Universal Studios Brandruine lockt Besuchermassen

  • von Frank Siering
The Show must go on. Dieser Satz ist nirgendwo sonst so zutreffend wie in Hollywood. Nur einen Tag nach dem verheerenden Feuer in den Universal Studios standen die Besucher schon wieder Schlange. Denn statt die Brandstellen abzusperren, machen sie die Reiseleiter zu einer Hauptattraktion des Rundgangs - nicht ganz ungefährlich.

Pünktlich um 10.30 Uhr rumpelt der Tourbus mit den drei offenen Anhängern im Schlepptau los. "Welcome, Willkommen, Bonjour, Kunitschiwa", die Stimme des Reiseleiters klingt fröhlich und aufgeweckt. Rund 150 Touristen bereiten ihre Kameras für den Einsatz vor. Wie immer, wenn sich die Bimmelbahn der Universal Studios in Hollywood auf Touri-Tour über das riesige Gelände begibt. Nur eines ist heute anders als sonst. Die vielen Feuerwehrmänner, die in voller Montur über das Gelände wandern, wirken ungemein echt. Und auch die lodernden Aschenhügel und die verkohlten Holzbalken scheinen zu realistisch. Das muss auch Yoshi Nakamura aus Tokio feststellen und blättert eifrig in der Park-Broschüre, um nach einer Erklärung zu suchen. Die erhält er wie auch die anderen Touristen vom Reiseleiter. "Die Feuerwehrmänner gehören nicht zu den Studios. Die sind echt. Und auch der Qualm ist nicht kuenstlich." Es handelt sich viel mehr um die Rudimente des Millionenfeuers, das noch am Sonntag über das Gelände fegte und unter anderem die Filmsets von "King Kong" und "Zurück in die Zukunft" zerstört hat.

Tatsächlich haben es die Manager der Universal Studios geschafft, nur einen Tag nach dem Flammeninferno, bei dem zehn Feuerwehrleute leicht verletzt wurden und das mittlerweile als Unfall deklariert wurde, die realen Feuerbrandherde in die Tour über das Gelände zu integrieren. "Auf der linken Seite sehen Sie das Gebäude, in dem mehr als 50.000 Videos von Universal untergebracht waren", sagt der Reiseleiter und rät den Touristen, die an jeden Gast ausgeteilte Papiermaske vors Gesicht zu halten. Reine Vorsichtsmaßnahme, falls doch noch irgendwelche "giftige Gase über das Gelände wabern".

<"Die spinnen die Amis"

Die Kameras klicken, die Besucher sind begeistert. So etwas haben sie noch nicht erlebt. Hans aus Stockholm über die unerwartete Reality-Show: "Unvorstellbar, dass so etwas in Schweden passieren würde. Da hätte man die Brandstelle erst einmal für Wochen abgesperrt." Und Joachim aus Bottrop fügt hinzu: "Die spinnen die Amis. Aber irgendwie ist das auch total cool."

Universal-Sprecher Eliot Sekuler versucht zu relativieren: "Die Universal Studios sind ja nicht bis auf den Grund abgebrannt. Das Feuer betrifft nur die 'Back Lot', also die hinteren Gebäude auf dem Gelände." Wohl auch deshalb sahen die Verantwortlichen keinen Grund dafür, den Park einen weiteren Tag schließen zu müssen. "Alles findet statt. Wie machen Business as usual", so Sekuler.

Weiter geht's. Der Bus fährt am Set des Filmes "Die Farbe Lila" vorbei. Aber die Touristen zeigen größeres Interesse an den verkohlten Fassaden, die sich hinter dem Set befinden. Der Reiseführer: "Das, was da im Hintergrund abgebrannt ist, war einst die Straßenfassade von New York." Videokameras aus der ganzen Welt halten alles im Bilde fest. "Es ist schon erstaunlich, wie schnell die Verantwortlichen die Katastrophe vom Sonntag in das alltägliche Treiben des Parks integriert haben", sagt Rajaesh Gupta aus Neu Dehli.

Nach 45 Minuten passiert die Tour ein offenes Gelände, auf dem eine in zwei Teile gebrochene Boeing liegt. Koffer und Klamotten fleddern durch die Gegend, Rauch steigt aus dem Flugzeug. Die von der Feuer-Tour gezeichneten Gesichter blicken unentschlossen. Ein Flugzeug-Absturz, mitten auf dem Gelände der Universal Studios? "Davon habe ich gar nichts mitbekommen", sagt Yoshi Nakamura aus Japan, bevor er mit der Digital-Kamera alles im Bild festhält.

Die Aufklärung folgt auf dem Fuße. "Ladies and Gentlemen, willkommen auf dem Set von 'Krieg der Welten'", piepst die Stimme des Reiseführers ins Mikrofon. Leichtes Aufatmen ist zu spüren. Die Reise zwischen Realität und Fiktion kommt zu einem Ende. Für viele Besucher ist es eine sichtbare Erleichterung, als die Tour wieder im Eingangsbereich hält. Endlich wieder festen Boden unter den Füßen. Endlich wieder mitten im Leben.

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