Nach 44 Tagen ohne Nahrung hat der amerikanische Hungerkünstler David Blaine sein selbst auferlegtes Martyrium in einer Kunststoffbox über der Themse in London beendet. Unter lautem Jubel Tausender Zuschauer verließ Blaine sein selbst gewähltes Gefängnis - weinend, aber aufrecht. Eine Waage zeigte, dass er 27 Kilogramm leichter geworden war. "Das war eine der inspirierendsten Erfahrungen meines Lebens", sagte Blaine am Sonntagabend mit schwacher Stimme. "Ich habe in dieser Box mehr gelernt als in vielen Jahren. Ich habe gelernt, wie stark wir Menschen sind."
Der 30-Jährige stolperte bei seinen ersten Schritten auf festem Boden und wurde von Helfern auf die Bühne begleitet. Danach wurde er ins Krankenhaus gebracht. Dort soll er zunächst mit Flüssignahrung wieder aufgepäppelt werden. Ein Ärzteteam untersucht derzeit den geschwächten Magier.
Erstmal nur Flüssignahrung
Aus dem Omelett, von dem der Hungerkünstler in seinem Gefängnis geträumt hat, wird vorerst nichts: Ärzte haben ihn gewarnt, dass er sterben könnte, wenn er sofort wieder richtig essen würde. Während seines Stunts verlor Blaine mehrmals das Bewusstsein, er hatte Rückenschmerzen, klaustrophobische Anfälle und Albträume. Nach eigenen Angaben litt er zuletzt unter Atmungsproblemen, starkem Herzklopfen, Kopf- und Rückenschmerzen, Halluzinationen, Sehstörungen und Hautreizungen.
Allerdings mangelt es nicht an Verschwörungstheorien, wonach er das alles nur vorgegaukelt hat. Manche glauben, dass der Boden seiner Box mit einer durchsichtigen, aber sehr nahrhaften Paste bestrichen war. Nach einer anderen Theorie hatte er sich Kapseln einpflanzen lassen, die jeden Tag Nährstoffe in seine Blutbahn abgaben. Wieder andere sagen, die Box sei nur ein Hologramm oder ein besonders raffinierter Filmprojektor gewesen.
Keine Mogelei
Dagegen spricht allerdings, dass eine Überprüfung seines Trinkwassers und seines Urins keine Hinweise auf Tricksereien erbracht hat. Der Ernährungswissenschaftler Prof. Marinos Elia sagte, die Zusammensetzung seines Urins sei genau die eines Hungernden.
Seine Fastenaktion hatte dem Magier viel Bewunderung und Aufmerksamkeit, aber auch Spott und Verachtung eingebracht. Sein Plexiglaskasten wurde mit verfaulten Eiern und Golfbällen beworfen. Kritiker versuchten Blaine mit Nebelhörnern wach zu halten, um ihn zum Aufgeben zu zwingen. Sie warfen ihm vor, mit seinem öffentlichen Fasten das Andenken an Demonstranten zu beschmutzen, die bei Hungerstreiks starben. Andere Kritiker sahen in der Aktion sinnlose Effekthascherei.
"Man muss sich das mal klarmachen", kritisierte der Kolumnist Des Kelly: "Milliarden Menschen hungern jeden Tag, und keiner kümmert sich darum. Und dann geht ein pummeliger Showman für ein paar Wochen auf Diät, und wir sollen das toll finden." Nach einem Bericht des "Independent on Sunday" sind seit Beginn des Stunts am 5. September mehr als eine Million Menschen an den Folgen von Unterernährung gestorben.
Unbestritten ist aber, dass Blaines Nummer ein großer Publikumserfolg war. Er zog Schätzungen zufolge eine Viertelmillionen Zuschauer an. Darunter waren Prominente wie Paul McCartney, Pamela Anderson, Shirley Bassey und Naomi Campbell.
Die Schönheit des Leidens
Blaine selbst ging es darum, "im Leiden Schönheit zu finden". Dabei habe er gelernt, die kleinen Dinge des Lebens zu würdigen: "So wie das Lächeln eines Freundes oder eines Fremden, das Sonnenlicht und den Sonnenuntergang", sagte er. Der Amerikaner schrieb während der Aktion ein Tagebuch, das er vielleicht veröffentlichen wird.
In der Vergangenheit hatte Blaine wiederholt mit spektakulären Aktionen auf sich aufmerksam gemacht. Zum Beispiel ließ er sich in einem durchsichtigen Sarg beerdigen oder in einen Eisblock einschließen.