Seit dem Überfall auf die Ukraine produziert die russische Armee Werbespots, um Männer dazu zu bewegen, sich freiwillig zu melden. Das neueste Video feiert alle Momente "toxischer" Männlichkeit und verhöhnt die Zeichen eines moderneren Verständnisses vom Mann.
"Woraus sind unsere Männer gemacht?", fragt das Propaganda-Anwerbevideo
Der neueste Clip hat das Leitmotiv "Woraus sind unsere Männer gemacht?" Die Eingangssequenz zeigt Infanteristen hinter ihrem Panzer. Das Gegenbild: Ein Jüngling in rosa Kleidung mit Tattoos und Ohrringen. Nächster Wechsel: eine grimmige Sturmgruppe im Schützengraben. Und ein Mann in einem Café. Er mit lachsfarbenen Jackett und voller "Illusionen und mit einem Bananen-Smoothie" – so der Text. Der Gegenschuss zeigt einen Infanteristen, der seine Büchse Dosenfleisch mit dem Kampfmesser öffnet. Im Hintergrund das imperiale Kriegsbanner mit einer Jesus-Ikone. Und so geht es auch weiter: "Sportwagen gegen Panzer" – "Unterwäschemode gegen Panzergrenadier".
In diesem Clip werden – angeblich – "verweichlichte" Männer attackiert, die sich einem Luxusleben hingeben. Das Motiv führt einen älteren Clip fort. Dort wurden Männer gezeigt, die auf dem Dorf oder in einem langweiligen Job "versauern" – wo doch das "Abenteuer Krieg" auf sie wartet. Allen Werbespots ist gemeinsam, dass sie perfekt inszeniert sind. Für den westlichen Geschmack sind sie allerdings meist verstörend – schon in der Bildsprache wird kein Hehl aus den Härten des Krieges und der Ausbildung gemacht.
Video mit Anspielungen
In dem neuen Clip verstecken sich gleich zwei Anspielungen. In der ersten Sequenz trägt ein entschlossener Schütze einen Teddybären im Rucksack. Das Plüschtier nimmt das Motiv eines echten Videos auf, indem ein russischer Soldat – mit Teddy – von einem Granatsplitter getroffen wird und sich unbeeindruckt eine Zigarette ansteckt. Dann nimmt das Video Inhalte aus einem sieben Jahre alten populären Werbefilm auf.
Damals fragte Sportartikelhersteller Nike "Aus welchem Stoff sind unsere Mädchen gemacht?" Der Clip beginnt mit einem kleinen Mädchen auf der Bühne, ihr Gesang beschwört zunächst typisch weiblichen Eigenschaften, um dann immer kämpferischer und selbstbewusster zu werden. Optisch kombiniert mit dem Auftritt von Sportlerinnen. "Wir Mädchen sind gemacht aus Eisen und Streben, aus harter Hingabe und Kämpfen – aus einem Willen, der härter ist als Stein." Das Video wurde damals von Feministinnen gefeiert. Heute plündert die Armee das Motiv, die martialischen Sportlerinnen sind die perfekte Ergänzung zum heroischen Russenbild, dass ihre Werber zeichnen wollen.
Natürlich gibt es auf den neuen Clip bereits Entgegnungen – darunter eine Version, in der die heroischen Sequenzen gegen echte Videos sterbender und verletzter Soldaten ausgetauscht wurden. Dazu lädt die Obsession der russischen Armee mit "queeren" Motiven zu Spott ein. Schon bei einem früheren Video wurde einer der "harten" Kämpfer als Unterwäschemodel enttarnt, das sich in lasziven Posen ablichten ließ.