Wer sich derzeit durch das Schnee- und Eischaos kämpft, kommt kaum umhin, mindestens einen Spaziergänger ausrutschen zu sehen.
Wegen Glätte und Schnee sind auf mehreren Autobahnen in Hessen und Rheinland-Pfalz in der Nacht zu Donnerstag Hunderte Fahrzeuge hängen geblieben. Am Frankfurter Flughafen wurden auch für den Donnerstag noch viele Flüge annulliert. In Bayern hingegen stabilisiert sich die Lage, die Flüge fliegen wieder, und das Eis auf den Spazierwegen ist von allein geschmolzen.
Was bleibt, ist Streusalz, das der Umwelt schadet. In Bayern gibt es seit wenigen Jahren eine innovative Alternative – Gurkenwasser. Aber auch grundsätzlich sollte man Salze vermeiden, wenn es geht. Mehr als vier Millionen Tonnen sollen allerdings nach Angaben des Umweltbundesamtes in harten Wintern auf unseren Straßen und Fußgängerwegen landen.
Wie wirkt Streusalz?
Streusalze bestehen vor allem aus Natriumchlorid – das ist normales Kochsalz –, aus Calcium- oder Magnesiumchlorid. Das Salz verringert den Gefrierpunkt und damit das Eis auf den Wegen oder verhindert, dass sich überhaupt welches bildet. Allerdings ist es bei Temperaturen unter minus 20 Grad wirkungslos, dasselbe gilt für andauernden Schneefall.
Warum ist Streusalz so umweltschädlich?
Das Streusalz fließt in das Kanalsystem ab oder gelangt über das Schmelzwasser in Flüsse, Bäche, Seen und ins Grundwasser und belastet das Ökosystem. Am Straßenrand kann das Salz Pflanzen verätzen. Versickertes Streusalz kann Straßenrandböden über viele Jahre hinweg anreichern. Die Schäden zeigen sich so unter Umständen über Jahre verzögert. Denn bei einem überhöhten Salzgehalt werden wichtige Nährstoffe ausgewaschen, die Aufnahme von Nährstoffen und Wasser für die Pflanzen und Bäume erschwert, sie werden anfälliger für Krankheiten oder vertrocknen. Bei Hunden, Katzen oder anderen Tieren kann sich das Salz in den Pfoten festsetzen und Entzündungen hervorrufen. Daneben greifen die Salze auch Fahrzeuge und Bauwerke an – besonders problematisch ist das bei Denkmälern oder bei Korrosionsschäden an Brücken.
Was ist die Gesetzeslage?
Grundstückbesitzer müssen für geräumte Bürgersteige sorgen und bei Unfällen gibt es ein hohes Haftungsrisiko. Grundlage ist §823 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Für viele steht deshalb außer Frage, den Gehweg zu salzen. Nur: In vielen Gemeinden ist der private Einsatz von Streusalz verboten – mit Ausnahmen von Treppen oder ähnlich kritischen Bereichen. Wer dagegen verstößt, muss mit Bußgeldern rechnen. Eine einheitliche Regelung auf Bundes- und Länderebene gibt es allerdings nicht. Der BUND Naturschutz kritisiert, dass Baumärkte weiterhin Streusalz verkaufen.
Welche nachhaltigen Alternativen gibt es?
In Bayern gibt es ein Pilotprojekt der Bayerischen Staatsbauverwaltung und der Firma Develey im niederbayerischen Dingolfing. Das Unternehmen verwendet nun seit 2019 Salzwasser aus der Gurkenproduktion und stellt es für den Winterdienst zur Verfügung.
Salz sparen mit Gurkenwasser
Die Sole, die bei der Produktion von Essiggurken entsteht, wird eigentlich entsorgt. Dabei handelt es sich übrigens um Abwasser – und ganz explizit nicht um das saure Gurkenwasser im Glas. Auch über den Geruch auf den Straßen muss sich niemand Gedanken machen. Damit das Salz für den Winterdienst genutzt werden kann, wird es gereinigt und zu Sole aufbereitet. Dafür wird die Konzentration durch die Straßenmeisterei in Dingolfing von 7 auf 21 Prozent erhöht und in umliegenden Landkreisen eingesetzt.

Die Firma muss auf diese Weise ihr Salzwasser nicht aufwendig entsorgen, und durch die umweltfreundlichere Sole gelangt weniger Salz in die Natur. So lassen sich 90 Tonnen Salz pro 1000 Tonnen verwendeter Sole sparen. Durch den Einsatz von Gurkenwasser können jährlich bis zu 180 Tonnen Streusalz und knapp eine Million Liter Wasser eingespart werden.
Das einzige Problem dabei: Es handelt sich hier immer noch um Salz. Und auch die Sole aus dem Gurkenwasser belastet die Umwelt.
Rübensirup statt Streusalz
In den USA hat man noch eine andere Methode gefunden. Auch hier ist Salz im Gemisch, allerdings setzt man vor allem im Norden auf Rübensirup. Zum Beispiel in Washington D.C. oder in Kanada wird zum Teil Rübensaft mit Salz kombiniert.
Die Mischung besteht laut "Washington Post" aus 23 Prozent Salz, 62 Prozent Wasser und 15 Prozent Rübensirup. Und sie soll mindestens genauso effektiv wie das deutlich bekanntere Streusalz sein. Entdeckt wurde die Methode von einem ungarischen Wissenschaftler in den Neunziger Jahren. In den vergangenen Jahren haben sie immer mehr Städte für sich entdeckt. Weil die Mischung so klebrig ist, bleibt sie länger auf der Straße und wirkt anders als das Streusalz auch bei sehr niedrigen Temperaturen.
Aber auch der Rübensirup könnte für Insekten schädlich sein – er ist aber wohl immer noch umweltverträglicher als das reine Streusalz.
Streusplit, Sand und Späne
Anstatt Salzen empfehlen der BUND Naturschutz oder der NABU sogenannte Abstumpfmittel, also Splitt, Späne oder Sand. Das Eis schmilzt dadurch zwar nicht, wird aber weniger rutschig. Dafür braucht es aber eine ganze Menge, laut Umweltbundesamt etwa 100 Gramm pro Quadratmeter. Und deshalb könnte der Energiebedarf bei den abstumpfenden Mitteln höher liegen als bei Streusalz. "In der Energiebilanz ist noch der Aufwand für das Einsammeln und gegebenenfalls Reinigen am Saisonende zu berücksichtigen", heißt es beim Umweltbundesamt.
Wer Streuprodukte kauft, sollte auf das Umweltzeichen "Blauer Engel" achten, denn darin sind keine Salze enthalten.
Und wer völlig umweltgerecht bleiben möchte, muss so früh wie möglich zur Schneeschaufel greifen.
Quellen: Develey, Umweltbundesamt, BUND Naturschutz
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