische "King Elvis" auch vom heimatlichen Thron. Sie öffneten zugleich für viele andere "Brit Bands" wie die Rolling Stones und die Kinks das Tor nach Amerika. Bis heute wird dieses Phänomen in den USA respektvoll "The British Invasion" genannt.