Spektakulär ist das Video nicht – und trotzdem brisant. Es zeigt, wie die kroatische Polizei Flüchtlinge über die grüne Grenze illegal nach Bosnien abschiebt. Zwei kroatische Polizeifahrzeuge fahren auf einer Landstraße. Bei einem Waldstück machen sie halt. Im nächsten Schnitt führen Polizisten eine Menschengruppe durch den Wald. Vor einem Grenzstein bleiben sie stehen. Die Polizisten weisen die Menschen hinter sich an, die Grenze nach Bosnien zu übertreten.
Die Aufnahmen stammen von Reportern des Schweizer Rundfunks. Zum ersten Mal konnten sie beweisen, dass Kroatien Flüchtlinge über die EU-Außengrenze abschiebt. An zwei Tagen dokumentierten die "Rundschau"-Reporter vier sogenannte Push-Backs. Die Aktionen hätten rund 70 Menschen – hauptsächlich aus Pakistan, Algerien und Afghanistan – betroffen.
Flüchtlinge wurden ohne Verfahren abgeschoben
Die Reporter konnten auf der bosnischen Seite mit den zurückgeschobenen Flüchtlingen sprechen. Es hätte kein Verfahren für die rund 70 Asylwerber gegeben. Auf dem Videomaterial ist zu sehen, wie die kroatische Polizei die Flüchtlingsgruppe ohne große Anstalten über die Grenze nach Bosnien winkt. Bei den Push-Backs sei von kroatischen Beamten auch Gewalt angewendet worden.
Ein junger Pakistani, aus der abgeschobenen Gruppe, erzählt den "Rundschau"-Reportern: "Sie haben uns alle in einen Van gesteckt und zur Grenze gefahren. Dann haben sie unsere Handys zerstört und uns mit Knüppelhieben Richtung Bosnien geschickt." Das Geld, das einige dabei gehabt hätten, sei ihnen gestohlen worden.
Eine afghanische Familie mit Kleinkindern berichtet, wie sie im Wald von kroatischen Polizisten gestoppt worden sei. "Sie richteten die Pistolen auf uns und sagten 'Stopp'. Wir hatten große Angst und weinten", sagt das älteste der Kinder. Als die Familie um Asyl gebeten habe, hätten die Beamten gelacht - man werde ihnen "bosnisches Asyl" geben.
Die Journalisten legten ihr Material Rechtsexperten und Fachleuten von Menschenrechtsorganisationen vor. András Léderer vom "Hungarian Helsinki Committee" spricht von massiven Menschenrechtsverletzungen. Ein Verfahren sei zwingende Voraussetzung für eine Rückführung. Die Videoaufnahmen zeigten aber klar eine kollektive Abschiebung mitten im Wald. Solch ein Vorgehen sei immer illegal.
"Es ist ein Verstoß gegen EU-Recht und Völkerrecht", sagt der deutsche Migrationsforscher Marcus Engler. Kroatien sei dabei kein Einzelfall. "Die Praxis wird an der ganzen EU-Außengrenze angewendet."
Quelle: "SRF"