Der Graf von Unheilig "Ich will noch sehr lange Musik machen"

Der Graf kehrt neun Jahre nach seinem letzten Auftritt auf die Bühne zurück.
Der Graf kehrt neun Jahre nach seinem letzten Auftritt auf die Bühne zurück.
© Erik Weiss
Im Interview spricht der Graf über die Zeit nach dem Unheilig-Comeback und erklärt, was er im Vergleich zu früher anders machen will.

Immer wieder betonte der Graf, nicht mehr zurückkehren zu wollen. Im Februar überraschte der Frontmann von Unheilig dann auf Instagram mit einer Album- und Tour-Ankündigung. Am 13. März 2026 erscheint die neue Platte "Liebe Glaube Monster", schon davor gibt er einige Konzerte. Früher war er allein unterwegs, nun reisen seine Ehefrau und der gemeinsame Hund mit. "Das bedeutet mir alles", betont der Sänger im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news. Zudem spricht er darüber, ob nach dem Comeback eine weitere Pause ansteht und wie er seinen ersten Auftritt nach neun Jahren erlebt hat.

Nach neun Jahren Pause: Fühlt es sich für Sie eher wie ein Neuanfang an oder wie ein Anknüpfen an alte Zeiten?

Der Graf: Beides. Es ist ein Anknüpfen an alte Zeiten, aber zuerst kommt der Neuanfang. Und der fühlt sich super an. Es hat sich alles so für mich erfüllt, wie ich mir das gewünscht habe. Und ich habe ganz viele Leute wieder getroffen, die ich das letzte Mal vor zehn Jahren gesehen habe. Das war wirklich ein total emotionales Wiedersehen.

Ein Verdacht auf einen stillen Herzinfarkt hat zu Ihrem Comeback geführt. Wie gehen Sie jetzt damit um - achten Sie mehr auf sich selbst?

Der Graf: Ich hatte schon vorher immer wieder darüber nachgedacht, zurückzukommen. Die Entscheidung habe ich dann getroffen, als der Verdacht auf den stillen Herzinfarkt kam. Den habe ich nur bemerkt, weil ich ohnehin auf meine Gesundheit geachtet habe. Ich ernähre mich gesund, mache zweimal pro Woche Sport und habe zehn Kilo abgenommen. Trotzdem war mein Blutdruck immer an der Obergrenze. Vorher war alles noch im grünen Bereich, aber Ende letzten Jahres kam bei einer Vorsorgeuntersuchung der Moment, in dem es dann eskaliert ist. Seitdem nehme ich eine Tablette, und jetzt ist alles wieder gut. Und ich glaube, nach den ersten zwei, drei Konzerten bin ich auch konditionell wieder voll da. Es gibt kein besseres Training als ein Konzert.

Bei Ihrem Comeback-Auftritt bei der "Goldenen Henne" waren Sie sichtlich bewegt. Was ging Ihnen auf der Bühne durch den Kopf?

Der Graf: Mir gingen all die letzten Jahre durch den Kopf. All diese Ängste, dieses: "Irgendwas fehlt, will ich wieder Musik machen? Ich würde gerne, aber ich weiß nicht wie." Das große Wiedersehen und das Glück, dass sich die Leute über meine Rückkehr freuen, das alles kam da zusammen. Vor dem Auftritt gab es einen roten Teppich und ich habe so viele Menschen gesehen, die früher bei Konzerten immer in der ersten Reihe standen. Das war sehr schön. Vor dem Auftritt war ich dann ganz allein mit mir. Als Florian Silbereisen erzählte, wie ich im Krankenhaus Angst hatte, mein Leben nie mehr so führen zu können wie zuvor, ist alles hochgekommen. Ich habe geheult wie ein Schlosshund und habe es laufen lassen. Ich war sehr froh, dass ich danach trotzdem ein Wort herausgebracht habe.

Auf dem neuen Album erscheint das Lied "Mein Löwe", das Sie über Ihre Eltern geschrieben haben. Wie wichtig war Ihnen das?

Der Graf: Vor zehn Jahren waren meine Eltern noch so fit, dass alles möglich war. Ich konnte mit ihnen nach Österreich fahren und mit ihnen wandern gehen. Jetzt sind sie über 80 Jahre alt und das geht nicht mehr. Irgendwann geht es nicht mehr darum, wohin der Urlaub geht, sondern es geht darum, die Wohnung barrierefrei zu machen. Es stellt sich die Frage: Wie kann man den Eltern helfen, weil sie gewisse Dinge nicht mehr bewältigen können? Ich war froh, dass ich während dieser Zeit nicht auf Tour war und für sie da sein konnte. Ich war einfach Sohn. Aber das hinterließ auch Spuren bei mir.

Meine Mama war immer mein Löwe, weil sie von Sternzeichen Löwe ist, und hat mich immer unterstützt hat. Ohne sie würde ich keine Musik machen, weil sie alles dafür getan hat. Wenn der Löwe dann schwächer wird, ist das nicht einfach. Darüber habe ich das Lied geschrieben: Diese Veränderung im Leben und den Umgang als Kind damit. Es ist hoch emotional für mich und es war mir wichtig, es als Hommage an meine Mama zu schreiben.

Aus dem Album haben Sie bereits "Wunderschön" ausgekoppelt. Darin singen Sie: "Ein Lächeln, ein Blick und alles ist wieder da, so wie es früher war". Was wird sich trotzdem im Vergleich zur ersten Unheilig-Zeit ändern?

Der Graf: Es wird sich eine ganze Menge ändern. Nach meinem Krankenhaus-Aufenthalt habe ich zu meinem Manager gesagt: "Ich würde gerne wieder Musik machen, aber ich will es nicht mehr so machen wie früher." Ich habe meine Frau 2011 oder 2012 nur an zwei Wochenenden gesehen. Da habe ich gewusst, ich muss andere Prioritäten setzen. Früher haben wir Konzerte zudem selbst veranstaltet. Ich war für ca. 70 Leute verantwortlich, die für uns gearbeitet haben. Die davon gelebt haben, dass ich Lieder schreibe und dass sie den Leuten gefallen. Das hat mir schaflose Nächte bereitet. Ich habe dagelegen und gedacht: "Was ist, wenn mir mal keine Musik mehr einfällt? Dann wären sie alle arbeitslos." Der Druck war zu groß für mich.

Außerdem habe ich mein Privatleben aus der Öffentlichkeit gehalten. Jetzt sage ich klar: Ich habe eine Frau, die ich kenne, seit wir fünf sind. Sie kommt jetzt mit auf Tour. Mich hat das Alleinsein damals sehr belastet. Ich habe versucht, nach jedem Konzert nach Hause zu fahren, um wenigstens ein bisschen Familienleben zu haben. Alles zusammen hat dafür gesorgt, dass ich vor neun Jahren keine Lust mehr hatte.

Wie ist es für Sie jetzt, Ihre Frau und Ihren Hund auf der Tour bei sich zu wissen?

Der Graf: Das bedeutet mir alles. Ich habe meine Heimat dabei. Es hilft, wenn man nach den Auftritten auch mal Abstand von alldem gewinnt. Meine Frau kann mich aus dieser Blase rausholen. Ich kann wieder der Privatmensch sein und meinen Akku aufladen.

Haben Sie etwas Besonderes für die Konzerte geplant?

Der Graf: Ja, wir spielen ein, zwei neue Lieder bei den Shows. Primär geht es mir aber darum, dass die Menschen eine gute Zeit haben. Und ich auch. Den Anspruch habe ich und damit setze ich mich am meisten unter Druck.

Ist das Comeback auf längere Sicht geplant oder würden Sie sich eine weitere Pause nehmen, wenn es sich richtig anfühlt?

Der Graf: Ich will noch sehr lange Musik machen. Ich möchte nicht nur ein Album rausbringen und dann wieder verschwinden. Ich habe so viele Ideen gesammelt und so viele Lieder geschrieben. In drei Wochen sind 60 Songs entstanden. Da kommt noch ganz viel. Nach der "Liebe Glaube Monster"-Tour wird es aber eine Pause geben. Es ist ganz wichtig, erstmal wieder runterzukommen, um danach wieder Anlauf nehmen zu können. Dann kommt das nächste Album.

SpotOnNews

PRODUKTE & TIPPS