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Female Leadership In deutschen Unternehmen sitzen mehr Frauen im Vorstand – warum sich trotzdem noch viel ändern muss

Gleichberechtigung Lohn Arbeit Frauen
Nicht nur zusammen, sondern auch gleichberechtigt: Die Zahl der Frauen, die in den Vorständen deutscher Unternehmen arbeiten, steigt langsam an
© iStockphoto / Getty Images
Auch ohne Quote sitzen langsam mehr Frauen in den Vorständen deutscher Aktienkonzerne. Doch nicht nur beim Gehalt von Männern und Frauen gibt es immer noch gravierende Unterschiede.

Vorstand – wie selbstverständlich benutzen wir die männliche Form, wenn über die Führungsebene und ihre Vertreter in großen Unternehmen gesprochen wird. Aber die Vorständin ist auf dem Vormarsch – und im Jahr 2019 nicht mehr so ungewöhnlich, wie das Wort klingen mag. Das sagt zumindest eine Studie, die die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young (EY) in dieser Woche veröffentlicht hat. In den 160 Konzernen aus den Börsenindices Dax, MDax und SDax arbeiteten zum Stichtag am 1. Januar 2019 insgesamt 61 Managerinnen im Vorstand. Das heißt: In jedem dritten dieser Unternehmen ist mindesten eine Frau in einer führenden Position.

Die Geschlechterquote

Auffällig ist, dass vor allem in den Vorständen der großen deutschen Unternehmen, die im Dax zusammengefasst sind, der Anteil der Frauen wächst. Fast 15 Prozent der Vorstandsmitglieder bei diesen Unternehmen sind weiblich. Diese Veränderung ist wahrscheinlich auch einer immer stärker öffentlich geführten Debatte um Gleichberechtigung im Beruf und Frauen in Führungspositionen zuzuschreiben. Denn gesetzlich sind Vorstände (noch) nicht verpflichtet, eine sogenannte Geschlechterquote einzuhalten – sie gilt bisher nur für Aufsichtsräte in börsennotierten Unternehmen. Das Gesetz "für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in Führungspositionen" gilt seit 2015 und verpflichtet Aufsichtsräte, eine Geschlechterquote von 30 Prozent einzuhalten. Vorstände können sich hingegen eigene Zielgrößen setzen, sind aber an diese rechtlich nicht gebunden.

Schein-Jobs dank Frauenquote?

Ob eine "Frauenquote", also eine gesetzliche Verpflichtung zu mehr Frauen in Führungspositionen, notwendig ist, wird auf weiblicher wie männlicher Seite immer noch kontrovers diskutiert. Die Erhebungen von E&Y widersprechen jedoch einem häufig von KritikerInnen ins Feld geführte Argument: Eine Quote berufe Frauen nur aufgrund ihres Geschlechts und weniger aufgrund ihrer Leistung oder führe zu Scheinaufgaben statt wichtiger Positionen im Unternehmen. Laut der Studie verantworten jedoch ein Drittel der Vorständinnen Aufgaben im Operativen Bereich, zum Beispiel in der Logistik oder Produktion. Ein Viertel arbeitet im Personalbereich, knapp ein Fünftel der Frauen betreut Finanzen. Jedoch gibt es zwischen den Branchen große Unterschiede: Während bei den Telekommunikationsunternehmen der Frauenanteil bei 16 Prozent liegt sind im Handel nur drei Prozent Vorständinnen.

Das Ergebnis der EY-Studie ist der höchste Wert seit Beginn der Untersuchungen im Jahr 2013. Es geht also voran mit der Gleichberechtigung – aber langsam. Der Vorstand bei zwei von drei Unternehmen ist laut der Studie immer noch allein mit Männern besetzt. Vorstandsvorsitzende gibt es ganze vier: Sonja Wärntges bei DIC Asset, Angela Titzrath bei Hamburger Hafen und Logistik, Dolores Jean Schendel bei MediGene und Antje Leminsky bei GrenkeLeasing.

Gender Pay Gap bleibt

Auch wenn der Anteil der Frauen in Führungspositionen langsam zunimmt  – der Verdienstunterschied, das sogenannte Gender Pay Gap, hat sich in den letzten Jahren kaum verbessert. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes verdienten Frauen 2017 immer noch 21 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Auch das 2017 eingeführte "Entgeldtransparenzgesetz" konnte daran nichts ändern. Es sollte gleichen Lohn bei gleicher Arbeit gewährleisten. Die Idee: Arbeitgeber müssen auf Anfrage darlegen, nach welchen Kriterien sie die Leistung ihrer Angestellten bewerten und wem sie dafür wie viel bezahlen. Im Wissen um das Gehalt ihrer Kolleginnen und Kollegen, sollten die Arbeitnehmer besser über ihr Gehalt verhandeln können und eine gerechtere Bezahlung verlangen. Doch eine Befragung des ifo Institutes für Wirtschaftsforschung unter Personalleitern zeigt, dass die erhoffte Wirkung des Gesetzes ausgeblieben ist: Im letzten Jahr wurde nicht einmal in jeder zehnten Firma eine Anfrage gestellt.

Frauen in der Politik

Auch im öffentlichen Dienst scheint es nur langsam voranzugehen. Zwar steht seit fast 70 Jahren im Grundgesetz, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind, seit 13 Jahren ist eine Frau Bundeskanzlerin. Doch auch wenn die aktuelle große Koalition aus SPD und CDU sich im Koalitionsvertrag von 2018 das Ziel gesetzt hat, "vorhandene strukturelle Hindernisse" abzubauen und "ressortübergreifende Gleichstellungsstrategien" sowie "die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in Leitungsfunktionen des öffentlichen Dienstes bis 2025 erreichen", hat sich bisher noch nicht viel verändert. Eigentlich soll das sogenannte "Bundesgleichstellungsgesetz" seit 17 Jahren die Gleichstellung von Männern und Frauen in Unternehmen des Bundes verwirklichen. Nach Recherchen der Zeit wurde dieses jedoch über viele Jahre ignoriert – seit 1949 gab es unter den 629 beamteten Staatssekretären zum Beispiel nur 19 Frauen. Auf die Anschuldigen reagierte Bundesjustizministerin Katharina Barley: "Das, was wir zu Recht von der Wirtschaft einfordern, müssen wir auch selbst leben", sagte Barley. "Die Gleichberechtigung von Frauen auf allen Ebenen sollte im Jahr 2018 eine Selbstverständlichkeit sein."

Female Leadership: In deutschen Unternehmen sitzen mehr Frauen im Vorstand – warum sich trotzdem noch viel ändern muss
lau

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