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Abstimmung Endspurt für die Weltwunderwahl

Der Countdown läuft. Nur noch wenige Stunden bleiben den Menschen auf aller Welt um abzustimmen. Dann ist klar, welche Bauwerke sich zu den "Neuen Sieben Weltwundern" zählen dürfen. Zu den Kandidaten gehört auch das Schloss Neuschwanstein. Doch es sieht nicht gut aus für das Märchenschloss Ludwig II.

Deutschland, das ist leckeres Bier, eine schnelle Fahrt auf der Autobahn und das Schloss Neuschwanstein. Zumindest für viele Touristen. Ob Amerikaner, Japaner oder Italiener: Für fast jeden Deutschland-Besucher gehört ein Abstecher zum Märchenschloss von König Ludwig II. zum absoluten Muss. Der weiße Prachtbau ist mit 1,3 Millionen Gästen eines der beliebtesten Touristenziele des Landes. Nun kann sich das Schloss sozusagen die Krone aufsetzen. Es gehört zu den 21 Kandidaten für den Wahl zu den "Neuen Sieben Weltwundern". Bis zum 6. Juli um Mitternacht läuft die Abstimmung noch. Bis dahin können Menschen auf der ganzen Welt per Telefonanruf, per SMS oder am besten im Internet unter www.new7wonders.com abstimmen.

Mehr als 70 Millionen Stimmen eingegangen

Aber es sieht nicht besonders gut aus für den einzigen deutschen Vertreter. Bei der Bekanntgabe des letzten Zwischenstandes vor der endgültigen Zählung Anfang Juni lag Neuschwanstein am hinteren Ende. Um die Chancen Neuschwansteins zu erhöhen, schaltete sich inzwischen aber auch die bayerische Landesregierung mit einer Werbeaktion ein: Der bayrische Ministerpräsident Stoiber hatte zusammen mit drei seiner Landesminister vor Kameras per SMS für das weltberühmte Bauwerk Ludwigs II. abgestimmt. "Kein Schloss der Welt ist international so bekannt und hat zugleich diesen ganz besonderen Charme", betonte Stoiber. Beim Schloss selber hat man die Hoffnung allerdings schon aufgegeben. "Ich glaube nicht, dass das Schloss ein Weltwunder wird. Das ist vorbei", sagte der Castellan des Schlosses, Manfred Kempf zu stern.de. "Man hat am Anfang der Abstimmung zu wenig für Neuschwanstein gemacht. Da hätte vom bayrischen Finanzministerium mehr getan werden müssen", sagte Kempf.

Denn die Konkurrenz ist hart. Unter den Mitbewerbern sind etwa die Akropolis in Athen, die Chinesische Mauer, der Eiffelturm in Paris, das Taj Mahal im indischen Agra, das Kolosseum in Rom, die Freiheitsstatue in New York oder die Inka-Ruinenstadt Machu Picchu. Zudem kommt, dass die Initiative in der Bundesrepublik im Gegensatz zu anderen Staaten auf nur wenig Resonanz stößt. In Spanien etwa riefen König Juan Carlos und die Madrider Regierung zur Abstimmung für den Alhambra-Palast in Granada auf, der auch täglich im staatlichen Rundfunk als "neues Weltwunder" angepriesen wird.

Kritik und Lob für den Organisator

Organisator der Wahl ist der Schweizer Abenteurer, Filmemacher, Hobbyflieger und Millionär Bernard Weber. Er startete eine weltweite Internet-Umfrage, um die sieben Weltwunder der Neuzeit zu bestimmen. Am 7. Juli 2007, sollen sie in einer Galashow im "Stadion des Lichts" in Lissabon gekürt werden.

"Gefährdete Baudenkmäler können gerettet werden, wenn ihre Schönheit international bekannt gemacht wird", meint der 54-Jährige. So gründete er im Jahr 2001 in Zürich die New7Wonders-Stiftung. Eine Expertengruppe unter Leitung des früheren Unesco-Direktors Federico Mayor Zaragoza ermittelte unter den meistgewählten Bauwerken 20 Finalisten, die nun unter dem Motto "Unser Erbe ist unsere Zukunft" gegeneinander antreten. "Es ist die erste globale Wahl der Welt", sagt Weber. Bislang wurden mehr als 70 Millionen Stimmen abgegeben.

Unumstritten ist die Initiative allerdings nicht. Die Unesco als eigentliche Hüterin des Weltkulturerbes distanzierte sich. Um "jede schädigende Verwechslung" zu vermeiden, stellte die Organisation klar, dass es sich bei der Suche nach den neuen Weltwundern um eine private Medienkampagne ohne wissenschaftliche Kriterien handele, die zudem nur die Meinung jener Bürger widerspiegele, die auch Zugang zum Internet hätten. "Diese Aktion wird in keiner Weise maßgeblich und dauerhaft zur Erhaltung der gewählten Bauten beitragen können." So sieht es auch der spanische Kunsthistoriker und frühere Prado- Direktor Francisco Calvo Serraller, der das Ganze für "unsinnig und kindisch" hält. "Mit dieser Methode könnte selbst das Fußballstadion von Real Madrid zu einem Weltwunder erklärt werden."

Richtig erbost waren die Ägypter, deren Gizeh-Pyramiden als einziges noch erhaltenes "altes" Weltwunder ebenfalls unter den zunächst 21 Finalisten auftauchten. Dies sei absurd, hieß es. Die Proteste waren so groß, dass die Pyramiden schließlich von Webers Stiftung von der Abstimmung ausgenommen und zum "ewigen Weltwunder" erklärt wurden. Kritiker warfen dem Schweizer überdies vor, sich bereichern zu wollen, weil abgesehen von der kostenlosen Internet- Wahl die Abstimmung per SMS oder Telefonanruf Geld kostet. Dies sei unsinn, sagt Weber. Vielmehr habe er aus der eigenen Tasche draufzahlen müssen. Überdies soll die Hälfte der Einnahmen in die Restaurierung alter Baudenkmäler wie etwa die von den Taliban zerstörten Buddha-Statuen von Bamiyan fließen.

Trotz allem gab es für Weber aber auch viel Anerkennung. Die sieben alten Weltwunder standen alle im Mittelmeerraum und in Vorderasien, weil dies die Antipatros bekannte Welt war. Viele Länder vor allem in der Dritten Welt sehen deshalb in der Initiative die Gelegenheit zu einer gerechteren Darstellung ihrer Kultur. So wurde der Schweizer in vielen der Kandidaten-Ländern wie ein Visionär empfangen und als Staatsgast behandelt. Freilich werden sich viele Reiseveranstalter mit Blick auf die Vermarktungschancen der neuen Weltwunder die Hände reiben.

Die Show in Lissabon verspricht jedenfalls gute Unterhaltung. Dabei sein werden die Oscar-Preisträger Ben Kingsley und Hilary Swank oder der Astronaut Neil Armstrong, der als erster Mensch auf dem Mond war. Für die Musik werden unter anderem Jennifer Lopez, José Carreras und Chaka Khan sorgen. Und Weber hat schon das nächste Projekt im Blick: Er will die sieben Weltwunder der Natur küren.

Von Malte Arnsperger mit Agenturmaterial

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