In der aktuellen Steuerdiskussion halte er es für "überhaupt nicht verwerflich, dass die Koalitionspartner unterschiedliche Ansätze verfolgen und in die Diskussion mit einbringen", sagte Wiese. Dabei sei klar, dass die Sozialdemokraten "weniger Bauchschmerzen" hätten als die Union, Wohlhabende stärker heranzuziehen, um mittlere und kleine Einkommen zu entlasten. Die Union hatte in der durch Äußerungen von Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) angestoßenen Debatte eine Erhöhung von Steuern entschieden zurückgewiesen.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) wollte sich in der Steuerfrage nicht positionieren. Vizeregierungssprecher Steffen Meyer verwies auf eine Frage nach der Haltung des Kanzlers nur darauf, dass für den Haushalt 2027 Einsparmöglichkeiten gefunden werden müssten. Insofern sei es "natürlich auch absolut richtig, dass diese Diskussion geführt wird", sagte er in Berlin.
Meyer verwies darauf, dass Merz "sehr klar eingefordert" habe, "dass wir im Rahmen der Haushaltsplanung für 2027 fortfolgende wirklich klare Prioritäten setzen müssen, vielleicht sogar knallharte Prioritäten setzen müssen, damit wir unsere politischen Ziele erreichen". Eine Sprecherin des CDU-geführtem Bundeswirtschaftsministeriums sagte lediglich, dass Steuererhöhungen "nicht gut für die Wirtschaft" seien.
Der CSU-Haushaltsexperte Florian Oßner forderte, die Konsolidierung des Haushalts durch Kürzungen bei den Ausgaben zu erreichen. "Unser Grundproblem liegt nicht unbedingt an zu geringen Steuereinnahmen, sondern vielmehr daran, dass wir zu viel ausgeben", sagte er im Deutschlandfunk.
Oßner verwies auf die "schiere Ausgabenexplosion" etwa im Sozialbereich, die auf Dauer nicht zu finanzieren sei. Auch eine Besteuerung von "Superreichen" würde "nicht die Grundproblematik lösen, dass wir zu viel ausgeben".
Finanzminister und SPD-Chef Klingbeil hatte am Sonntag im ZDF-"Sommerinterview" Steuererhöhungen für Reiche zur Schließung der Finanzierungslücke im Haushalt nicht ausgeschlossen: "Ich finde, es ist etwas, wo sich gerade Menschen mit hohen Einkommen, hohen Vermögen auch fragen müssen, welchen Teil tragen wir dazu bei, dass dieses Land gerechter wird." Dafür hatte er viel Widerspruch vom Koalitionspartner Union kassiert.
SPD-Parlamentsgeschäftsführer Wiese verwies am Mittwoch auf die für kommende Woche geplante Klausurtagung der Fraktionsvorstände von Union und SPD in Würzburg, bei der die weiteren Vorhaben der Regierung abgestimmt werden sollten. Die Würzburger Tagung sei "ein wichtiger Step", sagte der SPD-Politiker. Er wolle im inneren Zirkel auch "über die Arbeitsweise" der Koalition sprechen, "um wieder in einen vernünftigen Arbeitsmodus zu kommen".
Wiese verwies dabei auf den anhaltenden Ärger in seiner Fraktion über die an der Union gescheiterte Wahl einer von der SPD vorgeschlagenen Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht. "Das Nichteinhalten von Zusagen hat den Gang in die Sommerpause belastet", sagte Wiese. Die Koalition müsse sich nun auf die inhaltliche Arbeit konzentrieren.