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ESC-Teilnehmer Ben Dolic und Boris Milanov "Man schickt nicht sein bestes Pferd in einen Vorentscheid"

Ben Dolic
ESC-Teilnehmer Ben Dolic beim Interview. Am 16. Mai wird er beim Finale des Eurovision Song Contest in Rotterdam für Deutschland auf der Bühne stehen.
© Christian Charisius / DPA
Hätte es einen Vorentscheid gegeben, hätte er seinen Song nicht eingereicht: ESC-Komponist Boris Milanov spricht im Interview mit dem stern Klartext. Sein Schützling Ben Dolic verrät, wie es zu Song und Zusammenarbeit kam.

Mainz gegen Wolfsburg. Das ist die Partie, die Ben Dolic auf einer Spielkonsole zockt. Kurz davor wurde er vom NDR als der deutsche ESC-Kandidat für Rotterdam vorgestellt. Vor dutzenden Journalisten präsentierte der 22-Jährige in Hamburg seinen Song "Violent Thing". Jetzt ist die Anspannung von ihm abgefallen. Bequem fläzt er in einem Sessel, bevor der stern ihn und den Komponisten des Lieds, Boris Milanov, zum Interview trifft.

Ben Dolic
© Christian Charisius / DPA

Zur Person: Ben Dolic

Der Sänger wurde am 4. Mai 1997 in der slowenischen Hauptstadt Ljubljana geboren. Mit zwölf Jahren stand er dort bereits bei Talentwettbewerben auf der Bühne. 2016 nahm Dolic mit seiner Band "D Base" im slowenischen ESC-Vorentscheid teil, schaffte es aber nicht in die Endrunde. Erfolgreicher war er bei seiner "The Voice of Germany"-Teilnahme. Dort wurde er 2018 Zweiter - der Beginn seiner Karriere. Mit 18 Jahren zog Dolic mit seiner Familie in die Schweiz, wo er Deutsch lernte. Inzwischen wohnt er zusammen mit seiner Freundin in Berlin, mit der er in einer WG lebt.

Herr Dolic, bis zur Präsentation war geheim, dass Sie für Deutschland zum ESC antreten. Wie sind die ersten Reaktionen?

Ben Dolic: Ich habe noch gar nicht viel mitbekommen, weil ich mein Instagram noch nicht gecheckt habe. Ich hoffe, sie waren gut.

Boris Milanov: Da kann ich aushelfen. Ich habe noch nie so viele Nachrichten bekommen, auch von internationalen Kollegen. Alle haben mich zu unserem Song beglückwünscht und sind begeistert. Das freut mich sehr.

In den Wettquoten für den Eurovision Song Contest ist das Lied "Violent Thing" nach oben geschossen. Ein gutes Omen für Rotterdam?

Milanov: Darauf gebe ich nicht viel. Da sind ja auch Länder dabei, in denen der Song noch gar nicht feststeht. Aber die Zusammenarbeit mit mir und Ben funktioniert sehr gut und ich hoffe, dass die harte Arbeit am Ende mit vielen Punkten belohnt wird.

Der NDR spricht vom "besten ESC-Song aller Zeiten". Sie machen sich da selbst ziemlich viel Druck.

Dolic: Ich bleibe da ganz entspannt, da ich auch kein Typ bin, der Lampenfieber hat. Vielleicht kommt das noch in Rotterdam. Es war immer ein Traum von mir, beim ESC anzutreten. Der geht jetzt in Erfüllung.

Sie haben sich gegen über 600 Mitbewerber in einem mehrstufigen Auswahlverfahren durchgesetzt. Wie kam es überhaupt dazu, dass Sie sich beim NDR beworben haben?

Dolic: Ich bekam einen Anruf und bin gefragt worden, ob ich mitmachen möchte.

Boris Milanov
© ARD

Zur Person. Boris Milanov

Milanov wurde 1983 in Sofia geboren und lebt inzwischen in Wien. Er ist Gründer des internationalen Musiklabels Symphonix, mit dem er hauptsächlich junge und aufstrebende Talente fördert. Seine Kompositionen schafften es beim Eurovision Song Contest in den vergangenen vier Jahren immer unter die Top 7 und gleich drei Mal unter die Top 4. 

Sie wurden also aktiv angesprochen. Wie kam es zum Song und zur Zusammenarbeit mit Boris Milanov?

Dolic: Boris und ich kannten uns bereits. Wir haben schon vorher Musik miteinander gemacht. Ich habe ihn angerufen und gesagt, dass Deutschland mich für den ESC angefragt hat, aber wir noch kein Lied haben.

Milanov: Es musste ganz schnell gehen. Ich hatte nur zwei Tage Zeit, das Lied einzureichen, weil die Deadline zu Ende war. Zum Glück hat es noch geklappt.

Der NDR suchte Künstler und Song separat. Haben sich noch andere Sänger mit "Violent Thing" beworben?

Milanov: Das hätte ich nicht zugelassen. Mir ist es als Komponist wichtig, dass mein Song zum Künstler passt. Bei Ben ist das der Fall.

Dolic: Ich habe mehrere Songs gesungen, darunter noch ein weiteres von Boris. "Violent Thing" hat den Jurys am Ende am besten gefallen.

Das Publikum durfte in diesem Jahr nicht mitbestimmen, was auch zu viel Kritik geführt hat. Wäre es nicht besser gewesen, einen Vorentscheid zu machen?

Dolic: Ich hätte bei einem Vorentscheid nicht mitgemacht. Mir war es wichtig, als Sänger diesen geschützten Raum zu haben und nur bei einem Erfolg in die Öffentlichkeit zu kommen.

Milanov: Man schickt ja nicht sein bestes Pferd in einen Vorentscheid. Hätte es ein Auswahlverfahren wie in den Vorjahren gegeben, hätte ich "Violent Thing" garantiert nicht eingereicht. Denn ein super Song, der es nicht schafft, wäre tot.

"Violent Thing" ist ein Liebeslied. Sind Sie im Moment verliebt?

Dolic: Ja, ich habe eine Freundin. Wir sind seit mehreren Jahren zusammen. Sie war heute auch bei der Verkündung mit dabei und wird mich auch in Rotterdam begleiten.

In einigen Medien werden Sie aufgrund Ihres Aussehens als "Milchbubi" oder "Babyboy" bezeichnet. Ärgert Sie das?

Dolic: Nein, ich gehe da ganz cool mit um.

Bei der Präsentation haben wir eine Akustik-Live-Version von "Violent Thing" zu hören bekommen. Wie wird der Auftritt in Rotterdam aussehen?

Dolic: Wir arbeiten im Moment zusammen mit Marty Kudelka, der bereits für Justin Timberlake gearbeitet hat, an einer Choreografie. Der Final-Auftritt ist aber noch nicht fertig.

Milanov: Ben ist ein Live-Performer. Ich wünsche mir, dass er auf der Bühne er selbst sein kann und Spaß an seinem Auftritt hat.

Sie sind ein internationales Team. Trotzdem wird am Ende auf der Ergebnistafel Deutschland stehen. Ist das okay?

Dolic: Ich freue mich, dass ich für Deutschland antreten darf. Und obwohl ich noch einen slowenischen Pass habe und lange in der Schweiz lebte, ist Berlin ein Stück Heimat für mich. Ich habe drei Länder in meinem Herzen. Aber in Deutschland hat meine Karriere begonnen.

Welche Platzierung wünschen Sie sich für Rotterdam?

Milanov: Es ist schwierig eine Prognose zu geben. Aber ich hoffe, dass "Violent Thing" ein internationaler Erfolg wird. Ich habe ein gutes Gefühl, dass wir unter den Top Ten landen.

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