Die Polizei hat bei einer Großrazzia einen Münchner Kinderschänderring gesprengt und zwölf Verdächtige festgenommen. Die Festgenommenen sollen nicht nur tausende kinderpornografische Bilder und Videos über das Internet verbreitet haben, sondern sich auch selbst über Jahre hinweg an Minderjährigen vergangen haben, wie die Polizei am Freitag mitteilte. Der Münchner Oberstaatsanwalt Anton Winkler bestätigte, dass Recherchen des "Stern" und des ZDF zu dem Ermittlungserfolg beitrugen.
Die Recherchen des Journalisten Manfred Karremann
Der Journalist Manfred Karremann war für ein gemeinsames Projekt beider Medien über ein Jahr inkognito in die Szene eingetaucht und mit dem Wohnmobil durch ganz Deutschland gereist um Kontakt zu mutmaßlichen Tätern zu knüpfen. Männer führten ihm dabei unter anderem selbst gedrehte Videos vor, wie sie Mädchen im Alter von unter vier Jahren sexuell misshandelten, wie Karremann im aktuellen Stern berichtet. "Es war die härteste Recherche die ich je gemacht habe", erklärte der Reporter, dessen Dokumentarfilm "Am helllichten Tag" das ZDF am kommenden Dienstagabend ausstrahlt.
Überraschungsschlag der Polizei
In der Nacht zum Freitag hatten mehr als 200 Polizisten und Staatsanwälte zu einem Überraschungsschlag ausgeholt und insgesamt 18 Wohnungen durchsucht. Schwerpunkt war die bayerische Landeshauptstadt, wo die Beamten am Donnerstagabend blitzartig 16 Wohnungen stürmten. Die Einsatzkräfte hätten die Objekte die ganze Nacht bis um 8.00 Uhr Morgens gründlich durchsucht, berichtete eine Polizeisprecherin. Auch in Memmingen und in Oberbayern wurden nach Polizeiangaben jeweils eine Wohnung durchsucht. Insgesamt wurden 36 Computer, 41 Festplatten und über 8.000 CD-ROMs mit unzähligen Pornobildern und Videos beschlagnahmt. Gegen die zwölf Verdächtigen wurde Haftbefehl erlassen.
Treffpunkt im Münchner Stadtteil Schwabing
Nach Informationen des Bayerischen Rundfunks (BR) soll im Mittelpunkt der Ermittlungen eine Wohnung im Münchner Stadtteil Schwabing stehen, die den Tätern als Treffpunkt gedient haben soll. Die Beamten hätten bei der Razzia in der Regel die Wohnungstüren aufgebrochen, um die Verdächtigen zu überraschen und am Löschen von Computerdateien zu hindern.
Polizei und Staatsanwaltschaft wollten am Freitag zunächst nicht auf weitere Einzelheiten der Ermittlungen eingehen und kündigten für kommenden Montag eine umfangreiche Pressekonferenz an, bei der die Ermittler auch Teile des sicher gestellten Materials vorlegen wollen. Nach der Nachtaktion sei am Freitag noch nicht mit der Auswertung des sicher gestellten Materials und den Vernehmungen begonnen worden, sagte eine Polizeisprecherin.
Bislang größte Razzia liegt vier Wochen zurück
Erst vor einem Monat hatte die Polizei zu ihrem bislang in Deutschland größten Schlag im Kampf gegen Kinderpornografie ausgeholt. Bei der weltweit umfangreichsten derartigen Operation wurden Ende September in 166 Ländern unter dem Namen "Marcy" 38 kinderpornografische Zirkel im Internet gesprengt. In Deutschland wurden dabei 530 mutmaßliche Täter ermittelt, die kinderpornografisches Material besessen oder verbreitet haben sollen. Bundesweit wurden 745 Computer, mindestens 35.500 CDs, 8.300 Disketten sowie 5.800 Videos beschlagnahmt. Das jüngste dabei festgestellte Opfer sei erst vier Monate alt gewesen.