Presseschau zum Münster-"Tatort" Bravo, Herr Kaiser!

Alte Witze und ein vorhersehbarer Plot: Während der Münsteraner "Tatort" beim Publikum ankommt, gehen die Kritiker hart mit dem "Krimi, der keiner ist" ins Gericht. Nur Roland Kaiser gefällt.

Sie sind die Lieblinge der "Tatort"-Nation: Mehr als 12,81 Millionen Zuschauer verfolgten am Sonntagabend die Späße von Kommissar Thiel (Axel Prahl) und Rechtmediziner Prof. Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) im Münsteraner "Tatort: Summ, Summ, Summ". Doch während das Gesumse rund um das kauzige Männerduo beim Publikum ankommt, gehen die Kritiker mit den beiden Hauptdarstellern und den Drehbuchautoren teilweise hart ins Gericht. Roland Kaiser hat als schmieriger Schlagerstar Roman König hingegen auch Fans in den Feuilletons. Die Presseschau.

"Spiegel-Online"

Der Münsteraner "Tatort" wirke wie ein "schaler Schlager", urteilt der Rezensent von "Spiegel-Online". "Eigentlich ein ganz pfiffiger Plot aus der Welt des Musikgeschäfts - würde er nicht auf ähnlich vorhersehbare Art in Szene gesetzt werden, wie Schlagerproduzenten ihre Hits programmieren." Er kritisiert die "immer gleiche Leier" aus Münster mit in die Jahre gekommenen Gags und den sich wiederholenden Späßen bei den Sidekicks rund um Staatsanwältin Wilhelmine Klemm (Mechthild Großmann) und Gerichtsmediziner Boerne (Jan Josef Liefers). Das komme zwar beim Publikum an, die Frage sei jedoch, wie lange noch. "Das war vor zehn Jahren mal witzig, vielleicht sogar anarchisch. Aber nach der immer gleichen Formel zusammengerührt, wirkt das inzwischen nur noch wie ein schaler Schlager. Soll der Münsteraner "Tatort" noch weitere zehn Jahre bestehen, wäre ein bisschen Rock'n'Roll nicht schlecht."

"Süddeutsche Zeitung"

"Ihr Witz ist alles, was sie in Münster haben", schreibt die "Süddeutsche Zeitung". Die Drehbuchautoren Stefan Cantz und Jan Hinter böten zu wenig Krimi. "Wer hier etwas ernst nimmt, ist selbst schuld, die Episode ist ein anderthalbstündiger Witz", heißt es. Es sei sogar die Frage, ob die Handlung hier Handlung sei oder nur ein "Spielplatz, auf dem Thiel und Boerne ihr tennisartiges Dialogduell aufführen". Der Plot sei vor allem deshalb nicht spannend, weil "Witz Spannung frisst". Der Fall wäre auch von Meisterdetektiv Kalle Blomquist gelöst worden, lautet das harsche Urteil. "Denn wenn sich Thiel tatsächlich mal an Ermittlungen macht und Verhöre durchführt, spürt man, dass der Krimi aus Münster furchtbar langweilig wäre, wenn er Krimi sein müsste."

"Der Tagesspiegel"

Anders als "Süddeutsche" und "Spiegel-Online" hält der "Tagesspiegel" den "Humorbogen" nicht für überspannt. Der "Tatort" aus Münster sei eben ein "Krimi der ganz besonderen Art", heißt es. "In jedem Fall hat Regisseur Kaspar Heidelbach die perfekte Balance zwischen Krimi und Klamauk gefunden. 'Summ, Summ, Summ' hat Witz und Tempo, hier summen nicht nur die Bienenvölker." Ein besonderes Lob gibt es nicht nur für Gaststar Roland Kaiser ("Alle Achtung: Roland Kaiser spielt geschickt mit den Vorurteilen zum Showbiz."), sondern für alle Hauptakteure: "Boerne, Thiel und König rocken den 'Tatort'."

"Abendzeitung" aus München

Gefallen an den überzeichneten Figuren findet auch die Münchner "Abendzeitung". "Der Münsteraner 'Tatort: Summ, Summ, Summ' ist kein Krimi, aber unterhaltend", heißt es. Besonderes Lob geht an Jan Josef Liefers, der seine "Pathologie-Sklaven mit der Sensibilität einer Stallbremse und der Moral eines asozialen Zockerbankers" piesacke, und Axel Prahl, der als "Proll-Kommissar" mit der "Huftritt-Energie eines Ackergauls, der von einem Dromedar belästigt wird", agiere. Aber auch Roland Kaiser und Fritzi Haberlandt und "was sonst noch so in diesem Exoten-Ballett" herumturne, kommen beim Autor an. "Man könnte sich vorstellen, dass auch andere bedeutende deutsche Schauspieler (nein: nicht Veronica Ferres und Christiane Neubauer!) es apart fänden, als Tatort-Mordverdächtige durch Münster zu strampeln oder auch nur als Spruchblase den Intelligenzquotienten der deutschen Tatort-Landschaften zu bereichern."

"Stuttgarter Zeitung"

Es sei vor allem den Hauptdarstellern zu verdanken, dass so etwas wie "Nervenkitzel" aufkomme, urteilet auch die "Stuttgarter Zeitung". "Packend ist der Plot jedenfalls nicht - aber das ist bei den Münsteranern ja meistens so." Stattdessen nehme die Nebenhandlung um den kauzigen Börne, "den man mögen kann oder auch nicht", viel Raum ein. "Der Professor hat es mit zwei giftigen Spinnen aus Mittelamerika zu tun, die er unwissentlich in einer Bananenkiste aus dem Großmarkt in die Wohnung eingeschleppt hat. Totbeißen tun sie ihn zwar nicht, was ein bisschen schade ist. Aber wenigstens sorgen die pelzigen Tierchen für etwas Nervenkitzel."

"Frankfurter Allgemeine Zeitung"

"Dieser 'Tatort' ist schon ein ganz großer Spaß", urteilt die "Frankfurter Allgemeine Zeitung". Sie kommt zu dem Schluss, dass dies auch Roland Kaiser zu verdanken sei. Er habe den Sonntagabendtermin zum "Must für alle bekennenden und heimlichen Verehrerinnen" gemacht. Dank einer besseren Dosierung ihrer Witze seien aber auch Axel Prahl und Jan Josef Liefers in "Höchstform" gewesen. "Der Regisseur Kaspar Heidelbach handhabt den hanebüchenen Plot und dessen Entwicklungen mit stoischer Ruhe, mit leisem und auch schneidendem Witz und mit Feinsinn für Abgründe, hart am Rand der Tragikomödie. Wie beiläufig schraubt er dafür die zugespitzten Wechselreden zwischen Thiel und Boerne, die sich in den letzten Münster-Folgen ein wenig nervensägend verselbständigt hatten, auf ein gewissermaßen menschliches Maß zurück." Besonders die hochkarätige Besetzung der Nebencharaktere wird gelobt. "Tolle Schauspielerinnen halten ihre Köpfe für diesen Krimi hin." Die Rezensentin kommt zu dem Schluss: "Mit ein paar von Roland Kaisers bekanntesten Liedern ließe es sich ungefähr so formulieren: Zwischen 'Amore mio' und 'Lieb mich ein letztes Mal' kann eine ganze Menge Ärger entstehen."

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