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Der TV-Tipp des Tages

"Der letzte Tango in Paris" Bernardo Bertoluccis Meisterwerk über Marlon Brando als einsamen Lustmolch

Der Amerikaner Paul (Marlon Brando) und die junge Französin Jeanne (Maria Schneider) treffen sich in einem leerstehenden Pariser Appartement und schlafen miteinander
Der Amerikaner Paul (Marlon Brando) und die junge Französin Jeanne (Maria Schneider) treffen sich in einem leerstehenden Pariser Appartement und schlafen miteinander
© Picture-Alliance
Zwei Menschen treffen sich in einer leeren Wohnung und haben hemmungslosen Geschlechtsverkehr. So die Geschichte von Bernardo Bertoluccis "Der letzte Tango in Paris". Und doch geht es in dem Film um viel mehr als um Sex.

Diesem Film eilt ein Ruf voraus. Und vielleicht werden Sie jetzt denken: Klar, dass diese Besprechung von einem Mann kommt. Ich gebe zu, als ich mir den Film vor vielen Jahren erstmals anschaute, war meine Motivation eindeutig: Ich war neugierig auf die berühmt-berüchtigten Sex-Szenen. Wie sich zwei Fremde, ein älterer Mann und eine junge Frau, in einer leerstehenden Wohnung begegnen, übereinander herfallen und es hemmungslos miteinander treiben. Wie sie gemeinsam Tierlaute imitieren. Wie sie versuchen zum Höhepunkt zu kommen, ohne sich zu berühren. Und dann natürlich der legendäre Akt mit der Butter. Von diesen Szenen hatte ich selbstverständlich gehört.

"Der letzte Tango in Paris" ist kein Film über Sex

Das alles nimmt einen großen Teil des Filmes ein und hat mich seinerzeit gefesselt. Doch beeindruckt hat mich etwas anders. Ich war erstaunt, dass "Der letzte Tango in Paris" entgegen seinem Ruf gar kein Film über Sex ist. Es ist eine ergreifende Studie über Einsamkeit. Der alternde Amerikaner Paul (Marlon Brando) und die junge Französin Jeanne (Maria Schneider) sind zwei Verzweifelte, die sich erkennen und doch nur über Sex miteinander kommunizieren können.

Eindringliche Musik von Gato Barbieri

Paul muss mit dem Freitod seiner Frau klar kommen und erfährt, dass sie ihn zu Lebzeiten betrogen hat. Jeanne hat das Leben noch vor sich, aber den falschen Mann an ihrer Seite. Paul könnte der Richtige sein. Doch sie können nicht zusammenkommen. Es wird kein gutes Ende nehmen mit den beiden.

Der Film verströmt eine tiefe Melancholie, die noch verstärkt wird durch die eindringliche Filmmusik des argentinischen Jazz-Saxofonisten Gato Barbieri. Dieser herbstliche Stimmung kann man sich nur schwer entziehen.

Natürlich übersahen die Moralapostel diese delikate Melancholie, als der Film 1972 in die Kinos kam. Viele stürzten sich ausschließlich auf die Sex-Szenen und wollten damit sogar ein Verbot begründen. Im Laufe der Jahre verzog sich der Rauch, heute kann man den Film als das sehen, was er schon immer war: Eines der großen Meisterwerke des 70er-Jahre-Kinos. Nicht mehr. Aber auch nicht weniger.

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