Mrs Freeman, schwer bewacht von Sicherheitspersonal und unter massiven Protesten wandert die olympische Fackel um die Welt. Was halten Sie von den Tumulten und Krawallen?
Ich denke, Olympische Spiele bieten eine politische Plattform. Viele Menschen nutzen sie eben dazu, Aufmerksamkeit zu bekommen, und machen so auf Menschenrechte aufmerksam.
Sie sagten damals in Sydney, dass sich die australische Regierung bei den Aborigines entschuldigen müsse. Gilt das auch für China gegenüber Tibet?
Es ist schwierig für mich, darüber zu urteilen, was die chinesische Regierung tun sollte oder nicht. Mit der Situation in meinem Land kann man den Konflikt zwischen China und Tibet nicht vergleichen; bei uns ging es um die Unterdrückung der Ureinwohner. Grundsätzlich gilt: Politik hat nichts auf dem Sportplatz zu suchen.
Wie fühlte es sich an, das olympische Feuer zu entzünden?
Ich war sehr stolz. Unglaublich stolz! Und ich habe mich unvorstellbar geehrt gefühlt.
Wie sieht Ihr Leben denn heute, acht Jahre später, aus?
Ich bin richtig glücklich. Meine größte Leidenschaft ist derzeit die Catherine Freeman Foundation. Das ist eine Stiftung für junge Aborigine-Mädchen, die sich noch in der Ausbildung befinden. Ich verbringe viel Zeit in meinem Haus in Melbourne, denn ich kann für die Stiftung von zu Hause aus arbeiten.
Worum geht es?
Es ist eine pädagogische Einrichtung, in der wir versuchen, den Mädchen Perspektiven für die Zukunft zu zeigen.
Wie sind Sie dazu gekommen?
Meine Mutter hatte großen Einfluss auf mich, hat mir besondere Wertvorstellungen vermittelt und mir vor allem eins gesagt: Vergiss nie, woher du kommst. Durch die Stiftung kann ich den Aborigines etwas zurückgeben. Ich möchte diesen Kindern einfach eine bessere Zukunft schaffen.
Sie sind jetzt seit anderthalb Jahren mit dem Börsenmakler James Murch verlobt. Wann wird geheiratet?
Es gibt Pläne, aber bislang war so viel anderes zu tun. Die Zeit wird kommen.
Treiben Sie noch viel Sport?
Oh, ja. Ich laufe - zum Vergnügen, für das Glücksgefühl, für mein Wohlbefinden. Ich versuche dreimal die Woche circa sechs Kilometer zu laufen.
Wie war das damals, als Sie nach 400 olympischen Metern zur Volksheldin wurden?
Als ich die Ziellinie überquerte, spürte ich es schon in der Luft und dachte: "So fühlt sich also ein Olympiasieg an." Erst im Nachhinein habe ich realisiert, dass mehr als 100.000 Menschen um mich herum schrien und kreischten. Es war unvorstellbar. Ich hätte fast geweint, aber es ist nicht meine Art, vor anderen zu weinen. Noch heute habe ich das Gefühl, als könnte ich die Energie dieses ganz besonderen Moments immer noch spüren. Und das bleibt, bis ich irgendwann mal von dieser Welt abtreten muss - mit 85, vielleicht mit 95 Jahren.
Sie sind 2003 vom Leistungssport zurückgetreten. Der richtige Zeitpunkt?
Das war ja nicht lange vorher geplant. Ich habe mich damals nur gefragt, was will ich noch in meinem Leben erreichen und wie schaffe ich das. Ich musste einfach den nächsten Schritt machen.
Werden Sie während der Spiele in Peking sein?
Ehrlich, das weiß ich noch nicht.
Und wer gewinnt den 400-Meter-Lauf?
Auf den Athleten lastet schon so viel Druck - da will ich lieber keine Namen nennen.