TV-Kritik Brigitte Nielsen kriegt ihr Fett weg

  • von Katharina Miklis
Das Leben kann so ungerecht sein: Das, was Brigitte Nielsen im Hirn zu wenig hat, hat sie auf den Hüften zu viel. In der vierteiligen RTL-Doku "Aus alt mach neu" wird die Ex von Sylvester Stallone nun im deutschen Fernsehen generalüberholt - und lässt sich bei der Gelegenheit das letzte bisschen Würde gleich mit absaugen.

Amerika ist schuld. Mal wieder. Am Irakkrieg, dem Hunger in der Welt und an der Verfettung der Brigitte Nielsen. Es ist 19.45 Uhr im Vorabendprogramm von RTL. Das 44-jährige (hüstel) Ex-Model, Ex-Sexbombe und Ex von Sylvester Stallone liegt wie ein "erschossenes Walross" (O-Ton) auf dem OP-Tisch einer Darmstädter Klinik und verflucht den "American way of life", der sie so fett gemacht hat. Während sie schimpft, wird literweise blutige Fettgrütze aus ihrem Po in dafür vorgesehene Kanister gesaugt. Später sollen diese Po-Reste in Nielsens Gesicht gespritzt werden. Und es geht noch schlimmer: Ein Teil soll auch versteigert werden.

Boxenstopp à la Hollywood

Aber noch einmal ganz von vorne: Eigentlich möchte man meinen, RTL habe genug Renovierungsshows im Programm. Der Trend, der vor einigen Jahren mit Tine Wittlers "Einsatz in vier Wänden" begann, fand gestern Abend seinen vorläufigen Höhepunkt in "Aus alt mach Neu - Brigitte Nielsen in der Promi-Beauty-Klinik". In der vierteiligen Reality-Serie lässt sich das Ex-Model der 80er, das vor 20 Jahren für Armani und Versace arbeitete, generalüberholen. Nicht dieser Botox-Pillepallekram. Nein, das ganze Programm: Fettabsaugen an Po, Oberschenkeln und Knien, Bauchstraffung, neue Zähne, Facelifting und die 20 Jahre alten Silikonhupen werden auch ausgetauscht. Boxenstopp à la Hollywood. Nur, dass das ganze nicht in den USA stattfindet, sondern in Deutschland. In der Darmstädter Rosenpark Klinik. Und die Macher von RTL "Exklusiv", die ihre Schamgrenze morgens beim Pförtner abgeben, sind die ganze Zeit mit der Kamera dabei.

Zur familienfreundlichsten Sendezeit, am Sonntagabend um 19.05 Uhr, startete gestern Abend der ganz normale RTL-Vorabendwahnsinn mit einem Besuch von Brigitte Nielsen bei Jackie Stallone, der Mutter von Nielsens Ex-Ehemann "Rocky" in Hollywood. Hier muss der tapfere Zuschauer zum ersten Mal schlucken, denn Mama Stallone sieht aus wie eine missglückte Kreuzung aus Michael Jackson, Stephen Kings "Es" und einem ausgedienten Fahrradschlauch. Angeblich soll sie Hollywoods Orakel sein und legt ihrer Ex-Schwiegertochter die Karten: Alles in Ordnung, Nielsen darf nach Deutschland fliegen. Die größte Sorge der gebürtigen Dänin: So auszusehen wie ihr Verflossener: "Sylvester sieht nach seinen Operationen so unnatürlich aus. Deswegen fliege ich nach Deutschland. Die machen das viel besser als in den USA".

Hirnabsaugung im ganz großen Stil

In Darmstadt angekommen wird die Doku-Soap erst einmal unnötig in die Länge gezogen. Schließlich wollen vier Folgen in gähnend langweiliger RTL-"Exklusiv"-Manier gefüllt werden. Und so geht sich die Nielsen in einem Darmstädter Kaufhaus einen Schlafanzug und eine Karaffe für ihr Po-Fett kaufen. Dann folgen die Vorgespräche mit Dr. Gerhard Sattler, der bei Nielsens Körper eine "starke Bauchverfettung" bemerkt haben will. Dabei hat die 44-jährige Mutter von vier Kindern eigentlich einen - ihrem Alter angemessenen - schönen Körper. Frau Nielsen jedoch will die letzten 20 Jahre ungeschehen machen und hat klare Vorstellungen: "Machen sie aus mir eine Barbiepuppe" und: "Ich will, dass man hier zwei Tassen Espresso abstellen kann - ohne BH" und zeigt auf ihr Dekolleté. Gesagt, getan, nach einer Stunde sinnlosem RTL-Geplänkel fließt das erste Fett. Und die sonst so aufgedrehte Nielsen wird ein bisschen ruhiger, als würde ihr Dr. Sattler mit dem Fett auch das letzte bisschen Hirn aus dem Po saugen.

Bereits im Vorfeld der Reality-Soap hatte es viel Kritik gegeben. CDU-Politikerinnen hatten RTL-Chefin Anke Schäferkordt in einem Brief aufgefordert, die Sendung doch wenigstens von 19 auf 23 Uhr zu verschieben. Doch RTL ließ nicht mit sich reden. Menschenwürde verletze man nicht, schließlich wisse Frau Nielsen ganz genau, was sie da tue, hieß es aus der Senderzentrale in Köln. Wie heuchlerisch das ist, zeigt die Tatsache, dass nur drei Wochen später auf dem Musiksender MTV eine weitere Doku über Nielsen laufen wird. Eine, die Nielsen bei ihrem Alkoholentzug in einer amerikanischen Klinik begleitet. Immerhin: Auf blutige Darstellungen sollte bei der "Beauty-Doku" aus Jugendschutzgründen verzichtet werden und RTL will sich auch kritisch gegenüber Schönheitsoperationen äußern. Davon war in der ersten Folge allerdings gar nichts zu sehen, auch wenn die Nahaufnahmen von Mama Stallone durchaus als abschreckendes Beispiel gelten können.

Unerwartet fällt dann doch noch ein einigermaßen sinnvoller Satz während der ersten Folge: Mama Stallone spitzt hinter Nielsens Rücken die Schlauchboot-Lippen und spricht aus, was nicht nur auf Nielsen sondern auf die ganze Produktion zutrifft: "Ganz ehrlich: Was die am dringendsten braucht, ist ein Gehirnlifting". Danke Mama Stallone für so viel Scharfsinn.

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