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Aktionstag #FightClimateInjustice Dem Untergang geweiht: Fünf Aktivist*Innen berichten über die Klima-Ungerechtigkeit in ihren Ländern

Protest in den Philippinen
In den Philippinen fällt jede Form von Aktivismus unter das Antiterror-Gesetz - auch Umweltaktivismus.
© Fridays For Future
Der Inselstaat Tuvalu droht im Meer zu versinken und in den Philippinen gilt jede Form von Aktivismus als Terrorismus. Zum globalen Aktionstag gegen Klima-Ungerechtigkeit stellen wir fünf Aktivist*Innen und ihre Arbeit vor.

In den vergangenen Monaten fanden die Proteste der Aktivist*Innen von Fridays For Future hauptsächlich in der digitalen Welt statt. Pünktlich zum Weltklimatag kehren sie heute auf die Straße zurück. Mit einem globalen Aktionstag demonstrieren sie weltweit gegen Klimaungerechtigkeit.

Wir stellen Ihnen fünf Klimaaktivist*Innen vor, die sich für die Bewahrung ihrer Heimat und gegen den Raubbau an der Natur einsetzen. Die dafür kämpfen, dass ihr Land nicht im Wasser verschwindet und die teilweise unter Einsatz ihres Lebens ihre Stimmen auf der Straße erheben. Ihre Länder und die Menschen, die in ihnen leben, sind am stärksten von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen. 

Matagi Mālohi
Matagi Mālohi aus Tulavu kämpft mit den Pacific Climate Warriors dagegen an, dass sein Zuhause im Meer versinkt.
© 350.org/matagimalohifilm/Youtube (Screenshot)

Matagi Mālohi, Tulavu: "Klimagerechtigkeit ist die Befreiung der Indigenen"

Der 22-Jährige Matagi Mālohi gehört zu den Pacific Climate Warriors und setzt sich für den Erhalt der Inselstaaten im Pazifischen Ozean ein. In einem Kurzfilm hält er eine Brandrede darüber, was der Klimawandel für sein Zuhause, den Inselstatt Tulavu bedeutet. "Die Geschichte unserer Leute wird vom Meer verschluckt, wir werden zum Mythos, zu einer Erzählung", sagt er. Laut der Vereinten Nationen gehört Tuvalu zu den vier Ländern der Welt, die am meisten von dem steigenden Meeresspiegel betroffen sind. "Die Heimat unserer Familien ist in Gefahr", sagt er. Obwohl die Inselstaaten weniger als ein Prozent der globalen Emissionen verursachten, erlebten sie den Klimawandel beschleunigt. "Im Pazifik sind die Veränderungen schneller, deutlicher und drastischer", sagt er. Im Kampf um Klimagerechtigkeit gehe es auch um die Bewahrung der Vergangenheit, darum, dass die Geschichte der Vorfahren nicht verloren gehe. "Klimagerechtigkeit ist die Befreiung der Indigenen. Klimagerechtigkeit ist unsere Befreiung. Und wir weigern uns zu schweigen", sagt er. "Dem Rest der Welt sagen wir: Wir werden nicht untergehen." 

Hilda Flavia Nakabuye
Hilda Flavia Nakabuye gehört zu den führenden Umweltaktivistinnen in Uganda.
© COP25 (Screenshot)

Hilda Flavia Nakabuye, Uganda: "Hört auf, so selbstzentriert zu sein"

"Wir sollten keine Krise erleiden, die wir nicht gemacht haben", sagte Hilda Flavia Nakabuye bei ihrer Rede beim COP25 in Madrid. Die Bürgerrechtlerin gilt als eine der führenden Köpfe der Umweltbewegung in Uganda. Es seien Unternehmen reicher Länder, welche die Luft verschmutzen, Regenwälder roden. Und die mit ihren Taten den Klimawandel befeuern. Sie spreche nicht, um Zuwendungen zu bekommen, sie spreche für die sterbenden Kinder, vertriebenen Frauen und alle Menschen, die unter den Effekten des Klimawandels in ihrem Land leiden. Sie spreche für die Tiere, die Wälder. "Wenn ihr nicht wisst, wie ihr einen Toten zum Leben erwecken könnt, dann hört auf, unsere Luft zu verschmutzen. Wenn ihr die Wälder nicht zurückbringen könnt, die einst wuchsen und wo jetzt Wüste ist, dann rodet sie nicht", sagt sie. Es müsse gehandelt werden, solange noch gehandelt werden könne und nicht weiterhin nur geredet werden. "Muss erst der ganze afrikanische Kontinent kaputt gehen, bevor ihr etwas tut?", fragt sie. "Hört auf, so selbstzentriert zu sein und behandelt jedes Leben gleichberechtigt." 

Ednell Messia
Ednell Messia floh mit 17 aus seiner Heimat Venezuela nach Spanien. Weiterhin gehört er zu den Koordinatoren von Fridays For Future Venezuela.
© ednellmgg (Instagram)

Ednell Messia, Venzuela/Spanien: "Sie schauen auf unser Land und sehen nur Ölfässer"

"Ich bin in einem Land geboren, das von der Natur gesegnet ist", schreibt Ednell Messia in einem Instagram-Post, "ich habe mich wahnsinnig in das Land verliebt, aber ich hasste, was aus ihm wurde." Der 18-Jährige Aktivist für Menschen- und Umweltrechte ist einer der internationalen Koordinatoren für Fridays For Future Venezuela und Lateinamerika. "Unsere Realität ist, dass sie unsere Wälder und Dschungel als goldene Gewölbe sehen. Sie schauen auf unser Land und sehen nur Ölfässer. Und sie sehen unser Leben als unbedeutend an", schreibt er. In Venezuela, einem Land das geprägt von Diktatur und einem hohen Maß an Zensur sei, habe er als Aktivist in Gefahr gelebt. Als Folge der Probleme in seinem Land flüchtete er mit 17 nach Spanien. Von dort aus kämpft er nun weiter für die Menschen und die Bewahrung der Umwelt seiner Heimat. "Ganz gleich, wo wir sind, es wird kein Tag vergehen, an dem wir nicht für das kämpfen, was uns gehört", sagt er. "Solange es uns gibt, wird kein Tag vergehen, an dem diejenigen, die vom Diebstahl leben, über den Schmerz und das Leid der Menschen gestellt werden, in Frieden leben können." 

Mitzi Jonelle
Klimaaktivistin Mitzi Jonelle nutzt ihre Stimme, um auf die Effekte des Klimawandels in den Philippinen aufmerksam zu machen.
© Mitzi Jonelle

Mitzi Jonelle, Philippinen: "Wir wollen keine Gefangenen der Ungerechtigkeit sein"

Mitzi Jonelle ist eine Klimaaktivistin von den Philippinen und setzt sich bei den Youth Advocates for Climate Action Philippines ein. Auf den Philippinen, sagt sie, stelle die Regierung unter dem berüchtigten Präsidenten Rodrigo Duterte noch immer den Profit über die Menschen und den Planeten. Die Regierung sehe nicht nur zu, wie das Land von imperialistischen Eindringlingen ausgenutzt und ausgebeutet werde, es unterstützte diese dabei. "Ich verstehe es nicht, warum gibt es keinen Klimaplan, warum keine Sofortmaßnahmen?", fragt sie in einem Video. Statt auf Experten zu hören, würden die Aktivisten zunehmend mundtod gemacht.

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Nicht nur, dass die Philippinen ohnehin schon zu den gefährlichsten Ländern für Umweltaktivist*Innen gehören,  nun habe ein Gesetz die Lage weiterhin verschärft. "Das Antiterror-Gesetz labelt jede Form von Aktivismus als Terrorismus", berichtet sie. Es sei beängstigend. Sie erzählt davon, dass Menschen überwacht und inhaftiert werden, andere verschwänden einfach, würden getötet. "Wir wollen keine Gefangenen der Ungerechtigkeit sein", sagt sie. Es sei an der Zeit für Veränderungen. "2020 muss ein Wendepunkt werden, bevor es zum Kipppunkt wird!" 

Sofia Gutiérrez
Sofia Gutiérrez setzt sich in Kolumbien für die Bewahrung der Umwelt und gegen Klimawandel ein.
© Sofia Gutiérrez

Sofia Gutiérrez, Kolumbien: "Wir verteidigen unser Land und werden dafür getötet"

"In meinem Land sprechen zu können, ist ein Privileg", erzählt die 18-jährige Sofia Gutiérrez in einer Video-Botschaft. Sie lebt in Bogotá, Kolumbien.  Polizeigewalt gehöre dort zur Tagesordnung. "Wir verteidigen unser Land und werden dafür getötet", sagt sie. Kolumbien, berichtet sie, habe nicht nur ein Umweltproblem, sondern auch große soziale Konflikte. Auf die Straße zu gehen, öffentlich den Mund aufzumachen, um für die eigenen Ziele zu kämpfen, ist nicht gern gesehen und wird im Zweifel mit dem Tod bestraft. Genau das werde von ausländischen Unternehmen ausgenutzt. Großen Ländern werde dazu gratuliert, dass sie nachhaltig werden. Dass sie aber statt im eigenen Land nun die Ressourcen von Ländern wie Kolumbien ausbeuten und dort den Klimawandel vorantreiben, das werde verheimlicht. "Sie haben erkannt, dass wir wenig Handhabe haben, Nein zu sagen", sagt sie. "Unser Kampf ist keiner für die Zukunft. Wir kämpfen jeden Tag um unser Überleben, um die Gegenwart." 

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