Zeugenaussagen Geld, Macht, Einfluss: Wie das System Epstein funktioniert hat

Jeffrey Epstein
Jeffrey Epstein wurde 2008 wegen der erzwungenen Prostitution einer Minderjährigen verurteilt, nahm sich 2019 das Leben
© ZUMA Press / Imago Images
In kürzlich veröffentlichen Gerichtsdokumenten rund um Jeffrey Epsteins kriminelle Machenschaften fallen die Namen zahlreicher mächtiger Menschen. Das sorgt für Aufregung. Vor allem, weil die Dokumente erneut das System Epstein beleuchten. 

Zur Rechenschaft wird Jeffrey Epstein nicht mehr gezogen. Nachdem er sich 2008 bereits der erzwungenen Prostitution einer Minderjährigen schuldig bekannte, nahm er sich 2019 in einem New Yorker Gefängnis das Leben, bevor er sich erneut vor Gericht hätte stellen müssen. 2021 wurde seine Komplizin Ghislaine Maxwell schuldig gesprochen. Die Britin wurde zu 20 Jahren Haft verurteilt. Immer mehr Details werden bekannt, die Aufschluss geben darüber, wie das "System Epstein" funktioniert hat. 

Das System von Jeffrey Epstein und Ghislaine Maxwell

So sorgen aktuell Gerichtsdokumente für Aufsehen, die bisher verschlüsselt waren und jetzt öffentlich gemacht wurden. Sie stammen aus einem Zivilstreit zwischen Maxwell und Epsteins mutmaßlichem Opfer Virginia Giuffre aus dem Jahr 2015. Sie enthalten unter anderem Zeugenaussagen sowohl von Giuffre als auch von anderen Frauen, die von Epstein und Maxwell angestellt wurden. 

In den Dokumenten fallen die Namen vieler bekannter Menschen. Bill Clinton wird mehrfach erwähnt. Zeugin Johanna Sjoberg sagte aus, Epstein habe ihr erzählt, dass "Clinton sie [Mädchen, Anm. d. Red] jung möge". Auch Donald Trump kommt vor. Zeugin Sarah Ransome schrieb in einer Mail an eine Journalistin, der ehemalige Präsident habe "mit vielen Mädchen" Sex gehabt. Und auch die Namen von anderen Promis werden teils beiläufig genannt. Heidi Klum, weil sie laut einer Zeugin auf Epsteins Partys gewesen sein soll. Klum selbst dementiert, den verstorbenen Unternehmer gekannt zu haben. Michael Jackson soll zu Gast bei Epstein gewesen sein, ebenso Zauberer David Copperfield. 

Keinem der Genannten werden kriminelle Verbrechen vorgeworfen. Und doch ergibt sich aus den Akten ein klares Bild von Epsteins Welt. Der Unternehmer rühmte sich mit seinen hochkarätigen Kontakten. Laut Sjoberg prahlte er damit, Donald Trump zu kennen und ihn ohne Schwierigkeiten anrufen zu können, um einen Besuch ins Trumps Kasino in Atlantic City zu organisieren. Auch seine Freundschaft mit Prinz Andrew brachte ihm Ansehen ein. Einen Royal auf seiner Seite zu haben – das macht sich gut. Jeffrey Epstein hatte ein enormes Vermögen. Er verfügte über Immobilien, einen Privatjet und sogar eine eigene Insel. Seine Kontakte und sein Geld halfen anscheinend dabei, sein System aufrechtzuerhalten. 

Geld und Einfluss

Wie gleich mehrere Zeuginnen in den veröffentlichten Unterlagen erklären, wurden sie als junge Frauen oder Mädchen – meist von Ghislaine Maxwell – angeworben. So erzählte Sjoberg, Maxwell habe sie auf ihrem Uni-Campus angesprochen und gefragt, ob sie etwas Geld dazuverdienen wolle. Maxwell habe sie dann in Epsteins luxuriöses Anwesen in Palm Beach gebracht, wo sie den Unternehmer traf. Aus Haushaltstätigkeiten wurden schnell Massagetätigkeiten. Und es dauerte nicht lange, da merkte Sjoberg, dass Massage in der Epstein-Welt für sexuelle Dienste stand. Teilweise wurden Schülerinnen in ihren High Schools angesprochen. 

Aus den Zeugenaussagen geht außerdem hervor, dass die jungen Frauen beauftragt wurden, selbst Freundinnen für den Job zu rekrutieren. So waren stets Dutzende Mädchen und Frauen als Masseurinnen angestellt. Ihre Arbeit konzentrierte sich allerdings nicht auf Palm Beach. Stattdessen flogen die jungen Frauen mit Epstein und Maxwell von Ort zu Ort. 

Verbindung zu Prinz Andrew

In ihrer jetzt veröffentlichten Zeugenaussage sagte Virginia Giuffre 2015, sie sei von Epstein an mehrere mächtige Männer verkauft worden. "Wurden Ihnen von oder im Namen von Jeffrey Epstein 10 bis 15.000 Dollar für den Sex mit Prinz Andrew gezahlt?", wird sie in einer Vernehmung gefragt. "Ja, ich habe 15.000 Dollar erhalten. Ich weiß nicht, was der Gegenwert in Pfund ist. Ich habe es in amerikanischen Dollar erhalten", so Giuffre. Sie sei damals 17 Jahre alt gewesen. Prinz Andrew streitet noch immer vehement ab, Giuffre überhaupt jemals getroffen zu haben, zahlte aber mehrere Millionen Pfund, um einen Zivilstreit mit ihr beizulegen. 

In der Befragung behauptete Giuffre außerdem, von Epstein an einen mächtigen Mann verkauft worden zu sein. Sie habe den Mann in Südfrankreich getroffen. "Er sprach eine fremde Sprache, er sprach auch Englisch, aber ich bin mir nicht ganz sicher, woher er kam... Er wurde mir als ein Prinz vorgestellt", sagte sie. 

Obwohl die jüngst veröffentlichten Dokumente nur teilweise neue Erkenntnisse liefern, geben sie einen Eindruck darüber, was für das Funktionieren des Epstein-Systems entscheidend war: Ohne Geld, ohne Macht, ohne Einfluss in der High Society hätte es wohl nie über Jahrzehnte aufrechterhalten werden können. 

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