Stellen Sie sich vor, Sie sitzen im Flugzeug nach New York, und mitten über dem offenen Meer teilt Ihnen die Pilotin mit, der Tank hat ein Leck und man müsse in Grönland zwischenlanden. Wer würde da auf die Idee kommen, eine Diskussion anzuzetteln und über mögliche Lösungsansätze debattieren zu wollen?
Doch genau so - das suggeriert ein Sketch in der neuen Sendung der ARD-Comedy-Reihe "Kroymann" - verhält sich unsere Gesellschaft im Umgang mit Krisen. Ohne sie konkret beim Namen zu nennen kann man die Situation in dem absturzbedrohten Flugzeug durchaus mit dem Umgang der Gesellschaft mit der Corona-Pandemie oder auch der Klimakatastrophe vergleichen.
Denn anstatt den Empfehlungen der Experten - in diesem Fall: der Pilotin - Folge zu leisten, fühlen sich die Passagiere berufen, ihren Senf dazuzugeben. Eine Passagierin aus der Business Class dringt darauf, den Flug nach New York fortzusetzen, solange es nicht feststehe, dass dies völlig unmöglich sei. Eine weitere Reisende bittet die Frau daraufhin, der Pilotin zuzuhören, denn die kenne sich damit aus.
"Kroymann": Alle diskutieren mit
Da erhebt sich ein Fluggast von den hinteren Sitzen, der sich als Dr. Björn-Maria Schneider vorstellt: Er halte eine Zwischenlandung für eine absolute Überreaktion. "Ich bin fest davon überzeugt, dass wir unser Ziel sicher erreichen werden." Auf seine Expertise angesprochen verweist der Mann zwar auf "36 Jahre Flugerfahrung" - allerdings lediglich als "passionierter Segelflieger". Den Einwand, dass sich das mit einer Passagiermaschine absolut nicht vergleichen lasse, will der Mann nicht gelten lassen. "Das letzte Mal, als ich nachgeschaut habe, galten die Regeln der Thermik für alle Arten von Flugzeugen."
Virologen und Epidemiologen werden sich sicher an die vielen ungefragten Expertisen von Heilpraktikern und anderen selbsternannten Medizinexperten erinnert fühlen. Denn die deutsche Gesellschaft mutierte in den zurückliegenden zwei Jahren von 80 Millionen Bundestrainern zu 80 Millionen Virologen.
Es gibt weitere Stimmen, die mitdiskutieren wollen: Die nächste Passagierin ist extrem besorgt - und will dagegen aus Sicherheitsgründen schon früher notlanden als von der Pilotin geplant. Die Diskussion droht aus dem Ruder zu laufen, als sich ein von "Tatort"-Star Harald Krassnitzer gespielter Politiker erhebt und versucht, den "Interessenskonflikt" zu gemeinsam lösen: Man müsse erstmal alle Fakten und Standpunkte anhören.
Harald Krassnitzer als Politiker
In typischer Politiker-Manier wägt Krassnitzer nun die Beiträge der Anwesenden ab, lobt gönnerhaft Diskussionsbeiträge ("Starke Ansage, ich hab immer ein Herz für die Leidenschaft der jungen Leute"), und findet schließlich einen Kompromiss, auf den sich alle Beteiligten einigen können sollen: ein Teil des Gepäcks wird über Bord geworfen, dafür geht die Flugreise wie geplant weiter.
Die Pilotin geht daraufhin gar nicht mehr ins Cockpit zurück. Getreu dem Motto "In Gefahr und größter Not bringt der Mittelweg den Tod" scheint sie an den im Konsens errungenen Prozess nicht zu glauben.
Ein Gefühl, das Klimaexperten und Virologen vermutlich bekannt sein dürfte.
Die komplette Sendung "Kroymann" gibt es in der ARD-Mediathek