Ungarischer Schriftsteller Laszlo Krasznahorkai erhält Literatur-Nobelpreis

Laszlo Krasznahorkai erhält den Literatur-Nobelpreis 2025
Laszlo Krasznahorkai erhält den Literatur-Nobelpreis 2025
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Der Literatur-Nobelpreis wird in diesem Jahr an den ungarischen Schriftsteller Laszlo Krasznahorkai verliehen. Der 71-Jährige werde "für sein überwältigendes und visionäres Werk geehrt, das inmitten eines apokalyptischen Terrors die Macht der Kunst bekräftigt", erklärte die Schwedische Akademie am Donnerstag in Stockholm und betonte die "Leichtigkeit und eine große lyrische Schönheit" in Krasznahorkais Werk.

Krasznahorkai sei "ein großer epischer Schriftsteller" der in der mitteleuropäischen Tradition stehe, die sich von Franz Kafka bis Thomas Bernhard erstrecke "und durch das Absurde und groteske Übertreibungen gekennzeichnet ist", erklärten die Juroren. 

"Ich bin sehr glücklich, ich bin ruhig und gleichzeitig sehr aufgeregt", sagte der Schriftsteller von Frankfurt aus dem schwedischen Rundfunksender Sveriges Radio. "Es ist mein erster Tag als Nobelpreisträger."

Krasznahorkai wurde am 5. Januar 1954 in der Kleinstadt Gyula im Südosten Ungarns als Sohn einer jüdischen Familie der Mittelklasse geboren. In seinem Heimatland gilt er vielen als der bedeutendste ungarische Autor der Gegenwart. 

Eine große Leserschaft hat er auch in Deutschland, wo er mehrere Jahre lang lebte. Erstmals kam er 1987 mit einem Stipendium des Deutschen Akademischen Auslandsdienstes (DAAD) ins damalige West-Berlin. Anlässlich einer Gastprofessur im Sommersemester 2008 an der Freien Universität Berlin lebte er mehrere Jahre in der deutschen Hauptstadt und erhielt 2017 einen deutschen Pass. Heute lebt er überwiegend in Ungarn. 

Krasznahorkais Romane, Erzählungen und Essays sind inspiriert von seinen Erfahrungen in der Zeit des Kommunismus und durch seine Reisen ins Ausland, die ihn auch in die Mongolei, nach China und Japan führten. Die Schwedische Akademie würdigte, dass er in seinen Werken auch nach Osten blicke, "indem er einen kontemplativeren, fein abgestimmten Ton anschlägt". 

Krasznahorkais erster Roman "Satanstango" von 1985 machte ihn in seiner Heimat umgehend bekannt und gilt auch heute noch als sein berühmtestes Werk. Die Schwedische Akademie bezeichnete den Roman als "literarische Sensation". 

Er ist in einer heruntergekommenen Siedlung im Südosten Ungarns angesiedelt und thematisiert in Form einer Parabel die Agonie der sozialistischen Verhältnisse. Das Buch sei für Menschen, "die eine Vorliebe für das schmerzlich Schöne haben", sagte Krasznahorkai in einem Interview. 

Seinen Ruf, Untergangsvisionen mit tragisch-komischer Ironie zu beschreiben, festigte er mit dem Erzählungsband "Gnadenverhältnisse" von 1988 und dem Roman "Melancholie des Widerstandes" von 1989. Der 2018 veröffentlichte Roman "Baron Wenckheims Rückkehr" wurde von Krasznahorkai als sein "erster humorvoller Roman" bezeichnet. 

Krasznahorkai mischt in seinen Werken Reales und Surreales, typisch für seine Schreibweise sind wenige Absätze und lange, komplexe Sätze. "Mein Ehrgeiz ist es, wenigstens einen perfekten Satz zu schreiben", sagte er 2018 der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Er habe es "wieder und wieder probiert und mit der Zeit wurden die Sätze immer länger ... weil ja auch unser Denken ein endloser stürmischer Prozess ist".

Steve Sem-Sandberg von der Schwedischen Akademie betonte, auch wenn Krasznahorkais "gewichtige, rollende Syntax" vielleicht zu seinem Markenzeichen geworden sei, lasse "sein Stil auch eine Leichtigkeit und eine große lyrische Schönheit zu". 

Die US-Kritikerin Susan Sontag bezeichnete Krasznahorkai als "Meister der Apokalypse", andere vergleichen ihn mit dem irischen Schriftsteller Samuel Beckett und dem russischen Autor Fjodor Dostojewski. Nach der Veröffentlichung des Romans "Krieg und Krieg" 1999 nannte die "Süddeutsche Zeitung" ihn den "großen Lichtausmacher am Ende des Jahrtausends".

Laszlo Krasznahorkai zählte schon seit mehreren Jahren zu den Anwärtern auf den Nobelpreis. Als erster Ungar hatte der Holocaust-Überlebende Imre Kertesz im Jahr 2002 den Literatur-Nobelpreis erhalten. 

Auf sein Heimatland blickt Krasznahorkai kritisch: "Es gibt heute nicht mehr viel Hoffnung in Ungarn, und das liegt nicht nur am Orban-Regime", sagte er in diesem Jahr der schwedischen Zeitung "Svenska Dagbladed" mit Blick auf den seit 2010 regierenden Ministerpräsidenten Viktor Orban. "Das Problem ist nicht nur politisch, sondern auch sozial", fügte er hinzu.

Orban gratulierte Krasznahorkai am Donnerstag: "Der Stolz Ungarns, der erste Nobelpreisträger aus Gyula, Laszlo Krasznahorkai. Glückwünsche!", erklärte Orban im Onlinedienst Facebook. 

Im vergangenen Jahr war die Südkoreanerin Han Kang ausgezeichnet worden. Der Nobelpreis ist mit elf Millionen schwedischen Kronen (rund eine Million Euro) dotiert. Die Auszeichnungen werden am 10. Dezember vergeben, dem Todestag von Preisstifter Alfred Nobel.

AFP

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