Der Meister ist nicht besonders groß. Er trägt eine weit geschnittene Hose, die er in seine Springerstiefel reingestopft hat, und einen weit geschnittenen Parka. Alles in Schwarz. Die Stiefel sind Markenzeichen des japanischen Modemachers Yohji Yamamoto, genau wie seine schulterlangen Haare und sein Bart. Man sieht ihm sein Alter - 64 Jahre - nicht an. Er redet leise und ruhig, aber selbst wenn er seine Stimme erheben würde, könnte man ihn als gewöhnlicher Europäer nicht besser verstehen. Er spricht nur Japanisch; seine Assistentin ist immer bei ihm und übersetzt. Aber Schwierigkeiten bei der Kommunikation scheren Yamamoto wenig. "Das, was ich zu sagen habe, wird sowieso oft nicht verstanden. Das mag ich. Wenn man mich richtig versteht, bin ich besorgt", sagt er.
"Dann fragte ich sie, ob ich mal ihre drei Streifen verwenden dürfte ..."
Als Yamamoto gemeinsam mit Adidas vor fünf Jahren die Marke Y-3 gründete, haben zunächst auch nur die wenigsten verstanden, was genau der Japaner und die Deutschen da anstrebten. Im Jahr 2000 hatte sich Yamamoto erstmals bei dem Sportartikel-Riesen im fränkischen Herzogenaurach gemeldet. "Ich rief bei Adidas an, um zu fragen, ob sie Schuhe für meine Show in Paris entwerfen würden", erzählt der Japaner. "Ein Wunder, dass sie Ja sagten. Dann fragte ich sie, ob ich mal ihre drei Streifen verwenden dürfte, und so entstand die Idee zu Y-3."
Wahrscheinlich wussten zu diesem Zeitpunkt nicht viele bei Adidas, um wen es sich bei dem Anrufer eigentlich handelte. In Modekreisen dagegen war Yohji Yamamoto bekannt als einer der bedeutendsten Designer der Postmoderne. Bei der ersten Präsentation seiner Kollektion "Yohji Yamamoto" 1981 in Paris hatte er die Mode auf den Kopf gestellt - mit einer neuen Silhouette, welche die weibliche Form verschluckte, durch Schnitte, die kreuz und quer liefen, sowie durch enorme Mengen von Stoff. Während Pariser Couturiers die Schultern durch Polster betonten, ließ Yamamoto sie bei seinen Entwürfen bis zu den Ellbogen hängen. Statt kurz und knapp waren seine Röcke ballonförmig geschnitten. High Heels? Niemals! Und er arbeitete nur mit zwei Farben, die in der Farblehre nicht mal als solche gelten: Schwarz und Weiß. Yamamoto rückblickend: "Ich wollte mit meinen Entwürfen rebellieren. Gegen die uniformierte, europäische Mode."
Auch in seinen ersten Kollektionen für Adidas zeigte er Kleider, die jede naturgegebene Silhouette in Stoffbahnen und Lagen versinken ließ. Wunderschön und sehr konzeptionell. Erst später wurden sie weicher, europäischer. Das führte sofort und bis heute zum Erfolg. Hochbegehrt waren auch gleich die Y-3-Turnschuhe, obschon die bis zu 500 Euro kosten. Die Zielgruppe ist jung und überwiegend männlich. Wie der Musiker Pharrell Williams beispielsweise, der eine Y-3-Bomberjacke zur Dior-Homme-Hose trägt. Auch Fußballer wie Michael Ballack zeigen sich abseits des Trainingsgeländes gern in Y-3. Verkauft wird in 500 Läden weltweit und in eigenen Y-3-Boutiquen. Im Geschäftsjahr 2006 hat das Label 26 Millionen Euro umgesetzt - ein Klacks in den Adidas- Bilanzen. Für das Image des Unternehmens jedoch besitzt Y-3 einen immensen Wert; auch deswegen wurde die Zusammenarbeit mit Yamamoto bis 2010 verlängert._Konkurrenz erwächst dem Japaner mittlerweile aus der eigenen Familie: In diesem Herbst feierte seine Tochter Limi Feu mit ihrer eigenen Kollektion in Paris ihr Debüt. Yamamoto begrüßte sie im neuen Job mit den Worten: "Willkommen in der Hölle".