"Wenn einige unionsgeführte Länder das nicht wollen, gefährden sie die Mehrwertsteuersenkung für die Gastronomie, die Entlastung von Pendlern und die Stärkung des Ehrenamts", warnte Klingbeil. "Ich glaube nicht, dass sie das riskieren wollen." Sollte es keine Einigung zwischen Bund und Ländern geben, könnte das Paket, das auch eine Erhöhung der Ehrenamtspauschale vorsieht, im Bundesrat scheitern.
Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) reagierte verärgert auf Klingbeils öffentliche Warnung. "Ich erwarte einfach vom Bundesfinanzminister, dass er sich jetzt um die Mehrheit für sein Gesetz kümmert", sagte Spahn am Mittwoch den Sendern RTL und ntv. Wenn der Finanzminister "sich weniger öffentlich beklagt und etwas mehr darum kümmert, dass dieses Gesetz eine Mehrheit hat, dann gelingt es auch".
Klingbeil müsse nun mit den Ländern sprechen, forderte Spahn. "Diese Unart der letzten Wochen, dass wir immer öffentlich die Dinge miteinander austragen, anstatt sie mal zuerst intern gemeinsam zu besprechen, die führt ja nicht zum Erfolg."
Der SPD-Chef forderte gegenüber der "Bild", das Entlastungsgesetz wie geplant zum 1. Januar 2026 in Kraft treten zu lassen. "Jetzt müssen die Länder wie verabredet dieses Paket mittragen", sagte Klingbeil. "Es geht um Entlastungen für die Bürgerinnen und Bürger."
Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) sieht anders als sein Parteikollege Klingbeil den Bund in der Pflicht, die Steuerausfälle zu kompensieren. Wenn der Bund Steuererleichterungen plane, müsse er auch dafür zahlen, sagte Schweitzer im Deutschlandfunk. Dass gerade die Kommunen so hoch verschuldet seien, lasse sich "mit Bundesgesetzgebung erklären". Schweitzer warnte vor den politischen Folgen, sollten die Kommunen wegen der hohen Schuldenlast handlungsunfähig werden.
Rückendeckung bekam Klingbeil von der CSU-geführten Landesregierung in Bayern. Landesfinanzminister Albert Füracker (CSU) appellierte an seine Länder-Kollegen, die Erhöhung der Pendlerpauschale und die Absenkung der Gastro-Mehrwertsteuer mitzutragen.
"Steuerliche Entlastungen sind für den Staat zwangsläufig zunächst mit Steuerausfällen verbunden", sagte Füracker der Mediengruppe Bayern. Er mahnte zur Geduld: "Wenn die Wirtschaft wieder anzieht, fließen auch wieder mehr Steuereinnahmen - hiervon profitieren dann in den nächsten Jahren wiederum auch alle Ebenen."
Bis zur Bundesratssitzung am 20. Dezember muss es eine Einigung zwischen Bundesländern und Finanzministerium geben, sonst kann das Gesetz nicht wie geplant in Kraft treten. Die Bundesländer fürchten durch die Erhöhung der Pendlerpauschale und die Senkung der Gastro-Steuer einen Steuerausfall bis 2030 von 11,2 Milliarden Euro.
Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband warnte eindringlich davor, die versprochene Mehrwertsteuersenkung in der Gastronomie scheitern zu lassen. Die Senkung sei "für die gastronomischen Betriebe die wichtigste Maßnahme für die Existenz- und Zukunftssicherung", sagte Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges den Zeitungen den Funke Zeitungen.
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, forderte, dass der Bund die Finanzierung der Steuerausfälle durch die Senkung der Gastro-Mehrwertsteuer und der Erhöhung der Pendlerpauschale ab 2026 komplett übernimmt. "Beide Maßnahmen sind reine Klientelpolitik ohne Vorteile für die deutsche Wirtschaft", sagte Fratzscher der "Rheinischen Post". Sie würden zu "empfindlichen Steuerausfällen und Mehrbelastungen der Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden führen" - und es gebe keinen Grund, dass Länder und Kommunen "die Klientelpolitik der Bundesregierung mit finanzieren sollten".