was-macht-eigentlich Jens Weissflog

Der 'Floh' aus Oberwiesenthal begann seine Skispringer-Karriere als Sechsjähriger, wurde dreimal Olympiasieger und zweimal Weltmeister. 1996 hörte er mit dem Sport auf

Der 'Floh' aus Oberwiesenthal begann seine Skispringer-Karriere als Sechsjähriger, wurde dreimal Olympiasieger und zweimal Weltmeister. 1996 hörte er mit dem Sport aufZur Person :

Jens Weißflog, gelernter Starkstromelektriker, mit seinem zehnjährigen Sohn Daniel bei einer eher unsportlichen Beschäftigung. In seiner Heimatstadt Oberwiesenthal, wo der heute 35-Jährige mit Frau Nicola und Sohn lebt, betreibt der erfolgreichste deutsche Skispringer ein Hotel. Sein erster Sprung auf einer selbst gebauten Schanze ging sechs Meter weit - später flog er 201 Meter.

STERN: Wie weit springt denn der 'Adler vom Fichtelberg' heute noch?

WEISSFLOG: Keine Ahnung. Seit meinem letzten Sprung am 15. Juni 1996 bin ich nie wieder über den Schanzentisch gegangen.

STERN: Wieso nicht? Fußballer treten doch nach ihrem Rücktritt auch noch gegen den Ball, und Radrenner nageln weiter über die Straßen.

WEISSFLOG: Aber Skispringer gucken nur noch zu. Diese Sportart ist eben nie Hobby oder Fitness-Nummer.

STERN: Früher konnten Sie nie Silvester feiern, weil ein paar Stunden später die Vierschanzentournee startete. Was machen Sie dieses Jahr?

WEISSFLOG: Ich werde mit meiner Familie in Oberwiesenthal einen draufmachen. Das Neujahrsspringen werde ich mir dann entspannt im Fernsehen anschauen.

STERN: Da lässt RTL es jetzt krachen. Skispringen soll zur 'Formel 1 des Winters' aufgeblasen werden. Sauer, nicht mit absahnen zu können?

WEISSFLOG: Nein. Ich habe mich auch für Preisgelder stark gemacht und manche kassiert. Es ist okay, dass die Summen weiter steigen. Aber wenn man die Fanfarenstöße der letzten Wochen hört, dann denkt man: Mensch, Skispringen muss eine neue Erfindung sein.

STERN: Nach der Wende haben Sie Ihre Chance erkannt und gesagt: Jetzt müssen die Kohlen in den Keller! Ist der Keller voll?

WEISSFLOG: Es kam was rein. Und ich bin froh darüber, dass ich diese Entwicklung noch mitmachen konnte.

STERN: Nach dem Olympiasieg 1994 wechselten alle Ihre Kritiker schnell die Fahne.

WEISSFLOG: Das war schön. Noch im Jahr zuvor schrieben die mich als fluglahm ab. Aber so schnell geht's manchmal - vom 'Brathuhn' zum 'Goldadler'.

STERN: Warum sind Sie in Oberwiesenthal geblieben? Andere Super-Sportler aus der DDR haben schnell die Koffer gepackt.

WEISSFLOG: Es gab Gespräche. Doch mein ganzes Umfeld hier kannte ich, und sportlich war es auch besser. Andreas Bauer aus Oberstdorf beispielsweise musste sich doch die Schanzen erst suchen, auf denen er trainieren konnte. Das schreckte ab.

STERN: Auf dem TV-Schirm tauchen Sie manchmal als Experte auf.

WEISSFLOG: Das ist für mich ideal. Ich bleibe dem Skispringen treu und zugleich in den Medien präsent. Und das ist gut für mein Hotel. Hätte ich die vergangenen drei Jahre nur in meinen Apartments gestanden, wäre ich heute pleite.

STERN: Reichen Sie an der Rezeption auch schon mal die Schlüssel rüber?

WEISSFLOG: Wenn ich da bin, mach ich das. Es gehört dazu. Das Hotel ist aber kein Jens-Weißflog-Museum. Nur die 16 Apartments sind nach berühmten Schanzenorten benannt - wie Innsbruck oder Zakopane.

STERN: Und was bieten Sie noch?

WEISSFLOG: Sauna, Solarium, ein Dampfbad, ein Vital-Center und eine Sauerstoffkur nach Professor Ardenne. Meine Frau kümmert sich um alles.

STERN: Ihr zehnjähriger Sohn Daniel düst ja auch schon über den Schanzentisch.

WEISSFLOG: Düste! Leider hat er vor zwei Monaten aufgehört. Seine größte Weite lag bei 27 Metern. Das Talent ist da. Schade. Doch wenn er oben auf der Schanze steht und die Lautsprecher-Ansage hört: 'Der nächste Springer ist der Sohn von Jens Weißflog', dann ist der Druck einfach zu groß.

STERN: Aber für Oberwiesenthal ist Ihr populärer Name eine touristische Zugnummer.

WEISSFLOG: Trotzdem kommt es zu Verwechslungen. Durch Oberhof in Thüringen sollen immer noch ganze Busladungen irren, auf der Suche nach meinem Hotel.

Mit Jens Weißflog sprach STERN-Redakteur Dieter Krause.

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