Die französische Schauspielerin eroberte in den 60er Jahren als Winnetous Schwester NSCHO-TSCHI in Karl-May-Verfilmungen das deutsche KinopublikumZur Person :
Marie Versini, 60, mit Hündin Puck in ihrem Ferienhaus in Meribel-Altiport. Die Tochter eines Literaturprofessors an der Sorbonne spielte ihre erste Theaterrolle mit 16. Mit 23 wurden sie und Pierre Brice (ihr Filmbruder Winnetou ) zum deutschen Traumpaar hochgejubelt. Heute lebt Marie Versini mit ihrem Mann Pierre Viallet, 81, einem Schriftsteller und Regisseur, abwechselnd in Paris, auf der Ile de Re im Atlantik oder in den französischen Alpen
stern: Bonjour, Madame! Könnten Sie als Indianerin zurückgrüßen?
Versini: Natürlich. Ich lege die rechte Hand auf die Herzseite der Brust und führe dann den Arm halbkreisförmig mit ausgestrecktem Zeige- und Mittelfinger nach vorn. So hieß ich auch meinen Bruder Winnetou in den Karl-May-Filmen willkommen.
stern: Sie spielten Theater, als Ihnen die Filmrolle der Apachen-Squaw und Winnetou-Schwester Nscho-tschi angeboten wurde. Haben Sie gezögert?
Versini: Keine Sekunde. Schon als kleines Mädchen war mein Traum, eine Indianerin zu sein. Mit Nscho-tschi hat er sich dann endlich erfüllt.
stern: Tausende Frauen waren damals in den Winnetou-Darsteller Pierre Brice verliebt - Sie auch?
Versini: Nein. Im Film war ich Winnetous Schwester, und in dieser Rolle liebte ich Pierre wie einen Bruder. Mein Herz als Frau gehörte Old Shatterhand, der von Lex Barker gespielt wurde.
stern: War es nur Liebe vor der Kamera oder ein bisschen mehr?
Versini: Über das Drehbuch ging es schon ein wenig hinaus. Lex war ja ein schöner Mann - und ich identifizierte mich mit meinen jeweiligen Rollen. Schwer fiel mir das nicht, schließlich hatte ich für ihn schon als Mädchen geschwärmt, als er Tarzan spielte. Und plötzlich filmte ich mit ihm - da musste ich mich nicht mehr in ihn verlieben. Ich war es schon.
stern: Also doch eine Affäre Versini-Barker, wie damals vermutet wurde?
Versini: Sagen wir - eine kleine Romanze.
stern: Welche Augenfarbe hatte er?
Versini: Sehr hell, viel Grün, ein wenig Blau, ach, ich weiß es nicht mehr genau.
stern: Sie haben mit Klausjürgen Wussow und Harald Juhnke auch Fernsehen gemacht. Gibt es zu ihnen noch Kontakt?
Versini: Ja, natürlich. Ich verehre diese beiden, denn sie sind großartige Schauspieler. Ich habe Juhnkes Alkoholkrankheit in den Medien verfolgt und Wussows Scheidungskrieg. Manchmal telefonieren wir miteinander, an Geburtstagen zum Beispiel oder zu Weihnachten.
stern: Besitzen Sie noch Erinnerungsstücke aus der Winnetou-Zeit?
Versini: Das Poster von Winnetou und mir und auch die Serie »Alle Tage meines Lebens«, die ich für »Bravo« geschrieben habe. Aber meine schönste Erinnerung an diese Zeit sind die Briefe, die mir viele Kinder bis heute schreiben, weil es die Winnetou-Filme ja noch im Fernsehen gibt.
stern: Sie sind mit dem französischen Schriftsteller und Regisseur Pierre Viallet verheiratet. Ähnelt er Lex Barker?
Versini: Überhaupt nicht. Pierre ist ein ganz anderer Typ. Dieser Mann und die gute Ehe, die ich mit ihm seit 26 Jahren führe, sind die größten privaten Erfolge meines Lebens.
stern: Was machen Sie heute?
Versini: Vor allem schreibe ich. Zurzeit an einer Serie für den französischen Fernsehsender TF1. Sie erzählt als Zeichentrickfilm Geschichten über einen kleinen Jungen mit dem Namen Emil und seinen Hund »Scharly« - den habe ich so genannt in Erinnerung an »Karl« May, von dessen Art zu schreiben ich immer sehr angetan war. Außerdem arbeite ich gerade an einem Krimi, dessen Handlung in Hamburg und Cuxhaven spielt. Mit dem Schreiben vollendet sich mein berufliches Leben: Mit 16 fing ich an, Theater zu spielen, Shakespeare und Victor Hugo an der Comedie Francaise, dann kamen die Winnetou-Filme, später habe ich Fernsehen gemacht, und jetzt schreibe ich.
stern: Gibt es auch gemeinsame Projekte mit Ihrem Mann?
Versini: Zu seinem Roman »Füße wachsen im November« habe ich ein Drehbuch geschrieben. Demnächst entscheidet sich, ob der Film gedreht wird. Der österreichische Filmregisseur Franz Antel ist sehr an dem Stoff interessiert.
stern: Wissen Sie, was eine Winnetou-Kugel ist?
Versini: Nein. Hoffentlich etwas Ungefährliches.
stern: Eine Praline, die ein Konditor in der Karl-May-Stadt Radebeul herstellt.
Versini: Solche Kugeln hätte Nscho-tschi bestimmt am liebsten gemocht.