Olli Dittrich hatte sich verlaufen. Jedenfalls: Er wirkte ziemlich verloren, wie er da so stand im Foyer des ArabellaSheraton-Hotels in München. Als wäre er aus Versehen in eine Versammlung von Kakaobauern auf Papua-Neuguinea gestolpert. Egal, was die Fotografen ihm zuriefen, ob sie "mehr lächeln" brüllten oder "Arme ausbreiten" - "Dittsche" reagierte einfach nicht. Am liebsten hätte man ihm Bademantel, Plastiktüte und Bierflasche in die Hand gedrückt, so wie man ihn aus dem Fernsehen kennt. Und sich dann mit ihm an den Tresen seiner TV-Imbissbude gestellt, um seinen Couch-Potatoe-Philosophien zu lauschen. Das wäre garantiert unterhaltsamer gewesen als sich die pseudo-charmante Moderation von Miriam Pielhau anzuhören, die am Mittwochabend durch die Veranstaltung führte, in die auch Olli Dittrich und weitere 500 Gäste geraten waren: die 8. DVD-Night.
Der Sinn des Get-Together vieler bekannter Nasen ist schnell erklärt: Man verteilt Preise für die besten DVDs des laufenden Jahres (ausgewählt von einer Fachjury) und dazu wird ein exklusives Menü serviert, heuer zum Beispiel "Mikado von glasiertem Wintergemüse und Violette-Kartoffeln" und "Bouche Diplomat mit Bayerisch Creme". Dass auch viel - erstklassiger - Wein konsumiert wurde, ist nur verständlich. Sonst nämlich wäre das Event eine knochentrockene Angelegenheit gewesen. Auch die Showacts mit der Schnulzen-Band Pur, der Girlie-Chansonette Annett Louisan und dem DSDS-Sternchen Francisca Urio waren nur kleine Trostpflaster. Ganz zu schweigen von Miriam Pielhau, die sich ausgerechnet noch Schauspieler Timothy Peach als Co-Moderator holte. Das vermeintlich komische Duo hatte sich, um auch ja keine Abwechslung aufkommen zu lassen, auf folgenden Moderationsstil geeinigt: "Diese DVD finde ich wirklich toll." Oder: "Diese DVD finde ich wirklich toll." Angesichts dieser Konkurrenz darf sich Thomas Gottschalk entspannt zurücklehnen. Er wird wohl noch als Tattergreis "Wetten, dass...?" moderieren.
Alles war so toll
Preise sahnten unter anderem die DVDs "Pans Labyrinth" und "Da Vinci Code-Sakrileg-Kryptogramm-Giftset" in der Kategorie Internationaler Film ab, "Neues vom Wixxer - Doppel Deluxe Edition" in der Kategorie Deutscher Film und "Sin City - Recut Extreme XXL Edition" in der Kategorie Special Edition. Der Publikumspreis ging an "Casino Royal - Collector s Edition". Joachim Fuchsberger wurde für seine Lebensleistung als Schauspieler ausgezeichnet und Olli Dittrich für sein kreatives Schaffen auf DVD mit dem "Artist Award". Die Gewinner dankten pflichtgemäß den Kollegen, sagten unter anderem "Das ist ja toll" (wahrscheinlich waren sie da bereits vom Moderatoren-Paar verbal infiziert) und ließen sich vor eine Wand mit Sponsoren-Logos schleifen, wo sie abgelichtet wurden.
Die üblichen Verdächtigen, Ralph Siegel und Monti Lüftner
Futter für die Fotografen, aber immer noch nicht genug. Die Branche klagt, und sie klagt mit Recht, das es in Deutschland "keine richtigen Promis" mehr gäbe. Man sehnt sich nach Glamour-Zeiten mit Filmlegenden wie Romy Schneider, O.W. Fischer, Klaus Kinski und Sophia Loren. Und knipst dann doch den Schlagerkomponisten Ralph Siegel oder den Ex-Ariola-Chef Monti Lüftner, der mittlerweile Promi-Tennisturniere veranstaltet, bei denen auch Ralph Siegel zu Gast ist.
Rotwein plus Kamin
Für Kuschelfaktor Plus sorgte "Du-kannst-mir-alles-erzählen-ich-verstehe-dich" Reinhold Beckmann, der verriet, dass er beim DVD-Gucken auch mal die Taschentücher herauskramen muss: "Bei 'Das Leben ist schön' habe ich am Schluss wahnsinnig geheult." Was bei der Beckmannschen Weichspüler-Mentalität wohl kaum verwundert. Knallharte Burschen wie Axel Schulz hingegen überraschen, wenn sie gestehen: "Ich gucke mir gerne "Legenden der Leidenschaft" an, das ist was für's Herz." Für die richtige Stimmung sorgen, wie der ehemalige Box-Champion weiter ausplauderte: "Rotwein plus Kamin".
Howie braucht keine Presse mehr
Oliver Kalkofe macht da weniger Tamtam. "Ich hocke mich in Jogginghose und Pullover auf die Couch und rein mit der DVD", erzählte er. Nichts zu sagen hatte hingegen Schlagersänger Howard Carpendale, der nicht über den roten Teppich flanierte, sondern wie ein Geheimagent durch den Seiteneingang kam. Auf die Frage einiger Journalisten, warum man denn mit "Howie" heute nicht sprechen dürfe, erklärte eine zuständige Pressebetreuerin: "Seine Konzerte sind ausverkauft. Sein Comeback ist gesichert. Er braucht das nicht mehr." Na dann.
Der Unterhaltungswert von Spülmaschinen
Gut läuft es auch für den DVD-Markt, trotz Preisverfall und Piraterie. Die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) und der Bundesverband Audiovisuelle Medien (BVV) errechnete für das erste Halbjahr 2007 folgende Zahlen: In Deutschland wurden 43,3 Millionen DVDs verkauft, bei einem Durchschnittspreis von 12,52 für eine DVD. Die drei erfolgreichsten Kauf-DVDs waren "Casino Royale", "Deutschland. Ein Sommermärchen" und "Pirates of the Carribean - Fluch der Karibik 2". Und natürlich hofft man auf ein umsatzstarkes Weihnachtsgeschäft. "Weitere Hoffnungsträger sind die DVD-Nachfolgeformate HD-DVD und Blu-ray", so der BVV. Einzig, und das wünschte sich Ulrich Scheele, der Gastgeber des Abends: "Man möge doch bitte nicht zu dem Kauf einer Spülmaschine eine DVD gratis dazugeben." Derlei Lockangebote seien ihm ein Dorn im Auge.
Andererseits, und das bitte zu bedenken: Vielleicht stehen Spülmaschinen einfach noch zu sehr im Hintergrund, und man sollte sie mit einer "Spülmaschinen Night" adeln. So hätte man erstens wieder einen Grund mehr, sich zu einem exquisiten Essen zu treffen. Und die Prominenz könnte zweitens endlich damit auspacken, wie sie es denn mit Geschirrspülern hält. Welches Programm läuft beispielsweise in prominenten Haushalten, wo und wie werden Teller und Gläser einräumt, und wie das Besteck im Besteckkörbchen sortiert. Das wäre jedenfalls mindestens so spannend wie der xte Autocrash von Lindsay Lohan.