Frey folgt beim ZDF auf Brender "Emotional wundgescheuerter" Sender

Auf einige Änderungen müssen sich die ZDF-Mitarbeiter gefasst machen. Am Donnerstag tritt Peter Frey die Nachfolge von Nikolaus Brender als Chefredakteur des Mainzer Senders an.

Auf einige Änderungen müssen sich die ZDF-Mitarbeiter gefasst machen. Am Donnerstag tritt Peter Frey die Nachfolge von Nikolaus Brender als Chefredakteur des Mainzer Senders an. "Alles kommt auf den Prüfstand", sagt der 52-Jährige. Erste Pläne zur Beseitigung von "Baustellen" hat er bereits: Das erst vor acht Monaten eingeweihte Hightech-Nachrichtenstudio soll optisch erneuert, die Magazine und die Programmplanung sollen reformiert werden. Die Anzahl der Moderatoren will Frey verringern.

Frey, der zuletzt das ZDF-Hauptstadtstudio leitete, ist vor allem mit dem neuen Nachrichtenstudio, aus dem unter anderem das "heute journal" gesendet wird, unzufrieden. "Dieses neue Studio reduziert die Pracht des Lebens", erklärt er. Das werde vor allem bei Interviews sichtbar, wenn auf der einen Seite ein Gesprächspartner eingeblendet werde, hinter dem das Leben tobe, man auf der anderen Seite hinter dem Moderator ein steriles Studio sehe. Damit beraube man sich selbst der Stärken des Fernsehens, nämlich seiner Lebendigkeit und der überraschenden Momenten. "Daran müssen wir arbeiten."

Darüber hinaus habe in dem virtuellen Umfeld die Präsenz der Moderatoren gelitten, moniert Frey. Einstellungen, in denen diese sehr weit entfernt stünden, dienten nicht der Zuschauerbindung. Es entstehe der Eindruck, die Moderatoren müssten sich gegen die neue Technik durchsetzen. Dabei sollte die Technik sie eigentlich unterstützen.

Mit der Qualität der Beiträge in den Magazinsendungen ist Frey zufrieden. Was ihm nicht gefällt, ist, dass sie austauschbar scheinen. "'Wiso', 'Frontal21', 'Die Reporter' und 'Mona Lisa' haben sich, was Themen und Machart angeht, zum Teil beträchtlich angenähert", kritisiert Frey. Die Schnittmenge, in der ein Beitrag hier und auch da laufen könnte, sei ziemlich groß geworden. Jede Sendung müsse sich streng prüfen, was sie von der anderen unterscheidet.

Trotz aller Kritik sieht Frey keinen Grund, Talksendungen wie "Maybrit Illner" aus dem Programm zu verbannen. Zwar seien diese in der öffentlichen Wahrnehmung in der Krise, die Quoten sprächen aber eine andere Sprache. Zudem glaube er daran, dass sich Formate wie dieses auch aus sich selbst heraus erneuern könnten*. Eingestellt würden erst einmal jedenfalls keine Sendungen: Der Wert von eingeführten Titeln sei riesig, besser sei es, diese auf die Höhe der Zeit zu bringen, meint Frey. Zudem wolle er künftig mehr Kommentare im Programm sehen.

Auch die Programmplanung will Frey optimieren. "Wir müssen frühzeitig erkennen, was die Redaktionen planen und wo man Themen zusammenbindet", sagt Frey. Auf diese Weise könnten Programmschwerpunkte zum Beispiel zu Afghanistan oder zum Thema Missbrauch geschaffen werden, auf die ausdrücklich hingewiesen werden könnte. So würden Kräfte gebündelt und Auffälligkeiten geschaffen.

Künftig sollen beim ZDF weniger Moderatoren auftreten. Dafür sollten diejenigen, die beim Publikum bekannt seien, größere Möglichkeiten bekommen - "in der politische Berichterstattung und darüber hinaus", erklärt Frey. Beispiele seien bereits jetzt die Reportagen von Claus Kleber, Steffen Seiberts Moderation von "Ich kann Kanzler" oder Marietta Slomkas Reportage-Reise nach Afrika. "Wir müssen mit den Köpfen mehr machen."

Weiteres wichtiges Thema für Frey ist die stärkere Verschränkung von Online mit dem Programm. "Man muss crossmedial denken und arbeiten." Und natürlich wolle er sein Publikum auch verjüngen. Dazu müsse auch eine moderne Bildsprache gefunden werden.

Nach dem Eklat um die Ablösung von Brender, der am Widerstand der Unionsvertreter im Verwaltungsrat gescheitert war, geht es Frey auch darum, "beschädigte Glaubwürdigkeit" für den Sender zurückzugewinnen. "Der neue Chefredakteur muss der Bannerträger der Unabhängigkeit sein", zitiert Frey den Intendanten Markus Schächter und fügt hinzu: "Zu dieser Verpflichtung stehe ich." Darüber hinaus will er seine Mitarbeiter wieder aufrichten. "Das ZDF ist nach den Ereignissen des letzten Jahres emotional wundgescheuert, die Leute sind sehr auf Zahnfleisch gegangen", sagt Frey. Seine erste Aufgabe sei es, für Verlässlichkeit zu sorgen, damit die Arbeit wieder gemacht werden könne.

* Die Darstellung in diesem Artikel der Nachrichtenagentur APN ergänzt stern.de um ein Statement von Maybrit Illner nach Rücksprache mit Peter Frey: Herr Frey sieht "Maybrit Illner" weder in der Kritik, noch trägt er sich auch nur ansatzweise mit dem Gedanken, diese Sendung aus dem Programm zu "verbannen". Er hat in seinem Gespräch mit Herrn Mehling von APN auch nicht gesagt, dass sich "Maybrit Illner" in der Krise befinde. Tatsächlich hat er geäußert, dass er es begrüße, dass auch lange etablierte Formate wie "Maybrit Illner" sich stetig zu erneuern versuchen und dies auch öffentlich wahrgenommen werde.

APN
Holger Mehlig, APN

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