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Prinz Harrys Autobiografie Royal-Autor: "Ich erwarte einen Schwall Selbstmitleid"

Prinz Harry und Herzogin Meghan bei der Beerdigung von Queen Elizabeth II.
Prinz Harry und Herzogin Meghan bei der Beerdigung von Queen Elizabeth II.
© i Images / Imago Images
Queen Elizabeth II. ist tot, König Charles III. regiert – aber die Schlagzeilen beherrschen einmal mehr Prinz Harry und Herzogin Meghan. Autor Robert Hardman über das Leben hinter den Palastmauern. Und die berühmtesten Exil-Windsors.

Robert Hardman gehört zu Großbritanniens erfahrensten Königshaus-Kennern. Seit Jahrzehnten berichtet er über das Leben der Windsors. Er spricht mit dem stern über das Vermächtnis von Queen Elizabeth II., "The Crown" sowie das Leben und Wirken von Prinz Harry und Herzogin Meghan.

Mr. Hardman, drei Monate sind seit dem Tod der Queen vergangen. Vermissen Sie sie?

Ja, ich denke, das tun wir alle. Es ist merkwürdig. Ich habe erst vor Kurzem bei einer Konferenz gesprochen und dabei ist mir aufgefallen, ich rede in der Gegenwartsform von ihr. Wir nennen den König auch immer wieder Prinz Charles. Wenn jemand über die Prinzessin von Wales spricht, denke ich sofort an Diana. Die Queen ist nach wie vor in unserem Geist.

Der Übergang von Queen Elizabeth II. zu König Charles III. schien von außen recht geräuschlos vonstatten gegangen zu sein. Das war schon überraschend, wenn man bedenkt, wie unbeliebt Charles viele Jahre gewesen ist. Wie haben Sie den Thronwechsel erlebt?

Es ist interessant, dass Sie das sagen, denn ich hatte den gleichen Eindruck. Ich hatte das Gefühl, dass Schwierigkeiten lauern würden. Ich bin davon ausgegangen, dass in Großbritannien in diesem Moment die Republikaner und Linken sagen würden: Jetzt reicht es! Es ist Zeit für Veränderung, lasst uns abstimmen. Und ich dachte, dass es in anderen Teilen des Königreichs organisierte Proteste geben würde. Dort, wo Charles noch König ist. Aber das ist alles nicht passiert. Es gab überall einen großen Respekt und Zuneigung für die Queen. Und es ging sogar noch tiefer, es gab eine riesige Akzeptanz dafür, dass die Institution in schwierigen Zeiten wichtig war in Sachen Kontinuität und Stabilität.

Die Queen hatte eine mysteriöse Aura. Wir wussten nie, was sie über bestimmte Dinge dachte, denn sie hat nie Interviews gegeben oder sich auf anderen Wegen über Politik oder gesellschaftliche Themen geäußert. Charles als Prinz von Wales schon. Finden Sie, wir wissen zu viel von ihm?

Nein, das glaube ich nicht. Jeder Monarch ist anders und jeder ist ein Monarch seiner Zeit. George V. und George VI. waren ein bisschen so wie Charles. Es war in Regierungskreisen wohlbekannt, dass sie Diskussionen mit den Premierministern hatten. Sowas gab es bei der Queen nicht, aber ich würde sagen, sie war die Ausnahme. Es gab zwei unterschiedliche Königinnen, die öffentliche war recht ernst, diskret, freundlich, aber königlich und die öffentliche Queen hat häufiger gelächelt, war humorvoller, aber auch schroffer. Ansonsten war sie dieselbe. Man wusste, was man mit ihr bekommt. Es ist erstaunlich, wie sehr sie die Monarchie verändert hat. Vermutlich mehr als jeder Monarch seit George III., sicherlich mehr als Queen Victoria. Sie hat alles reformiert – diskret, ruhig, ohne groß Trara.

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Wie schwer ist es für Royals heutzutage, relevant zu bleiben, den Anschein von Besonderem aufrechtzuerhalten und gleichzeitig nahbar zu sein?

Ich nenne es das königliche Paradox. Wir wollen, dass die Königsfamilie so ist wie wir und gleichzeitig total anders. Wir mögen es nicht, wenn sie viel Geld kostet, aber werden böse, wenn sie nicht in Kutschen fährt und Juwelen trägt. Das ist das Paradoxe und so war es schon immer. Die Queen hat verstanden, dass es so etwas wie einen Vertrag gibt: Ja, sie hatte ein sehr schönes Leben in einem Palast, wo sie viele Menschen bedienten. Kein Wagen, kein Zug oder Flugzeug würde ohne sie starten. Im Austausch war sie an einem nassen Mittwoch unterwegs und spazierte durch Yorkshire oder sie war erkältet und wäre am liebsten zu Hause geblieben und hätte das Pferderennen angesehen. Aber sie konnte sich nicht krankmelden, sondern musste trotzdem ihre Termine absolvieren. Du musst den Leuten das Gefühl geben, dass du im Dienst des Landes stehst, zu Recht und hilfreich. Die allermeisten Bürger in Großbritannien haben dieses Empfinden immer noch.

Sind Sie der Meinung, dass ein Unverständnis für diesen Vertrag das Problem mit dem Herzog und der Herzogin von Sussex war?

Ja, das glaube ich. Ich erinnere mich an ihre Hochzeit nach einer schwierigen Zeit mit dem Brexit und dem schottischen Unabhängigkeitsreferendum. Plötzlich gab es da diesen einen sonnigen Tag, an dem alle zusammenkamen. Es war großartig! Wir haben diese völlig neue Prinzessin willkommen geheißen. Es sah vielversprechend aus – und ist schnell kaputt gegangen. Wir wissen immer noch nicht so recht warum. Ich schätze, wir werden mehr herausfinden, wenn im Januar Harrys Buch erscheint. Es war vermutlich das Aufeinanderprallen von unterschiedlichen Kulturen. Sie dachten, es wird so laufen, wie sie es wollen. Aber so funktioniert es nicht. Schon in ihrem Verlobungsinterview haben sie viel davon gesprochen, was sie alles ändern wollen. Und ich dachte, dass sie das ganz schnell ablegen müssen. Die Monarchie verändert sich zwar, aber sie treibt keine Veränderung voran. Das ist Politik, das ist Campaigning. Die Royal Family versteht das, die Sussexes nicht.

Sie haben Prinz Harrys Buch erwähnt. Viele Royal-Fans und -Kommentatoren erwarten eine Abrechnung mit der Königsfamilie. Was denken Sie?

Anhand des Buchtitels erwarte ich einen großen Schwall Selbstmitleid. Es kommt von der Prämisse des "Underdogs", wie wir sagen, des "Losers". Das lässt nichts Gutes erahnen. Ich habe es natürlich noch nicht gelesen, aber ich wäre persönlich sehr überrascht, wenn er die Familie attackiert. Er wird unglaublich verärgert über die Medien sein und starke Aussagen über die Personen im Palast tätigen. Es wäre dumm, die Brücke zu seinem Vater und Bruder niederzureißen.

"Underdog", "Loser" – Sie begleiten die Royal Family bereits seit vielen Jahren, wie würden Sie Prinz Harry charakterisieren?

Ich würde ihn heute als fehlgeleitet bezeichnen. Viele sind wütend über das, was er getan hat, aber das bin ich nicht. Ich bin traurig. Es ist eine Verschwendung. Sie hätten ein großartiger Gewinn für die Monarchie, das Land, ihre Anliegen und sich selbst sein können. Sie waren in solch einer starken Position. Als Kind war Harry immer der freche Schelm, William war der Ernsthafte. Es war ein bisschen so wie bei der Queen und ihrer Schwester Margaret. Harry hatte in der Schule ein bisschen zu kämpfen, aber er ist kein Dummkopf. Er hat eine gute emotionale Intelligenz. Ich habe ihn bei Events beobachtet und er kann einfach gut mit Menschen umgehen. Er hat nicht studiert, sondern ging zum Militär. Plötzlich gab es etwas, worin er brillant war. Ich glaube, es hat ihm viel bedeutet, Teil dieser "Familie" zu sein. 2012 gab es einen entscheidenden Moment. Queen Elizabeth II. feierte ihr Thronjubiläum. Am Ende der Festlichkeiten traten sie, Prinz Philip, Prinz Charles, Herzogin Camilla, Prinz William, Herzogin Kate und eben Harry auf den Balkon vom Buckingham Palace. Niemand sonst. Das war ein starkes Statement: Dies ist die Monarchie der Zukunft. In diesem Sommer fand Olympia in London statt. Sie erinnern sich bestimmt an den Stunt von Daniel Craig als James Bond mit der Queen. Die Veranstaltung wird traditionell vom Staatsoberhaupt beendet. Aber die Königin wollte es nicht machen, sondern wählte Harry aus. Wie wir später erfuhren, stand er kurz davor, nach Afghanistan zu einem Einsatz geschickt zu werden. Es war ihr Weg, ihm ihr Vertrauen auszusprechen. Bevor er dorthin flog, unternahm er einen Trip nach Las Vegas. Es endete darin, dass Harry mit anderen Party machte und eine Frau ein Bild von ihm ohne Kleidung schoss. Es spielte eigentlich keine Rolle, aber er nahm es übel. Auf einmal wurde aus dem glücklichen Harry der verärgerte, bittere Harry. Er gab den Medien die Schuld, dabei war es keine Paparazzi-Aufnahme, sondern wurde von einem seiner Freunde gemacht und publiziert. In dieser Zeit rief er die "Invictus Games" ins Leben, ein riesiger Erfolg. Wenn ich daran zurück denke, dann war er ein eindrucksvoller Typ und wie schade es ist, dass er jetzt in Kalifornien sitzt und sagt, was für ein schreckliches Leben er hatte. Es ist wirklich Vergeudung! Aber er könnte zurückkehren ...

Glauben Sie?

Ja, das könnte passieren. Alles ist möglich.

Bevor die letzte Staffel von "The Crown" erschien, gab es viel Gerede darüber, dass Harry und Meghan ihren Netflix-Deal nicht hätten absagen müssen. Denn es gab viel Kritik daran, wie vor allem Prinzessin Diana porträtiert wird, kürzlich filmten sie sogar ihren tödlichen Unfall.

Ja, das ist sicherlich eine Frage, die die beiden noch beantworten müssen. Die Serie geht tatsächlich mit beiden Elternteilen unversöhnlich um. Er könnte sagen, das sei Meinungsfreiheit und er sei nicht so empfindlich, wie andere sagen. Aber er beschwert sich schnell, wenn es um die falsche Darstellung in anderen Medien geht. Ich finde, es macht es ihm schwer, sich über Medienangriffe zu beklagen, wenn er Teil der Medien ist, die attackieren.

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