Russische Propaganda Deutschland spalten, AfD stärken: Kreml steuert gezielt Desinformation

Die Desinformationskampagnen des Kreml sollen auch der AfD helfen
Die Desinformationskampagnen des Kreml sollen auch der AfD helfen
© Christian Ohde / Action Press
Vor kurzem hat das FBI von einer russischen Desinformationskampagne berichtet, die die "internen Spannungen" im Westen verstärken sollen. Nun wird klar: Die Spur führt in den Kreml.

Russische Desinformations-Kampagnen in Deutschland werden direkt aus dem Kreml gesteuert. Das belegen interne Unterlagen der Moskauer Firma "Social Design Agency" (SDAI), die dem NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" vorliegen. Eines der Ziele ist demnach die Stärkung der AfD in Umfragen. 

Russland agiere "pragmatisch und thematisch flexibel, um Spaltpotentiale und innergesellschaftliche Diskurse in Deutschland bestmöglich auszunutzen", zitierten NDR, WDR und "SZ" dazu den Chef des Bundesamts für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang. Seine Behörde arbeite "intensiv daran, die destruktiven Akteure zu identifizieren und an einer Destabilisierung unserer Demokratie zu hindern", so der Haldenwang.

Enge Abstimmung mit Kreml-Verwaltung

Die SDA verbreitet den Rechercheergebnissen zufolge rund um die Uhr in den sozialen Netzwerken Erzählungen, die der russischen Staatsführung nutzen sollen. Dies geschehe offenbar in enger Abstimmung mit der Präsidialverwaltung von Wladimir Putin, hieß es. Die beteiligten Medien berufen sich auf die Auswertung interner Präsentationen, Tabellen, Listen, Grafiken und Protokolle von SDA, die ihnen von einer anonymen Quelle zugespielt worden seien.

Laut der Quelle sei die Moskauer Firma gehackt worden. "Der Kreml will Deutschland schaden, und dieses Übel muss gestoppt werden", teilte die Quelle demnach schriftlich zu ihrer Motivation mit.

Den Recherchen zufolge betrachtet der Kreml Deutschland als ein bevorzugtes Ziel für die Verbreitung von Desinformationen. So sollen Falschinformationen in Deutschland "die Zukunftsangst erhöhen" und rechte Parteien stärken. Die AfD, heißt es in einem zitierten russischen Dokument, soll eine Zustimmung von 20 Prozent erreichen – und zwar bei einem Umfrageinstitut, dessen Ergebnisse in ganz Europa veröffentlicht werden und das als vertrauenswürdig gilt.

Eines der Haupterzählungen der russischen Kampagnen sei die Behauptung, die deutsche Unterstützung für die Ukraine sei schuld an der "tiefsten wirtschaftlichen und sozialen Krise der jüngeren Geschichte". Es solle der Eindruck erzeugt werden, Deutschland stehe wirtschaftlich am Abgrund.

Pro-russische Kommentare bei Facebook, X und Instagram

Verbreitet würden von SDA neben pro-russischen Kommentaren bei Facebook, X, Telegram oder Instagram vor allem sogenannte Memes (Bilder oder Texte humorvoller oder sarkastischer Natur) und Karikaturen. Bereits seit der russischen Annexion der ukrainischen Krim im Jahr 2014 solle durch gezielte Interventionen versucht werden, die Bundesrepublik aus dem westlichen Bündnis herauszulösen und Fürsprecher Moskaus hierzulande zu stärken.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Die Firma SDA gilt schon länger als ein zentrales Instrument von Propaganda und hybrider Kriegsführung Russlands. Sie soll auch ein Urheber der sogenannten Doppelgänger-Kampagne sein, bei der die Nachrichtenseiten großer Medienhäuser täuschend echt nachgebaut und mit Fake-News gefüllt worden waren. Von der EU wurde SDA im Juli 2023 mit Sanktionen belegt.

Als Parteien, die russische Narrative übernehmen und vertreten, gelten in Deutschland vor allem die AfD und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), aber auch andere politische und gesellschaftliche Akteure.

Bereits vor einigen Tagen hatte das amerikanische FBI in einem Bericht Russland vorgeworfen, per Desinformation gezielt Regierungspropaganda in Deutschland zu verbreiten. Auch die US-Behörde nennt als Kampagnenziele: AfD helfen, Ukraine-Unterstützung zu untergraben sowie USA und Nato verunglimpfen. 

AfD "mit allen Mitteln" zu Märtyrern" machen

Auch das FBI bezieht sich auf Dokumente der russischen "Social Design Agency". Darin heißt es, das Ziel sei die internen Spannungen in den "mit den Vereinigten Staaten verbündeten Ländern zu verschärfen", um die Interessen Russlands auf internationaler Bühne zu fördern. So unterstütze man die AfD "mit allen Mitteln", in dem man das "Bild von Märtyrern" schaffe, "die für die Demokratie und die nationalen Interessen Deutschlands leiden". Dies sollte zum Beispiel mit der Verbreitung gefälschter Videos oder Webseiten erreicht werden. 

In den in dem FBI-Bericht zitierten Notizen heißt es zum Beispiel, dass Webseiten eingerichtet werden sollten, die echte Fakten verwendeten, um diese mit Falschinformationen zu ergänzen. Ein Vorschlag sei es gewesen "eine Fälschung über einen amerikanischen Soldaten, der eine deutsche Frau vergewaltigt hat" zu verbreiten.

AFP · DPA
nik