Sehen wir uns heute alte Filme oder Serien an, treffen wir auf den ein oder anderen Cringe-Moment. Wenn zum Beispiel bei "Friends" Ross' Sohn Ben mit einer Barbie spielt und das als Skandal angesehen wird – geht gar nicht mehr. Auch Serien wie "How I Met Your Mother" oder "Scrubs" sind aus heutiger Sicht oft unglaublich sexistisch, selbst wenn es aus Gründen der Komik passiert. Dass Barnie einen Sport daraus macht, Frauen ohne Rücksicht auf Verluste ins Bett zu bekommen oder dass Dr. Cox nur so von toxischer Maskulinität strotzt, würde heute sicher nicht mehr so glorifizierend dargestellt.
Eine Serie, die es geschafft hat, auch über zehn Jahre nach der letzten Folge noch aktuell zu sein, ist definitiv "King of Queens". Auch wenn es oberflächlich betrachtet so aussieht, als würden die Macher nur einen Stereotyp nach dem anderen rausballern, verstecken sich dahinter doch viele Themen, die auch heute noch aktuell sind.
Kinder sind nicht wichtig für eine glückliche Ehe
Die schöne Kelly und der dicke Doug – so einfach, wie es auf den ersten Blick scheint, ist "King of Queens" nicht gestrickt. Neun Staffeln lang kommt immer wieder das Thema Familienplanung auf. Doch Carrie ist für Kinder nicht bereit, will sich auf ihren Job und ihr Leben mit Doug konzentrieren. Und Doug akzeptiert das. Punkt aus. Natürlich bringt er das Thema immer wieder auf, wie es in einer echten Beziehung eben auch passieren würde. Doch am Ende fühlt sich keiner vom Partner im Stich gelassen oder überrannt, immer wieder finden sie eine gemeinsame Lösung, wenn es um Familienplanung geht. Sie wägen ab, diskutieren und entscheiden gemeinsam.
Heute ist es akzeptabler als jemals zuvor, sich für eine kinderlose Partnerschaft zu entscheiden, seien es finanzielle oder persönliche Gründe. Während viele andere Sitcoms aus den 90ern sich um Familien mit mehreren Kindern drehen, ist es auch heute noch erfrischend anders, Carrie und Doug bei ihren realistischen Problemen mit dem Thema zuzusehen. In der letzten Staffel haben sie sich dann doch für Kinder entschieden, aber der Weg war lang und nicht einfach, was es so wundervoll realitätsnah macht.
Familie kann man sich nicht aussuchen
Blut ist dicker als Wasser, und Familie sucht man sich nicht aus. Das muss auch Doug lernen, als direkt zu Beginn der Serie Carries senil wirkender Vater bei ihnen mit einzieht. Wir alle haben dieses eine Familienmitglied, das uns den letzten Nerv raubt und können uns nur zu gut in Doug hineinversetzen, wenn er seinen persönlichen Raum - wenn auch nicht ohne Widerstand - für den liebevollen aber verrückten alten Mann räumt. Die Situationen, in die Arthur das Paar bringt, sind teilweise so absurd, dass sie nur noch reeller wirken. Jeder hat bei der Sache sein Päckchen zu tragen und muss sich arrangieren. Am Ende können wir, wie auch Dough und Carrie Arthur, unseren nervigen Familienmitgliedern verzeihen und lieben sie gerade deshalb umso mehr.
Eine Ehe ist nicht immer Friede Freude Eierkuchen
In vielen Sitcoms sind Ehestreitigkeiten Ursprung der Komik. Doch was "King of Queens" so besonders macht, ist, dass keiner frei von Schuld ist. Jeder der beiden hat mit Herausforderungen zu kämpfen, seien es Eifersucht, Lügen, Aufgaben im Haushalt oder Sex-Flauten in langen Beziehungen. Die Themen drehen sich oft um Herausforderungen, die wir auch kennen oder an welchen wir selbst schon gescheitert sind. Dabei sind die Streits von Carrie und Doug nie einseitig und sie bauen sich langsam auf, wie wir es von unseren eigenen Beziehungen nur zu gut kennen. An einem Punkt stehen die Beiden sogar kurz vor der Scheidung.
Doug als Body-Positivity-Vorbild?
Einerseits spielt das Stereotyp des übergewichtigen Mannes mit der schlanken wunderschönen Ehefrau eine ziemlich große Rolle, andererseits könnte dieses Thema nicht aktueller aufgearbeitet sein. Doug hat Phasen, in denen er sich unglaublich unwohl in seinem Körper fühlt, doch nie macht seine Frau ihm ernsthafte Vorwürfe für sein Körpergewicht. Sie unterstützt ihn, wenn er abnehmen will, liebt ihn aber genauso, wie er ist. (Mein Pody-Positivity-Herz schlägt höher, wenn Doug sein Shirt nach oben zieht, seinen Bauch streichelt und selbstbewusst sagt: "Das alles erwartet dich gleich, Baby").
Homophobie und wenig Diversität
Dennoch gibt es wie in so vielen alten Serien auch Dinge, die nicht so gut gealtert sind. In Sachen Diversität hätten die Macher zum Beispiel einiges besser machen können. Dafür, dass die Serie in Queens spielt, dem multiethnischsten Stadtteil New Yorks, ist die Besetzung der Serie unglaublich weiß. Nur Deacon, Dougs Freund und Arbeitskollege, sowie seine Frau Kelly sind afroamerikanische Charaktere, die auch lange in der Show bleiben. Dabei erfüllen die beiden immer wieder Stereotypen, die heute so nicht mehr in einer Serie auftreten würden.
Auch das Thema Homophobie würden wir in einer Serie heute nicht mehr so sehen: Immer wieder wird gemunkelt, ob Dougs Freunde Spencer und Danny, die zusammen wohnen, ein Paar sind, gespickt mit homophoben Witzen auf ihre Kosten. In diesem Zusammenhang fällt besonders eine Folge der fünften Staffel auf, in der Deacon sich Sorgen über die Sexualität seines Sohnes Kirby macht – würde heute gar nicht mehr gehen.
Trotzdem kann man durchaus sagen, dass "King of Queens" eine der am elegantesten gealterten Serien der 90er und Nuller-Jahre ist. Die Gags sind tiefgründig und auch heute noch aktuell. Gut, dass alle Staffeln auf Amazon Prime verfügbar sind und uns den ein oder anderen Lachflash garantieren.