Dieser Kandidat hat klare Vorstellungen: "Mein Nachbar und ich holen uns ein Fässchen Bier und ein paar Bratwürstchen, setzen uns in den Garten und freuen uns einfach", sagt Frank Papajewski. "Über das Geld sollen sich unsere Frauen Gedanken machen."
Der 62-jährige Lagerist kommt aus dem Ruhrpott, wie sein T-Shirt verrät. Zu "Bares für Rares" hat er eine "kleine schnuckelige Büste" gebracht, wie es Horst Lichter formuliert. Friederike Werner weiß näheres über die Figur aus Bronze: Es handelt sich dabei um die junge Esmeralda, die Victor Hugo in seinem berühmten Roman "Der Glöckner von Notre-Dame" aus dem Jahr 1831 verewigt hat. Die Büste zeigt Esmeralda mit langem, fließendem Haar, einer Art Turban auf dem Kopf und einem "schönen großen Dekolleté", wie die Expertin anmerkt.
"Bares für Rares": Der Jugendstil und die Vorliebe für mordende Frauen
Die Büste stammt von dem französischer Bildhauer Emmanuel Villanis, der bekannt war für seine Frauendarstellungen. Überhaupt seien im Jugendstil Männer verführende und Männer mordende Figuren aus der Literatur und der Mythologie sehr in Mode gewesen. Also Salome, Judith, Lucrezia Borgia - oder eben Esmeralda. Aus der Zeit zwischen 1890 und 1900 stammt auch das mitgebrachte Objekt, das noch immer gut erhalten ist.
Beim Verkauf sind Papajewski ein wenig die Hände gebunden: Die Esmeralda stand verloren beim Nachbarn auf dem Dachboden, in dessen Auftrag er sie nun verkauft. Die Schmerzgrenze des Nachbarn liegt bei 400 Euro. Dagegen hat Friederike Werner glücklicherweise keine Einwände - sie schätzt den Wert auf 350 bis 450 Euro.
Im Händlerraum ist man sich schon vor Beginn der Auktion einig, wer das Objekt ersteigern wird: Elke Velten-Tönnies hat sich in die Figur verliebt. Doch auch die anderen Händler haben Gefallen gefunden: Fast alle beteiligen sich und geben Gebote ab. So steigt der Preis auf 750 Euro. Den Zuschlag erhält, wie vorhergesagt, Velten-Tönnies. Die Schmerzgrenze ist damit locker erreicht.
Das sind die Händler bei "Bares für Rares" – Wetten, dass Sie nicht alle kennen?

Was wäre "Bares für Rares" ohne seine 80 Euro: Das ist das Lieblingsstartgebot von Walter Lehnertz, der von allen nur "Waldi" genannt wird. Der gelernte Pferdewirt stammt aus Prüm in der Eifel und betreibt dort einen Antiquitätenhandel. Seine lockeren Sprüche wie "Ich fang dann mal mit 80 Euro an" (selbst wenn das Objekt erkennbar ein Vielfaches wert ist) oder "Engelschen" (so nennt er viele Verkäuferinnen) oder "Prügel" (seine Bezeichnung für Kunstobjekte) machen ihn zum Publikumsliebling. Ein Bieterduell mit Lehnertz kann teuer werden: Er mag ausgefallene Objekte wie alte Spielautomaten oder Militaria und bezahlt dafür gern auch deutlich mehr als den Schätzpreis. So bot er für einen alten Kicker 1750 Euro, obwohl die Expertise nur bei 600 Euro lag.
Entsprechend zufrieden ist Frank Papajewski mit dem Geschäft. Hinterher wedelt er mit den Scheinen in die Kamera und freut sich: "Heute Abend gibt's ein Bier und 'ne Bratwurst."
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