"Polizeiruf 110" Ein Lebewohl dem Dorfpolizisten mit den vielen Frauen

Horst Krause als Horst Krause rettete den heimeligen Vorabend in den ARD-Krimisonntag. Mit "Ikarus" verlässt er den "Polizeiruf 110". Würdigung des letzten Streifenpolizisten mit den vielen Chefinnen.

Sollen wir uns das antun? Ne, ne?!" Sprachs und knatterte davon. Keine Abschiedsparty, die die Kollegen auf dem Revier gerade ausrichten. Kein Happy End, weil der letzte Fall doch zu enttäuschend war. Horst Krause auf seinem Motorrad, eine ukrainische K750, Baujahr 1960, mit Hündin Haduck im Beiwagen, im Hintergrund die Brandenburger Dämmerung. Das war es also. Krause just left the Amtsgebäude. Mit ihm verschwindet auch der Rest von deutschem Mief und Vorabend-Gemütlichkeit aus dem ARD-Krimi-Sonntagsabend. Er war der letzte seiner Art, ein Dorfpolizist, die uniformierte, gute Seele, eine Figur, für die es keinen besseren Namen hätte geben können und bei dem auch niemand auf die Idee käme, ihn Bulle zu nennen.

Zum Abschied von Krauses letztem "Polizeiruf 110" eine kleine Würdigung des letzten Freund und Helfers

Krauses letzter Fall

"Ikarus", 2015
Zwei wohlhabende Solarunternehmer und Kunstflieger, ein aus dem Cockpit gefallener Pilot, zwei abgestürzte Flugzeuge, eine Tasche mit 750.000 Euro, Königswasser und ein etwas sehr naheliegender Episodenname - es wäre dem Herrn Polizeihauptmeister Horst Krause zu wünschen gewesen, dass sein finaler Einsatz im Brandenburger "Polizeiruf" etwas fulminanter geraten wäre. Zusammen mit Kommissarin Olga Lenski (Maria Simon) untersucht er den Flugunfall von Daniel Reef (Hauke Diekamp). Der junge Mann ist Sohn von Martin Reef, der zusammen mit seinem Jugendfreund Peter einen Betrieb für Solaranlagen besitzt.

Leider hat die Firma die besten Zeiten hinter sich und Peter würde den Laden am liebsten loswerden - was ohne die Zustimmung seines störrischen Kompagnons jedoch nicht geht. Im Laufe der Ermittlungen mischen sich noch Eheprobleme, Seitensprünge und langjährig gepflegte Animositäten ein, am Ende löst sich das Knäuel zugunsten eines profanen Korruptions- und Wirtschaftskrimis auf.

Zugegeben: Action, Tote und viel Gewese waren noch nie das Erkennungszeichen des Krause-"Polizeirufs". So gesehen passt "Ikarus" zu seinem Abschied. Und doch: Etwas mehr Verve und etwas weniger Vorhersehbares hätten der Folge gutgetan. Dass Horst Krause als Figur sowohl mit Opfer und Täter eng und lange befreundet war, macht "Ikarus" zwar zu seiner ganz persönlichen, nur eben auch zu einer reichlich tristen Angelegenheit. Frei nach Krauses letzten Worten: Hätte man sich nicht antun müssen.

Krauses erster Fall

Das Wunder von Wustermark, 1998
Auch der Start von Horst Krause als Horst Krause begann mit einer Wirtschaft-Brandenburgensie. Lange vor dem Spatenstich für den Berliner Pech-Flughafen hilft der Dorfpolizist Kommissarin Tanja Voigt (Katrin Sass) bei den Ermittlungen zu einem Airport-Projekt. Der Polizeihauptmeister spielte damals nur eine Nebenrolle in dem "Krimi-Kleinod", wie TV Spielfilm befand. Für Hauptdarstellerin Katrin Sass war dieser Fall ihr letzter als "Polizeiruf"-Kommissarin.

Krauses zweite Frau

Mörderkind, 1999
Nach dem Aus von Kollegin Tanja Voigt hält Kommissarin Wanda Rosenbaum (Jutta Hoffmann) die Ermittlungsfäden in der Hand. In "Mörderkind" spielt Horst Krause, damals noch namenlos, erstmals die zentrale Rolle, die er auch künftig spielen wird: als unentbehrlicher Dorfpolizist mit gutem Draht zu den einfachen Leuten.

Krauses dritte Frau

Alles Lüge, 2009
Die Liaison Horst Krause und Johanna Herz (Imogen Kogge) begann 2002 und dauerte bis 2010. Mit ihr zusammen klärte der Polizeihauptmeister die meisten Fälle auf: insgesamt waren es zwölf gemeinsame "Polizeirufe 110". In dieser Zeit entwickelte sich Krause zum Beamten mit Schlag bei den Zuschauern: bescheiden, zu eng bekleidet, aber gemütlich und ohne großes Schickimicki. Und natürlich immer unterwegs in seiner Beisitzer-Maschine, einem ukrainischen BMW-Nachbau.

Krauses vierte Frau

Vor aller Augen, 2012
Nach acht Jahren war Schluss mit Johanna Herz, auf sie folgte Olga Lenski (Maria Simon). Als Kommissarin kehrt sie zurück in die brandenburgische Heimat und trifft dort auf Platzhirsch Krause, mit sie anfänglich leichte Schwierigkeiten hat. Regie führte in ihrem ersten Fall Bernd Böhlich, dem Horst Krause auch seinen Rollennamen Horst Krause verdankt: "Du siehst aus wie Krause, der Polizist sieht aus wie Krause - warum sollen wir da den Namen ändern", erzählte der Schauspieler einmal in einem Interview mit dem Schweizer "Tagblatt".

Krauses fünfte Frau

Die Gurkenkönigin, 2012
Nach nur einer Folge war Schluss mit Kommissarin Lenski - sie verabschiedete sich kurz in Elternzeit. Ersetzt wurde die Neue einmalig durch Tamara Rusch (Sophie Rois), die von der Kritik besonders gefeiert wurde. Der Auftritt von Susanne Lothar als Luise König war einer der letzten großen Fernsehrollen der Schauspielerin, die kurz nach Ausstrahlung des "Polizeirufs" starb.

Was bleibt ....

Und nun?, 2015 ff.
Mit Waffen hatte er es nicht so, er blieb lieber im Hintergrund und knackte seine Fälle mit stoischer Schwerfälligkeit und Bauernschläue. 17 Jahre und 26 Fälle lang. Das war wohl das Erfolgsgeheimnis von Horst Krause als Horst Krause: Er war der Polizist, den sich die Deutschen wünschen: der Freund und Helfer. Und dabei ganz anders als das, was sonst am Sonntagabend in der ARD auf den Bildschirm zu sehen ist. Was also fortan um 20.15 Uhr bleibt sind Intellektuelle (Murot aus Wiesbaden), Spaßvögel (Münster-"Tatort") und Ballermänner (Til Schweiger in Hamburg).

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