Lange Zeit scheute James die Öffentlichkeit wie Fledermäuse das Tageslicht. Seine Familie besteht aus Stars, nicht nur der Vater, auch seine beiden Schwestern sind berühmt. Er nicht. Obwohl er ein McCartney ist. James, Sohn von Legende Paul, Bruder von Designerin Stella, zog es vor, zu kellnern und Kinokarten abzureißen, um zu überleben. Er weigerte sich, vom Vater Geld anzunehmen, scheute sich, mit Paul gesehen zu werden. Zu sehr hatten sich die beiden wegen Pauls zweiter Frau, Heather, überworfen. Jetzt läuft die Scheidung - und James und Paul McCartney nehmen gemeinsam eine Platte auf - in den berüchtigten Abbey Road Studios, die noch immer Pilger- und Belagerungsziel von Beatles-Fans sind.
Doch James ist nicht der einzige, der zu kämpfen hat. Im Vergleich zu Sänger Sting kommt sein Sohn Joe Sumner geradezu verschroben daher. Statt eines Rückzugs wählte er die offene Revolte: Lange zelebrierte er genüsslich musikalisches Desinteresse, um dann wegen des Nirvana-Albums "Bleach" Hardrocker werden zu wollen. "The Police interessiert mich nicht, die Musik gefällt mir nicht", posaunte er überall herum. Und jetzt - welch wundersame Wandlung - war seine Band Vorgruppe auf der Police-Comeback-Tour und spielte erstmals vor tausenden Fans.
Das Leben als Sohn
Vom Mythos des Vaters zu profitieren, war auch James Jagger, Sohn von Mick Jagger und Jerry Hall, alles andere als recht. Er gilt in der Londoner Society als Beau, und als er seinen Karrierestart als Laufstegmodel ankündigte, suggerierten die Medien - allen voran die englische "Vogue" - er tue dies nur, um Vater Mick zu ärgern. Dieser habe schließlich schon der Modelkarriere von Frau Jerry skeptisch gegenübergestanden. Jetzt hat sich der 22-jährige James fürs Schauspiel entschieden - und soll, Ironie des Schicksals?, in seiner ersten großen Rolle jemanden spielen, mit dem er im wirklichen Leben den Vergleich fürchtet: seinen Vater Mick. Der Film "Rolling Stoned" handelt von der Anfangszeit der Band und basiert auf Erinnerungen des ehemaligen Managers Andrew Loog Oldham.
Doch während sich bei James Jagger die Dinge wandeln, und er sich mit Begeisterung in das Filmprojekt stürzt, hat Joe Sumner noch einiges zu verarbeiten. Nach einer Jugend, in der er sich das Haar lang wachsen ließ und nach eigenen Angaben "nicht mehr in ganzen Sätzen zu sprach ", kam die Flucht nach London. Dort studierte er an der Richmond University Umweltwissenschaften. Er wollte Aktivist werden. Etwas machen, was sein überpräsenter Vater noch nicht für sich entdeckt hatte. Und auch jetzt, nachdem "The Police" seiner unbekannten Band "Fictionplane" zu ein wenig Ruhm verholfen hatte, bleibt er von pubertärer Sturheit - mit 31 Jahren. Der "Passauer Neuen Presse" hatte er vor dem gemeinsamen Konzert in München gesagt: "Das Ziel, warum man in einer Rockband spielt, ist, Musik zu machen, die man liebt. Und zwar vor so vielen Menschen wie möglich. Und nun gab es die Möglichkeit, vor Tausenden zu spielen ..." Von Stings Privatleben ist wenig bekannt, sodass man nur mutmaßen kann, wie sein Familienleben ist. Kühl jedoch spricht Joe von seiner Beziehung zum Vater und ihre gemeinsame Leidenschaft. Auf die Frage, ob er mit seinem Vater über Musik spreche, antwortete er: "Er bewegt sich dafür auf einem zu hohen Level. Und da haben die Menschen oft sehr festgefahrene Meinungen."
Im Schoß der Familie
Im Hause McCartney lebt der Geist von Pauls erster Frau Linda fort. Sie soll eine freundliche, liebevolle und stille Dame gewesen sein - und James sei genauso, heißt es. Während die beiden älteren Schwestern Stella und Mary wie Vater Paul das grelle Scheinwerferlicht suchten, wählte James das einfache zurückgezogene Leben. Als Jüngster - Mary und Stella sind acht und sechs Jahre, Lindas erste Tochter Heather 16 Jahre älter - lebte er noch bei den Eltern auf dem Landsitz in Peasmarsh, East Sussex, als bei Linda Krebs diagnostiziert wurde. James fand Trost in der Musik, er ist ein begnadeter Gitarrist. Mit seinem Vater produzierte er einige Songs, die später auch auf McCartneys Album "Flaming Pie" zu hören waren. Einen Monat bevor sie starb, nahm er mit seiner Mutter ihr gemeinsames Lied "The Light Comes Within" auf. Der große Zusammenhalt zeigte sich, als die Familie für Lindas letzte Wochen auf der Ranch in Arizona lebte. Als nach ihrem Tod die Mädchen wieder nach London zurückkehrten, gingen Paul und James nach Peasmarsh und streuten Lindas Asche über einen ihrer liebsten Spazierwege. Die beiden Männer schliefen in einem Raum und verarbeiteten den immensen Verlust, indem sie Songs über Linda komponierten.
Wäre nicht Heather dazwischengekommen, hätten Paul und James vermutlich weiter eine innige Beziehung gelebt. So aber zog er vom Elternhaus in die verschlafene Küstenstadt Brighton, um zu studieren. Er konnte seinem Vater nie verzeihen, dass er eine neue Frau gefunden hatte. "James hasste Heather von Anfang an", berichten Freunde. Er mied jeden Kontakt, hielt den Vater auf Distanz. Nun ist er zurück - und steht Paul McCartney zur Seite, so wie nach Lindas Tod. Paul dankt es ihm - und schwärmte gegenüber dem "Billboard Magazine" von seinem Talent: "Er macht alles, er komponiert alles. Es ist sensationell."
Bei allen Turbulenzen und Schwierigkeiten scheint den Vätern aber ein gutes Verhältnis zu den Kindern am Herzen zu liegen. Stolz brüsten sich die alten Meister mit dem Nachwuchs, wollen ihrem Talent auf die Sprünge helfen. Selbst der rauchige Mick Jagger kann nicht umhin, laufend für seinen James Reklame zu machen. Nach einer Theatervorstellung gratulierte Mick seinem Sohn per SMS: "Du warst großartig." Und dann: "Ganz viel Liebe, Dad."