Biografie zum 80. Uschi Glas: "Als Dickkopf wurde ich geboren. Ein Dickkopf bin ich heute noch"

Uschi Glas hält ihr Buch in den Händen
Am 2. März 2024 wird Uschi Glas 80 Jahre alt, am 28. Februar erscheint ihr neues Buch
© Sven Hoppe / DPA
Uschi Glas ist seit mehr als einem halben Jahrhundert im Geschäft. Dessen Regeln hat sie trotzdem nicht immer befolgt. In ihrer Biografie "Ein Schätzchen war ich nie" erzählt sie den Weg ihrer Unabhängigkeit.

Kurz vor ihrem 80. Geburtstag am Samstag 2. März bringt Uschi Glas ihre Biografie heraus. "Ein Schätzchen war ich nie", lautet der Titel des Buches, das ab diesem Mittwoch zu kaufen ist und aus ihrer Sicht gar keine klassische Autobiografie sein soll. Im Interview der Deutschen Presse-Agentur in München spricht sie über weibliche Vorbilder und erklärt, warum sie es nie ertragen konnte, von jemandem abhängig zu sein. 

Warum haben Sie sich entschieden, jetzt zu Ihrem 80. Geburtstag dieses Buch zu veröffentlichen? 
In meinem Buch geht es viel um Widerspruch, Respekt und Unabhängigkeit. Wenn ich zurückblicke, waren und sind diese drei – ich nenne sie mal – Werte ganz zentral in meinem Leben. Und ich beschreibe Situationen und Begegnungen, ernste wie lustige, die mich dahin gebracht haben, wo ich heute stehe. Wenn es mir gelingt, die Leserinnen und Leser ein bisschen zu ermutigen, zu sich selbst zu stehen und sich nicht zu verlieren, dann freut mich das. So bin ich selbst immer gewesen: Als Dickkopf wurde ich geboren, zum Leidwesen meiner Eltern. Ein Dickkopf bin ich heute noch.

Und ich habe immer Frauen um mich herum gehabt, die mich in irgendeiner Weise beeindruckt oder gefördert haben, und von denen ich mir auch Dinge abschauen konnte. Selbstständige Frauen, die gesagt haben: Ich lasse mir nichts gefallen, ich gehe meinen Weg. Und das ist eigentlich die Grundaussage: mit sich in der Balance zu bleiben. Es ist ganz wichtig, dass man selber sein bester Freund sein sollte.

Ihre Kolleginnen Gisela Schneeberger, Michaela May und Jutta Speidel haben sich jüngst sehr beklagt darüber, dass es für Frauen ab einem gewissen Alter keine spannenden Rollen mehr gibt. Und dass die Rollen, die ihnen angeboten werden, getragen sind von einem überholten Rollenverständnis. Haben sie recht? 
Ich sehe das absolut so! Es ist ja tatsächlich so, dass man oft von einem männlichen Schauspieler sagt, der schaut heutzutage viel besser aus als früher. Und ich denke, man sollte mal darüber nachdenken, dass auch eine ältere Frau mit Lachfalten oder Kummerfalten ein Gesicht hat, das etwas zu erzählen hat. Man sollte schon darüber diskutieren, warum eine Schauspielerin nicht auch spielen darf, selbst wenn sie sieben Falten im Gesicht hat oder graue Schläfen oder keine Haare oder sich die Haare färbt, das ist doch wurscht.

Ein Argument ist ja immer, dass auch ältere Frauen im Film lieber jüngere Frauen sehen ...
Nein, das würde ich nicht sagen. Ich freue mich sehr, wenn ich Meryl Streep, Barbra Streisand oder Jane Fonda sehe. Dieses unbedingte Schönheitsideal, dass man nur so lange als Frau attraktiv ist, solange man jung ist, das muss man sich nicht bieten lassen.

Was sich durch das ganze Buch zieht, ist es Ihr großer Wunsch nach Unabhängigkeit. Ist das eine feministische Botschaft?
Ich habe mir natürlich damals, als ich anfing, überlegt, ich möchte nie, nie irgendwo die Hand aufhalten müssen. Das kommt auch aus der Erfahrung mit meiner Mutter. Meine Mutter hat vier Kinder großgezogen und alle Arbeit selbst gemacht. Sie hat von morgens bis abends gearbeitet, aber sie hatte kein eigenes Geld und musste ihn (ihren Mann) fragen, ob sie sich vielleicht den Schal oder die Bluse kaufen darf. Das hat mich ganz früh schon aufmerksam gemacht, und für mich stand fest: Das will ich nicht. Natürlich war es bei uns auch so, dass mein Vater gesagt hat: Warum willst Du denn überhaupt was lernen? Du heiratest doch mit 24, Du bist doch hübsch. Oh, Hilfe! Nein, nein!

Hat es Sie vor diesem Hintergrund manchmal geärgert, dass Sie das Schätzchen wurden und man dieses Wort immer mit Ihnen in Verbindung gebracht hat? 
Journalisten haben immer schon gefragt, ob es mich stört. Und ich habe immer gesagt: Also mich stört es nicht, weil es ja kein Schimpfwort ist. Und außerdem habe ich mit dem Film großen Erfolg gehabt und finde ihn nach wie vor hervorragend. Aber wenn Sie wollen, lassen Sie das Schätzchen doch in Ihrem Artikel weg. Dann ist es schon mal ein Artikel ohne Schätzchen mehr. Aber mein Vorschlag wurde meistens nicht aufgegriffen. Stattdessen gab es die Überschrift: "Schätzchen ist kein Schätzchen mehr". Aber das, was man unter einem Schätzchen versteht, war ich natürlich tatsächlich nie. Also ein braves Mädchen, angepasst und den Mann anhimmelnd. Ich war schon sehr rebellisch und ziemlich stur. Ich habe auch vieles infrage gestellt – das ist bis heute so.

Ihr Buch ist auch sehr politisch, thematisiert auch MeToo und Verjährungsfristen bei Sexualstraftaten, und Sie schreiben, dass es immer schwierig war, Sie politisch zu verorten. Auf der einen Seite emanzipierte Schauspielerin, aber eben nicht – wie die meisten Ihrer Kollegen zu der Zeit – Unterstützerin der SPD von Willy Brandt ...
Das war wieder so eine Situation, in der man von mir ein gewisses Verhalten einfach erwartet hat. Und so etwas hat mich schon immer gestört. Mich hat außerdem gestört, dass viele der jungen Linken sehr Palästina-freundlich, um nicht zu sagen eher antisemitisch, waren. Ich habe immer jüdische Freunde in meinem Leben gehabt, auch als junges Mädchen schon, und die Begeisterung für das Arafat-Tuch konnte ich nicht teilen. Als Deutsche habe ich mich immer schon für unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger verantwortlich gefühlt. Ich habe mich auch nie irgendeiner Partei verschrieben. Ich bin weder Mitglied noch irgend sowas, weil ich mir das schon auch gerne offenlasse.

Schauspielerin Uschi Glas wird 80 Jahre alt.
Schauspielerin Uschi Glas wird 80 Jahre alt.
© stern.de
"Man denkt, ich bin stockkonservativ": Uschi Glas wird 80 und blickt auf ihre Karriere zurück

Sie haben ein sehr öffentliches Leben und die Öffentlichkeit hat Sie auch begleitet in Momenten, in denen es Ihnen persönlich nicht so gut ging. War das für Sie mal ein Preis für Ihre Karriere, den Sie als zu hoch empfunden haben?
Es war keine einfache Situation, wenn hinter jedem Busch ein Paparazzo lauerte. Das war wahnsinnig bedrängend. Als mein Sohn geboren wurde, bedrängte mich die Presse, Babyfotos machen zu lassen. Meine Agentin sagte: "Stellen Sie sich doch nicht so an. Das machen selbst die Königshäuser, dass sie ihre Kinder fotografieren lassen." Daraufhin rief ich Horst Ossinger von der DPA an, den ich kannte und dem ich vertraute, damit er die Fotos machte. Da konnte dann kein Verlag beleidigt sein, weil alle die Fotos bekommen haben. Aber heutzutage, die Zeit hat sich ja komplett geändert, würde ich jedem raten, überhaupt keine Fotos mit Kindern zu machen.

Sie würden also sagen, heute ist es entspannter, weil die Rechtsprechung eine andere ist? 
Ja. Ich hatte auch mal einen Stalker. Er hat mich auf Schritt und Tritt verfolgt, stand mal im Studio, saß im Theater in der zweiten Reihe, und immer wieder vor meiner Haustür. Ich fühlte mich dem ausgeliefert. Es war beängstigend, zumal ich ja auch Kinder hatte. Und damals gab es überhaupt keine Möglichkeit, ihn irgendwie von mir wegzuhalten, bevor er mir nicht ein Holzscheit auf den Kopf haut. Das war wirklich ganz, ganz, ganz schlimm. Aber seitdem hat sich Gott sei Dank viel getan beim Schutz der Privatsphäre.

Apropos, was eine Frau hinnehmen muss: Sie widmen sich in Ihrem Buch auch der MeToo-Bewegung. Hat sich da in Ihrer Branche inzwischen entscheidend etwas geändert?
Also, es passiert ja immer noch, wie wir wissen. Aber grundsätzlich hat sich das Klima zum Besseren verändert, in der Beziehung, dass über Mobbing und Machtmissbrauch von den Verantwortlichen bei Produktionsfirmen und Sendern nicht mehr hinweggesehen wird. Ich habe es ja auch erlebt: Da wird plötzlich eine Kollegin oder ein Kollege von einem anderen fertiggemacht. Das ist zum Beispiel etwas, das ich nicht durchgehen lasse. Dann nehme ich mir denjenigen oder diejenige zur Seite und sage: Hör mir zu! Solange ich am Set bin, geht es nicht. Ich möchte das nicht.

Und was MeToo angeht: Auch Belästigungen in der Maske oder in der Garderobe waren früher an der Tagesordnung. Das ist es heute tatsächlich leichter, zu sagen: Schluss jetzt, Hände weg!

Ist die Filmbranche aus Ihrer Sicht speziell betroffen von Mobbing oder MeToo?
Das würde ich nicht sagen. Mobbing gibt es in jeder Branche. Ich denke, dass sich die eine oder andere weibliche Angestellte schon auch viel gefallen lassen musste.

Sie haben dem Buch ein Zitat von Elmar Wepper vorangestellt. War er Ihr Lieblingsdrehpartner?
Ja! Der war ein unheimlich zuverlässiger Kollege, ein toller Schauspieler, auf den ich mich zu 100 Prozent verlassen und dem ich vertrauen konnte. Er war immer gut gelaunt, behandelte alle im Team gleich, egal ob es der Produzent oder eine Kabelhilfe war. Und dadurch ist er auch für mich ein wahrer Freund geworden. Ich habe in der Branche gute Bekannte. Aber so eng wie mit Elmar war ich mit niemandem. Wir haben wirklich schöne Zeiten verbracht und es war immer eine Freude, wenn wir uns gesehen haben. Ich hätte mit ihm gern noch viel gedreht.

DPA
bal

PRODUKTE & TIPPS