Von beiden Seiten wurden der neue Podcast "The Witch Trials of J.K. Rowling" erwartet. Beide Seiten – einmal jene, die Rowling unterstützend zur Seite steht sowie das Feld ihrer Kritiker und Kritikerinnen. In der Interview-Reihe spricht Rowling mit der Aktivistin und Journalistin Megan Phelps-Roper über die – weit gefasst – Genderdebatte. Rowling wird wegen diverser Aussagen und Tweets Transfeindlichkeit vorgeworfen.
J.K. Rowling spricht in Podcast-Reihe
"Ich hatte nie die Absicht, jemanden zu verärgern", ist die "Harry Potter"-Autorin im kurzen Trailer zum Interview zu hören. Anders als der Teaser andeutet, fällt der Begriff "Trans" in den ersten beiden Episoden der Podcast-Reihe fast gar nicht. Denn Phelps-Roper erzählt erstmal eine andere Geschichte. Die von Rowling selbst, die nach dem überraschenden Tod ihrer Mutter nach Portugal floh und dort einen Mann kennenlernte. Sie heiratete ihn, bekam nach einer Fehlgeburt eine Tochter. Doch die Ehe – das hat Rowling selbst bereits in der Vergangenheit erzählt – war von Gewalt und Bedrohung geprägt. Nach langer Zeit, in der sie in Angst vor ihrem Partner lebte, schaffte Rowling es, nach Schottland zu Verwandten zu ziehen.
Dort lebte sie als Sozialhilfeempfängerin in einem kleinen Ein-Zimmer-Apartment. Immer bei ihr: Das Manuskript, an dem sie seit Jahren arbeitete und das nach zwölf Absagen von einem Verlag gekauft wurde: "Harry Potter und der Stein der Weisen". Nur 500 Exemplare wurden im ersten Durchgang gedruckt. Der Name J.K. Rowling entstand aus dem Grund, dass Verleger davon ausgingen, mit dem Vornamen Joanne könnte die Autorin keine Bücher an Jungs verkaufen. Es müsse ein geschlechtsloser Name gefunden werden.
Doch "Harry Potter", die Geschichte des jungen Zauberlehrlings, sprach sich unter Kindern herum. Irgendwann wollten alle lesen, wie der kleine Junge es aus widrigen Umständen nach Hogwarts schaffte und gegen Lord Voldemort kämpfte. Rowling wurde zur erfolgreichsten Autorin aller Zeiten. So endet die erste Episode des Podcasts. Auch in der zweiten geht es nicht um Rowlings aktuelle Aussagen, sondern um den Skandal, den "Harry Potter" vor allem in den USA auslöste.
Sie warnt vor Schwarz-Weiß-Denken
Das Buch erschien zu einer Zeit, in der das Land gefühlt progressiv war. Das Internet entstand, Clinton war Präsident, führte den Juni als "Pride Monat" ein. Doch strenggläubige Christen sahen in alledem ein Problem – und eben auch in "Harry Potter". In der Bibel wird Zauberei und Hexerei klar als böse dargestellt. Für viele christliche Eltern in dem Land ein Grund, das Buch der Britin aus Schulbibliotheken verbannen zu wollen. Ihre Bücher wurden damals sogar verbrannt. "Es gibt kein Buch auf der Welt, das ich verbrennen würde. Nicht einmal Bücher, die ich schädlich finde. Bücher zu verbrennen ist etwas für Leute, die nicht argumentieren können", sagt Rowling selbst. Mit ihrer Retrospektive schafft Phelps-Roper die Grundlage für die Gegenwart.
Zu der kommen die beiden Frauen erst am Schluss von Episode zwei. "Sie scheinen wirklich ein tiefes Bewusstsein für diese Art von menschlichem Verhalten zu haben – die Versuchung, in diese sehr vereinfachende Schwarz-Weiß-Moral zu verfallen. Aber in den Büchern wird auch deutlich, dass es so etwas wie das Gute und so etwas wie das Böse gibt. Wie erkennt man, wann ein Verhalten auf die eine oder die andere Seite dieser Linie fällt?", wird Rowling von Phelps-Roper gefragt.
Die Erfolgsautorin erwähnt zwar nicht die Trans-Debatte, doch sie warnt vor angesprochenem Schwarz-Weiß-Denken. "Es gibt eine große Anziehungskraft – und das versuche ich in den Potter-Büchern zu zeigen – für Schwarz-Weiß-Denken", sagt sie. "Es ist der einfachste und in vielerlei Hinsicht der sicherste Ort, an dem man sein kann. Wenn man eine Alles-oder-Nichts-Position zu irgendetwas einnimmt, wird man mit Sicherheit Mitstreiter finden, man wird leicht eine Gemeinschaft finden. Was ich selbst sehr stark empfinde: Wir sollten uns selbst am meisten misstrauen, wenn wir sicher sind. Wir sollten uns selbst am meisten in Frage stellen, wenn wir einen Adrenalinstoß bekommen, weil wir etwas tun oder sagen." Sie selbst folge einer bestimmten Regel. "Viele Menschen verwechseln diesen Adrenalinstoß mit der Stimme des Gewissens. In meiner Weltanschauung spricht das Gewissen mit einer sehr kleinen und unbequemen Stimme, und normalerweise sagt es zu dir: 'Denk noch einmal nach, sieh genauer hin, überlege dir das.'"
Als Beispiel führt sie ihre Buchfigur Severus Snape an. Menschen hätten sie damals angefleht, sie möge den von Kindern anfangs verhassten Lehrer in eine eindeutige Kategorie stecken: Er sei böse. Doch Rowling betont im Podcast, dass Menschen zwar falsche Dinge getan haben können, sie jedoch nicht sofort schlechte Menschen seien. Sie seien immer noch fähig, Großartiges zu schaffen, so Rowling.
Haben die ersten Folgen einen Grundstein gelegt, dürfte es in den kommenden Episoden vermehrt um die tatsächliche Debatte gehen, die Rowling seit einigen Jahren umgibt.
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