Kinder muss man sicher vor einigen Dingen schützen – Gewalt, Drogen, Pornographie. Was sicher nicht dazu gehört: Homosexualität. In den meisten Köpfen ist das glücklicherweise schon angekommen. Doch leider nicht in allen.
Im Anzeigenblatt "OWL am Sonntag" der Regionalzeitung "Westfalen-Blatt" wurde ausgerechnet am Tag gegen Homophobie, der weltweit am 17. Mai gefeiert wird, ein Artikel mit homophobem Inhalt gedruckt – der wöchentliche "gute Rat am Sonntag". Darin fragt Bernhard, 43, um Hilfe. In der Familie stehe eine Hochzeit bevor, die Töchter sollen Blumenmädchen sein. Problem: Sein schwuler Bruder und dessen Freund seien zwar wunderbare Menschen, aber eine Hochzeit - und das habe er mit seiner Frau auch so den Kindern beigebracht - sei eine ernste Entscheidung zwischen Mann und Frau. Und zwar nur zwischen Mann und Frau.
Homosexuelle haben in seiner Welt also nicht das Recht zu heiraten. Seine engstirnige Meinung hat er auch den sechs und acht Jahre alten Töchtern eingetrichtert. Seine Sorge jetzt: "Ich will nicht, dass unsere Töchter sich in ihrem Alter mit dem Thema der sexuellen Orientierung befassen."
"Ich gebe Ihnen Recht"
Und statt die Chance zu nutzen, dem Mann, der seinen Bruder und dessen Partner als wunderbare Menschen bezeichnet, zu sagen, dass die Kinder zwar Fragen stellen werden, aber es der richtige Weg ist, offen über Homosexualität zu sprechen, hat "OWL am Sonntag" einen Rat veröffentlicht, der an Homophobie kaum zu übertreffen ist. Barbara Eggert, die Ratgeberin, sieht gleich mehrere Probleme. So sei es ihrer Meinung nach für homosexuelle Paare zum einen sicherlich nicht einfach, eine gelungene Hochzeitsfeier zu organisieren, zum anderen müsse man nun doch wirklich nicht auch noch kleine Kinder zu so einer Feierlichkeit einladen.
Anstatt dem fragenden Vater, der scheinbar nicht sicher ist, ob seine Meinung zu dem Thema richtig ist, eine andere Sichtweise mit auf den Weg zu geben, verstärkt sie die Homophobie nur. "Ich gebe Ihnen Recht, Ihre Töchter würden durcheinander gebracht und können die Situation Erwachsener nicht richtig einschätzen." Ihr abwertender Tipp für die Hochzeit: "Sagen Sie Ihrem Bruder, dass Ihre Kinder an der Feier nicht teilnehmen, weil Sie nicht möchten, dass die Kinder verwirrt werden."
Wieso der Ratgeber gedruckt wurde, wieso kein verantwortlicher Redakteur sein Veto einlegte, bleibt unbeantwortet. Trotz mehrmaliger Nachfrage des stern äußerte sich das "Westfalen-Blatt" nicht.
Auf Twitter gibt es dagegen Reaktionen:
Sogar eine Petition, die sich für Sanktionen gegen die Autorin Barbara Eggert ausspricht, wurde bereits erstellt.
Die Frage und Antwort des Ratgebers im Wortlaut:
"Töchter schützen"
Unsere Töchter sind acht und sechs Jahre alt. Mein Bruder wird demnächst heiraten und möchte, dass unsere Mädchen Blümchen streuen. Meine Frau und ich haben unseren Kindern beigebracht, dass die Ehe eine ernste Entscheidung zwischen Mann und Frau ist. Mein Bruder und sein Freund sind wunderbare Menschen, aber eine Ehe finde ich unpassend. Ich will nicht, dass unsere Töchter sich in ihrem Alter mit dem Thema der sexuellen Orientierung befassen.
Barbara Eggert antwortet: Es ist für homosexuelle Paare sicherlich nicht einfach eine gelungene Hochzeitsfeier zu organisieren. Aber bei allem Respekt, es muss nicht sein, sechs- und achtjährige Kinder einzuladen. Ich gebe Ihnen Recht, Ihre Töchter würden durcheinander gebracht und können die Situation Erwachsener nicht richtig einschätzen. Sagen Sie ihrem Bruder, dass Ihre Kinder an der Feier nicht teilnehmen, weil Sie nicht möchten, dass die Kinder verwirrt werden.