Verbindungen nach Moskau Estland wirft Nonnen Spionage für Russland vor

Eine Nonne vor dem Kloster Pühtitsa in Kuremäe, Estland
Eine Nonne vor dem Kloster Pühtitsa im estnischen Kuremäe (Archivbild). Das Kloster wurde 1891 gegründet. Jetzt ist es in einen Konflikt mit Estlands Regierung geraten
© FOCUS/Toomas Tuul/Universal Images Group via Getty Images
Laut Estlands Regierung sollen Nonnen russische Propaganda im Land verbreitet haben. Mit einem neuen Gesetz will man dagegen vorgehen. Das gefällt einem Kloster überhaupt nicht.

"Nuns don't work on Sunday", auf Deutsch: "Nonnen arbeiten nicht am Sonntag" – so lautet ein ikonischer Satz des US-Schauspielers Tom Selleck im Serien-Klassiker "Magnum P.I.". Es folgt ein Schusswechsel zwischen dem Privatdetektiv Thomas Magnum, gespielt von Selleck, und einer vermeintlichen Nonne. Wer in den vergangenen Tagen den "Telegraph" gelesen hat, könnte an diese bekannte Szene gedacht haben.

Denn die britische Zeitung berichtet: Russland soll Nonnen als Spione benutzt haben, um seine Propaganda zu verbreiten. Dabei handelt es sich um einen Vorwurf der estnischen Regierung gegenüber dem Nonnenkloster Pühtitsa in Kuremäe, das mit der russisch-orthodoxen Kirche verbunden ist. Die Politiker warnen, der Kreml wolle darüber seinen Einfluss in den baltischen Staaten ausweiten. Es sei ein Teil der hybriden Kriegsführung Wladimir Putins.

Der größte Streitpunkt ist ein neues Gesetz in Estland. Es verpflichtet das Kloster, die Beziehungen zum geistlichen Oberhaupt der Kirche, Patriarch Kyrill I. von Moskau, zu kappen. Der ist ein großer Befürworter des Krieges gegen die Ukraine.

Kloster wehrt sich gegen neues Gesetz in Estland

Doch die Nonnen bestehen auf die Verbindung zum Moskauer Patriarchat. Die kanonischen Regeln schreiben das vor, heißt es aus dem Kloster. Das neue Gesetz hingegen beschränke die Religionsfreiheit. Auch fühlten die Nonnen sich gezwungen, ihre neutrale Haltung in Bezug auf geopolitische Angelegenheiten aufzugeben.

Im Gespräch mit "The Telegraph" bestreitet die Äbtissin Filareta Kalatšova, dass das Kloster Verbindungen zu prorussischen Aktivisten pflege. "Wir sind ins Kloster gekommen, um die säkulare Welt hinter uns zu lassen, um diesen Problemen zu entfliehen und unsere Zeit dem Dienst am Herrn zu widmen", sagt sie. Das Kloster solle auch nicht für die Aussagen von Patriarch Kirill verantwortlich gemacht werden. "Jeder Krieg ist eine Tragödie, er bringt viel Tod mit sich, er ist für uns ein sehr großer Schmerz", beteuert Kalatšova.

Estnische Regierung sieht Religionsfreiheit nicht verletzt

Die estnische Regierung bezweifelt die Neutralität des Klosters. "Das Kloster sollte nicht nur als religiöse Einrichtung betrachtet werden, sondern auch als Symbol der Ideologie des Russki Mir auf estnischem Boden – einer Ideologie, die vom russischen Staat und dem Moskauer Patriarchat gefördert wird und Religion, Nationalismus und imperiale Nostalgie miteinander verbindet", erklärt Martin Tulit, ein hochrangiger estnischer Regierungsbeamter, dem "Telegraph".

Durch das neue Gesetz "darf eine Kirche, eine Gemeinde, ein Kloster oder ein Gemeindeverband in seiner Tätigkeit nicht von einer Person oder einem Verband mit bedeutendem Einfluss im Ausland geleitet werden", heißt es auf der Seite des estnischen Innenministeriums. Die Regierung bestreitet, dass dadurch die Religionsfreiheit verletzt wird.

Auch seien die Befürchtungen der Nonnen, das Kloster müsse schließen, ungerechtfertigt. Zwar könne das Kloster als religiöse Gemeinschaft bestehen, wenn es seine Verbindung nach Moskau nicht kappe, würden demnach aber spezielle rechtliche Vorteile verfallen.

Estland sieht sich durch den russischen Aggressor in seiner Existenz bedroht und unterstützt als EU-Land die Ukraine. Es befindet sich jedoch in einem Dilemma: In Estland lebt eine russische Minderheit von rund 300.000 Menschen.

lw

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