Es ist eine kleine Sensation, die in einem Gerichtsverfahren des britischen Prinzen Harry herausgekommen ist. Sein Bruder und künftige König Prinz William soll eine "sehr große Summe" an Schadensersatz erhalten haben, weil sein Telefon abgehört worden war. Dafür verzichtete er auf ein öffentliches Verfahren gegen ein Medienhaus. Die Grundlage dafür soll ein fast 30 Jahre altes Geheimabkommen des Königshauses sein.
Das geht offenbar aus Gerichtsunterlagen hervor, die mehreren britischen Medien vorliegen. Prinz Harry klagt gegen das Rupert Murdoch gehörende Medienunternehmen News Group Newspapers (NGN). Der Klageschrift zufolge hatte Prinz William ein ähnliches Verfahren 2020 verhindern können, indem er eine nicht im Detail genannte Schadensersatzsumme vom Verleger der "News of the World" und der "Sun" erhielt. Jetzt scheint Harry ein ähnliches Arragemente anzustreben.
Geheimabkommen im Auftrag der Königin
Mit Segen der damals noch lebenden Königin Elizabeth habe Harry sich offenbar ebenfalls an das Murdoch-Unternehmen gewandt. Wie bei seinem Bruder geht es um einen Hack von Telefonen durch Mitarbeiter des Verlags. Dem "News of the World"-Reporter Clive Goodman war es gelungen, Zugang zu den Mailbox-Systemen der Prinzen zu gelangen. Dadurch konnte er private und teils hochsensible Einblicke in das Leben der Prinzen erlangen. Zudem wirft Harry den Zeitungen vor, auch auf anderen Wegen private Informationen aus seinem Leben beschafft zu haben.
Der Prinz beruft sich in seiner Klage auf einen "geheimen Deal", den das Königshaus bereits in den Neunziger Jahren mit dem Medienhaus abgeschlossen haben soll. Demnach können die Royals sich an die Zeitungen wenden und für ausgewählte Teile der Berichterstattung einen Schadensersatz und eine spätere Entschuldigung fordern – und dafür auf eine reguläre Klage verzichten. Seinen Angaben nach sei die Zeitung der Forderung seiner Bruders nachgekommen, in seinem Fall hätten sie den Deal allerdings nicht eingehalten.

"Tampongate" als Auslöser
Den Unterlagen zufolge geht die geheime Vereinbarung auf den als "Tampongate" bekannten Fall zurück. Damals war es Reportern gelungen, eine Aufzeichnung eines hochgradig intimen Gesprächs zwischen dem heutigen König Charles und seiner zweiten Frau Camila zu erlangen. Im Rahmen eines Prozesses kam es 1993 auch zu einer Zeugenaussage des damaligen Prinzen. Dass der zu diesem Zeitpunkt noch mit Prinzessin Diana, der Mutter von William und Harry, verheiratete Charles auch zu schlüpfrigen Details der Aufnahme aussagen musste, hatte im Palast für viel Aufregung gesorgt. Um eine solche Blamage in Zukunft zu verhindern, war es schließlich zu dem bislang geheim gehaltenen Abkommen mit den Medien gekommen, beschreibt Harrys Klageschrift.
Nach Angaben des Prinzen hatte er sich 2017 wie sein Bruder an den Murdoch-Konzern gewandt. Mehrere Treffen mit der britischen Chefin seien aber ergebnislos geblieben. Damit habe die Firma ihren Teil des Deals nicht eingehalten, argumentiert die Klageschrift. Dass der Prinz nicht früher rechtliche Schritte gewählt habe, liege daran, dass die Vereinbarungen diese Möglichkeit verzögert hätten, schreibt die "BBC".
Verlag leugnet Absprache
Die Mediengesellschaft widerspricht indes der Darstellung des Prinzen grundlegend. Ein solches Geheimabkommen habe es nie gegeben, betonte ein Sprecher des Unternehmens gegenüber dem "Guardian". Viele der von Harry erhobenen Vorwürfe reichten bis zu 20 Jahre zurück. "Die Sun erkennt keinerlei Verantwortung an und gibt keinen der Vowürfe zu", so der Sprecher.
Sowohl für den Prinzen als auch das Medienhaus sind es nicht die einzigen Verfahren. Neben NGN verklagt Harry aktuell auch noch die "Daily Mail" und den "Daily Mirror" wegen ähnlicher Vorwürfe. Das Murdoch-Imperium hingegen konnte erst letzte Woche eine Klage des Unternehmens Dominion klären. Der Hersteller hatte mehr als eine Milliarde Dollar Schadensersatz verlangt, weil zahlreiche Moderatoren des Murdoch-Senders "Fox News" dem Hersteller von Wahlautomaten Manipulationen bei der letzten US-Präsidentschaftswahlen vorgeworfen hatten, ohne diese beweisen zu können. Am Ende konnte man sich außergerichtlich einigen: "Fox News" zahlte letztlich 787,5 Millionen Dollar.
Wäre Harry erfolgreich, würde das den Konzern nicht in Ansätzen so teuer zu stehen bekommen. Nach Angaben des "Guardian" verlangt er mit 200.000 Pfund (etwa 225.000 Euro) nur einen Bruchteil dieser Summe. Dem Prinz geht es ums Prinzip. "Verbrechen darf sich nicht auszahlen", heißt es in der Klageschrift. Das Verfahren wird für Anfang nächsten Jahres erwartet.