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Dschungelcamp-Star Papis Loveday: "Es überrascht mich, dass es in Deutschland so viel Rassismus gibt"

Papis Loveday
Papis Loveday wollte Dschungelkönig werden.
© RTL
Dschungelcamp-Star Papis Loveday berichtet im stern-Interview von seinen Rassismuserfahrungen und warum er sich auch nach zwölf Jahren immer noch benachteiligt fühlt. 

Kaum ist Papis Loveday aus dem Dschungelcamp zurück, hat er gleich die nächsten Termine. So auch ein Interview mit uns, in dem er über seine Kuschel-Schlange Renata spricht und mit welchen Mitcampern er nun befreundet ist. Aber es geht auch um ernste Themen: Papis Loveday spricht über seine Rassismuserfahrungen und wie ihn das bis heute prägt. 

Papis, nach dem Dschungel haben Sie als erstes eine Flasche Orangensaft getrunken. Haben Sie das heute auch schon gemacht?
Ja, ich trinke jeden Morgen Orangensaft. Morgens trainiere ich immer und esse danach ein Croissant mit Butter und Nutella. Normalerweise sind das meine einzigen Kohlenhydrate am Tag. Aber im Dschungel habe ich fünf Kilogramm abgenommen, die müssen erst wieder drauf.

Sind Sie enttäuscht, dass Sie nicht Dschungelkönig geworden sind?
Enttäuscht, klar. Ich habe mit großen Zielen mitgemacht. Aber ich bin happy, dass ich das Interesse der Zuschauer gewonnen habe. Ich habe nichts falsch gemacht, ich bin mir und meinen Werten treu geblieben. Und ich habe die Bestätigung meiner Freunde bekommen: Sie haben auf dem Bildschirm den gleichen Papis gesehen, wie sie ihn auch privat kennen.

Mit wem aus dem Dschungel haben Sie noch Kontakt? Ist da eine Freundschaft entstanden?
Ja, mit Cosimo und Djamila und Cecilia habe ich noch Kontakt. Wir wollen uns bald treffen und sie wollen mich auch in München besuchen. Und wir telefonieren regelmäßig.

Papis, zuletzt gab es ja einen kleinen Eklat um Ihre Schlange Renata und Ikea: Wie ist da der aktuelle Stand?
Ich fand das wirklich unverschämt, dass ein großer Konzern wie Ikea ohne zu fragen meine Schlange für seine Werbung nutzt. Auf Instagram hatten sie über eine ihrer Plüschtier-Schlangen geschrieben: "Für die einen ist es eine Mutprobe, für die anderen ein Luxusgegenstand, stimmt’s, Papis Loveday?" Mich für ihre Werbung zu nutzen, ohne vorher mit mir zu sprechen, finde ich nicht in Ordnung. Aber es war natürlich auch ein Lob, ein Kompliment, dass sie an mich und Renata gedacht haben.  

Also könnte es Renata jetzt in Serie geben, wenn das Interesse da ist.
Ich arbeite gerade an einer kleine Modekollektion. Es soll eine kleine Kollektion von Renata geben: T-Shirts, Unterhosen und Pyjamas mit einem Renata-Print.

Und hat tatsächlich Renata geholfen, Ihre Angst vor Schlangen zu besiegen?
Renata war eine mentale Unterstützung. Manchmal habe ich mich im Dschungel leer gefühlt, allein unter vielen Menschen. Da hat Renata mir Wärme gegeben, eine leichtere Atmung. Ich habe auch mit ihr über meinen Tag geredet. Sie war auch eine Verbindung zu den anderen Mitcampern: Jeder hat ein oder zweimal mit ihr gesprochen. Cosimo hat sie häufig eher verarscht, Verena Kerth hat sich aber auch sehr interessiert für Renata. Sie aber eher auf einer emotionalen Ebene.

Sie haben Ihre Dschungel-Teilnahme auch damit begründet, dass Sie gern People of Colour in Deutschland sichtbarer machen möchten. Glauben Sie, das ist Ihnen gelungen?
Ja, das hat sich gelohnt. Ich wollte zeigen, dass ich nicht nur ein Topmodel bin, sondern auch ein normaler Mensch. Und ich wollte zeigen, dass wir People of Colour auch existieren, dass wir normal sind, lustig sein können. Ich habe das Gefühl, je mehr schwarze Menschen es in Deutschland gibt, desto weniger von uns sieht man im Fernsehen. Dabei muss man den Kindern in der neuen Generation zeigen, dass es uns gibt.

Hatten Sie das Gefühl, dass Sie im Dschungel nur der - wie Sie es selbst nennen - "Farbklecks" waren? In Ihrem Beitrag für das Buch "People of Deutschland" haben Sie gesagt, dass es sich bei einigen Werbekampagnen so für Sie angefühlt hat...
Nein, ich habe mich nicht als Farbklecks gefühlt, sondern sehr willkommen. Alle waren offen, es gab nur gute Energie. Ich habe keinen Neid oder ähnliches gespürt. Im Gegenteil: Im Dschungel habe ich mich wohlgefühlt.

Das Buch "People of Deutschland" ist ab sofort erhältlich. Papis Loveday und 44 andere Prominente schildern darin ihre Erfahrungen mit Rassismus im Alltag.
Das Buch "People of Deutschland" ist ab sofort erhältlich. Papis Loveday und 44 andere Prominente schildern darin ihre Erfahrungen mit Rassismus im Alltag.
© PR

Gab es in diesem Jahr auch schon Rassismus-Momente?
Ich kann da jetzt nichts datieren. Aber es gibt einige Dinge, die werden nie wieder weggehen aus meinem Kopf, obwohl sie schon Jahre her sind. Wenn etwa im Supermarkt jemand sagt: "Hier geht’s dir besser als in deinem Heimatland, was?" Warum fragt derjenige nicht: "Wie geht’s dir?"

Stört es Sie denn generell, wenn Sie jemand fragt, woher Sie kommen?
Das kommt auf den Zeitpunkt an. Oft kommt das mit als erste Frage und da frage ich mich schon, was das soll. Ich denke mir: Bist du an mir interessiert und willst mich kennenlernen oder willst du dich nur als jemand Besseres selbst darstellen? Für mich ist das keine Frage zum Kennenlernen, sondern um sich zu vergleichen. Ich habe das Gefühl, dass sich der Fragende dadurch nur selbst höherstellen will.

Haben Sie da eine Strategie, wie Sie damit umgehen, wenn Ihnen so etwas passiert?
Ich versuche, respektvoll und verständnisvoll zu sein. Ich antworte auch: Ich komme aus dem Senegal. Doch eigentlich alle, die mich das direkt fragen, wollen mich nicht wirklich kennenlernen. Meistens kommt dann nur: Oh, okay.

Gibt es auch den umgekehrten Fall, dass Leute Ihnen gegenüber verklemmt auftreten, weil sie Angst haben, etwas Falsches zu Ihnen zu sagen?
Natürlich gibt es auch Menschen, die verklemmt sind. Aber wenn man offen und interessiert ist, findet man auch die richtigen Worte. Niemand sollte Angst vor mir haben. Wer Angst hat, macht Fehler. Man muss sich nur trauen, natürlich und authentisch zu sein.

Finden Sie, dass People of Colour in den Medien negativ dargestellt werden?
Ja, viele Ausländer werden wirklich sehr negativ dargestellt in der Presse und im Fernsehen. Dass Deutschland zuletzt mit dem Senegal etwa über Gaslieferungen gesprochen hat, wissen viele gar nicht. Ich hoffe, es gibt bald bessere Dokus über Afrika, die auch zeigen: Afrika ist schön. Und es überrascht mich an Deutschland, dass es hier so viel Rassismus gibt, wo doch im Grundgesetz an vorderster Stelle die Menschenwürde geschrieben steht.

Papis, Sie haben schon in verschiedenen Ländern gelebt, unter anderem in Frankreich und Deutschland: Würden Sie sagen, Deutschland ist rassistischer als andere Länder?
Ich glaube, in Deutschland ist es gerade wie in Frankreich vor 20 bis 30 Jahren. Dort war Frankreich noch ziemlich rassistisch. Heute haben sie gelernt, mit den Schwarzen zu leben und sie auch zumindest teilweise zu integrieren. In Deutschland scheint der Rassismus eher zuzunehmen. Als ich vor zwölf Jahren herkam, gab es noch keine AfD. Aber selbst wenn die AfD die nächste Bundestagswahl gewinnt, würde ich hier bleiben. Ich war nie einer, der wegläuft. Es wird immer Rassismus geben. Nur manche Leute können ihn gut verstecken.

Was braucht es, um den Alltags-Rassismus abzubauen? Glauben Sie, die inzwischen diversere Werbung hat einen positiven Einfluss darauf?
Die Werbungen, in denen wir vorkommen, sind doch nur Mode- und Lifestyle-Werbungen. Aber es sind keine normalen Werbungen wie etwa für Milch. Oder auch für Fußpilzmittel. Die Produkte existieren schließlich für alle Leute. Ich schaue jeden Abend die Tagesschau, das wurde mir vor Jahren in meinem Deutschkurs empfohlen. Und in den Minuten vor der Tagesschau kommt kein einziger Schwarzer vor, dabei ist das die am meisten beachtete Werbezeit. Das schaut jeder. Ich bin auch Fan. (Papis Loveday sagt feierlich auf:) "Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit der Tagesschau. Heute im Studio: Jens Riewa. Guten Abend, meine Damen und Herren." Aber Deutschland ist immer noch hinten im Vergleich zu vielen anderen Ländern, wenn es um diverse Werbung geht. Wo haben die Werbeagenturen ihre Augen?

Sie haben in Ihrem Buchartikel für "People of Deutschland" geschrieben, dass man als "schwarzes Model immer besser und witziger sein und die Sprachen können" muss: Sprechen Sie deshalb sieben Sprachen?
Ich musste immer mehr bieten als nur meine Schönheit, um auf dem Markt zu bleiben. Mehr arbeiten und mehr kämpfen, um sichtbar zu bleiben. Schwarze müssen mehr machen. Du musst mehr Potential in dir haben, als nur schön zu sein. Weiße Models dürfen einfach nur schön sein, die haben es einfacher.

Papis, stört es Sie, wenn man Sie mit Bruce Darnell vergleicht?
Als ich gerade erst neu in München war, wurde ich oft mit ihm verwechselt. Ich hatte sogar ein Shirt, auf dem stand: "Ich bin nicht Bruce Darnell." Ich meine, keiner vergleicht Heidi Klum mit Claudia Schiffer, nur weil beide blond sind. Ich mag einfach keine Vergleiche. In meiner Familie wurde ich immer mit meinen Brüdern verglichen und kam nie gut dabei weg. Ich war eben schon immer laut, schrill und feminin.

Haben Sie als Model Angst vor dem Altern? Dass Sie etwa keine Aufträge mehr bekommen?
Nein, ich habe keine Angst vor dem Altern, bei mir sieht man das nicht so. Und innerlich bin ich immer noch ein Baby. Das Alter macht mir nicht Angst, meine Kunden sehen das auch nicht. Ich muss echt meiner Mama für meine gute, faltenfreie Haut danken.

Seit 18 Jahren sind Sie mit Ihrem Partner liiert: Was ist das Geheimnis für so eine lange Beziehung?
Freiheit und Vertrauen. Und Respekt.

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