Die Bundesanwaltschaft wirft A. Mord an dem Polizisten Rouven L., dazu fünffachen versuchten Mord und gefährliche Körperverletzung vor. Die Tat sorgte kurz vor der Europawahl auch für politische Auseinandersetzungen wegen der Herkunft des Täters. Sie wird in der aktuellen Debatte zu Verschärfungen der Migrationspolitik in Verbindung mit der tödlichen Messerattacke in Solingen im August und zuletzt der tödlichen Messerattacke in Aschaffenburg genannt.
Der 2013 nach Deutschland gekommene, zuletzt in Heppenheim lebende A. soll sich der Anklage zufolge nach der erneuten Machtübernahme der Taliban in seinem Geburtsland im Jahr 2021 für deren Ideologie zu interessieren begonnen haben. Er habe sich dazu über Kanäle im sozialen Netzwerk Telegram informiert und seit Anfang 2023 die Ideologie der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) für sich angenommen.
Unmittelbar vor der Attacke habe er sich dann endgültig radikalisiert - A. habe es seit Mai 2024 nicht nur als legitim, sondern als Pflicht angesehen, "Feinde des Islams zu töten", hielt im die Bundesanwaltschaft vor. Als Ziel für solch eine Tat habe er bewusst eine Versammlung des Vereins Bürgerbewegung Pax Europa ausgewählt, der nach eigener Darstellung über den politischen Islam aufklären will. Hauptredner am Tattag sollte der wegen Volksverhetzung wiederholt verurteilte Islamkritiker Michael Stürzenberger sein.
"Der Angeklagte hatte den Entschluss gefasst, innerhalb kürzester Zeit einen größtmöglichen Schaden anzurichten", beschrieb die Bundesanwaltschaft den Tatplan für den 31. Mai. Aufgrund des "ruhigen Verhaltens" des Angeklagten habe sich Stürzenberger keiner Gefahr versehen. Dies habe A. ausgenutzt, ein Jagdmesser gezückt und auf Stürzenberger einzustechen begonnen.
Die Anklage beschreibt in der Folge ein unübersichtliches Gerangel, in dem der Angeklagte seinem Plan folgend mehrere Menschen angriff, darunter wiederholt Stürzenberger. Der Polizist L. habe eingreifen wollen. In der unübersichtlichen Situation versuchte L. allerdings einen Zeugen zu fixieren, der zuvor einen vermeintlichen weiteren Angreifer attackiert hatte.
A., der zunächst von Zeugen festgehalten werden konnte, habe sich von diesen losreißen können und dem Polizisten einen Messertstich in die Schulter verpasst und anschließend in den Kopf. Dabei erlitt L. ein so schweres Schädelhirntrauma, dass er zwei Tage später im Krankenhaus starb. Fünf weitere Menschen erlitten in der Kampfsituation teils lebensgefährliche Verletzungen.
In einer Vorbemerkung zum nun beginnenden, zunächst auf 52 Verhandlungstage angesetzten Verfahren sagte der Vorsitzende Richter Herbert Anderer, in dem Verfahren gehe es um die individuelle Schuld des Angeklagten. Es werde "nach Recht und Gesetz" verhandelt und nach den Regeln des Strafprozesses.
Es sei nicht Aufgabe des Gerichts, Antworten auf die mit dem Prozess gestellten gesellschaftlichen und politischen Fragen zu geben. "Wir werden folglich manche Frage, manchen Aspekt, die den einen oder anderen interessieren, gar nicht erörtern, vielleicht nur streifen", sagte Anderer.
A. war während des Angriffs von einem Polizisten angeschossen worden und kam erst nach abgeschlossener Behandlung in Untersuchungshaft. Er verweigerte auch dort bisher die Aussage.
Die Verlesung der Anklage verfolgte A. weitgehend teilnahmslos. Seine Verteidiger Axel Küster und Mehmet Okur sagten, es sei Aufgabe des Gerichts festzustellen, ob wie angeklagt Mordmerkmale vorlägen. Sie wollen sich ebenfalls nicht zur Sache äußern.
Keine Angaben machten sie auch, ob bei ihrem Mandanten womöglich eine psychische Beeinträchtigung vorliegt. Küster sagte über seinen Mandanten: "Er macht einen überaus sympathischen, netten Eindruck". Die deutsche Sprache habe er perfekt gelernt.