Müller äußerte die Sorge, "dass die politische Mitte in Deutschland nur noch begrenzt handlungsfähig ist". Dass es Vorbehalte gegen Personalvorschläge für Karlsruhe gebe, sei zwar nichts Neues, sagte der 69-Jährige. "Nur: Bisher wurde das im Vorfeld geklärt" - und hier habe es Versäumnisse auf Seiten der von Spahn geführten Unionsfraktion gegeben.
Man könne nicht der SPD zusagen, die Wahl einer Richterkandidatin mitzutragen, "um später festzustellen, dass die notwendigen Mehrheiten in der eigenen Fraktion dafür nicht vorhanden sind", kritisierte Müller.
Das Bundesverfassungsgericht sei allerdings arbeitsfähig, stellte Müller klar. Dies sei so, weil "die drei Richter, deren Amtszeit zu Ende ist, so lange bleiben, bis die gewählten Nachfolger übernehmen können". Nun müsse die politische Mitte "umsichtig" nach einem neuen Kompromiss suchen.
Der Bundestag hatte am Freitag eigentlich über die Neubesetzung von drei Richterposten beim Bundesverfassungsgericht befinden sollen. Die Unionsfraktion forderte aber kurzfristig die Absetzung der Wahl der SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf und verwies auf Plagiatsvorwürfe. Nach anderthalbstündigen Krisengesprächen zwischen den Koalitionspartnern Union und SPD wurden schließlich alle drei geplanten Richterwahlen von der Tagesordnung genommen.