Drei russische Kampfflugzeuge in Nato-Luftraum über Estland eingedrungen

Deutscher Eurofighter 2019 auf dem Stützpunkt Nörvenich
Deutscher Eurofighter 2019 auf dem Stützpunkt Nörvenich
© AFP
Es ist die dritte russische Verletzung des Nato-Luftraums binnen weniger Tage: Drei russische Kampfflugzeuge sind am Freitag in den Luftraum von Estland eingedrungen. Die MiG-31-Maschinen seien nahe der Insel Vaindloo über dem Finnischen Meerbusen vorgedrungen und dort für insgesamt zwölf Minuten geblieben, erklärte das Außenministerium in Tallinn. An der Nato-Luftraumüberwachung über Estland beteiligte F-35-Kampfjets der italienischen Luftwaffe fingen die Flugzeuge nach Angaben des Verteidigungsbündnisses ab.

Die russischen Kampfjets hätten keine Flugpläne übermittelt und ihre Flugfunktransponder seien abgeschaltet gewesen, erklärte die estnische Armee und fügte an: "Zum Zeitpunkt der Luftraumverletzung bestand keine Funkverbindung zur estnischen Flugsicherung." 

Nato-Generalsekretär Mark Rutte erklärte im Onlinedienst X, die Nato habe "rasch und entschieden" auf die russische Lufraumverletzung reagierte. Eine Nato-Sprecherin sprach von einem "weiteren Beispiel für das rücksichtslose Verhalten Russlands". Russische Drohnen hatten ab Mitte vergangener Woche bereits den Luftraum von Polen und Rumänien verletzt; über Polen waren sogar rund 20 Drohnen in den Luftraum eingedrungen.

Der estnische Chefdiplomat Margus Tsahkna erklärte nun, Russland habe den Luftraum seines Landes zwar in diesem Jahr bereits vier Mal verletzt, der nun festgestellte Vorfall sei aber "von beispielloser Dreistigkeit". 

Estland beantragte daher Konsultationen nach Artikel 4 des Nato-Vertrags mit den Verbündeten, wie Estlands Regierungschef Kristen Michal am Freitagabend im Onlinedienst X mitteilte. Artikel 4 des Nato-Vertrags sieht Beratungen unter den Mitgliedsstaaten für den Fall vor, dass ein Mitgliedsstaat seine territoriale Integrität, Unabhängigkeit oder Sicherheit bedroht sieht. Auch Polen hatte dies zuvor beantragt.

Russische Luftfahrzeuge waren bereits am 13. Mai, am 22. Juni und zuletzt am 7. September in den Luftraum von Estland eingedrungen. Bei dem Vorfall im September war ein russischer Mi-8-Hubschrauber ebenfalls nahe Vaindloo in den estnischen Luftraum eingedrungen. Auch der Helikopter hatte seinen Transponder ausgeschaltet und keinen Flugplan an die estnische Flugsicherung übermittelt. 

"Russlands immer weitergehendes Austesten von Grenzen und wachsende Aggressivität müssen mit einem raschen Anstieg des politischen und wirtschaftlichen Drucks beantwortet werden", erklärte der estnische Außenminister Tsahkna.

Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas bezeichnete den Vorfall im Onlinedienst X als "extrem gefährliche Provokation". Es handle sich nach dem Vordringen russischer Drohnen in den Luftraum Polens und Rumäniens bereits um die "dritte Verletzung des EU-Luftraums binnen weniger Tage". Moskau fache damit die "Spannungen in der Region" weiter an.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kommentierte den Vorfall mit den Worten: "In dem Maße, wie die Bedrohungen eskalieren, werden auch wir unseren Druck erhöhen." 

Wenige Stunden zuvor hatte die EU-Kommission das 19. Sanktionspaket gegen Russland vorgestellt. Unter anderem soll nun bereits ab Januar 2027 der Import von russischem Flüssiggas in die EU-Staaten verboten werden - statt wie bisher geplant Ende 2027. Zudem wurden 118 weitere Schiffe der sogenannten russischen Schattenflotte auf die Sanktionsliste gesetzt.

Wie das Außenministerium in Tallinn weiter mitteilte, bestellte es den Geschäftsträger der russischen Botschaft ein, um gegen die Verletzung des estnischen Luftraums zu protestieren. 

Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) bezeichnete den Vorfall auf X als "inakzeptable Verletzung estnischen Luftraums durch Russland". Er habe seinem estnischen Kollegen Tsahkna die "volle Solidarität Deutschlands zugesichert".

Der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha schrieb auf X von einer "erneuten Eskalation durch Russland" und einer "direkten Bedrohung der transatlantischen Sicherheit". Sollte hierauf keine "wirklich kraftvolle Antwort" erfolgen, werde Russland "nur noch arroganter und aggressiver werden".

Die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen sind Mitglieder von EU und Nato. Sie gehören zu den entschlossensten Unterstützern der Ukraine bei der Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg. 

Keines der drei baltischen Länder verfügt jedoch über eigene Kampfjets, der Luftraum der drei Länder wird daher von Nato-Verbündeten überwacht, die sich abwechselnd an dieser Aufgabe beteiligen.

Seit August 2025 leitet die italienische Luftwaffe mit F-35-Mehrzweckkampfflugzeugen das sogenannte Air Policing über Estland, Lettland und Litauen. Die deutsche Luftwaffe hatte sich zuletzt von März bis November 2024 an der Luftraumüberwachung beteiligt. Gemeinsam mit Großbritannien und Frankreich hatte die Bundesregierung zuletzt angekündigt, weitere Jets zur Überwachung der Nato-Ostflanke zur Verfügung zu stellen.

AFP